Geplantes Kopftuchverbot bis 14 Jahre
"Das Kopftuch ist nicht das Problem"

- Heiß diskutiert: das Kopftuchverbot.
- Foto: kilarov zaneit on Unsplash
- hochgeladen von Michael Payer
ZIS-17-Direktorin Petra Bauer über die geplante Ausweitung des Kopftuchverbots bis zum 14. Lebensjahr.
Stellt das Tragen eines Kopftuchs in Ihrer Schule ein Problem dar?
PETRA BAUER: Nein.
Sprechen Sie mit betroffenen Mädchen über ihre Beweggründe für das Tragen eines Kopftuchs?
Auf Nachfrage: Ja.
Hatten Sie jemals den Eindruck, dass das unter Zwang passiert?
Nein.
An Ihrer Schule gibt es Schüler aus vielen verschiedenen Kulturen. Was ist Ihre Erfahrung mit dem Drängen in gewisse Rollenbilder?
Ich sehe in allen Kulturen das Wiedererstarken von alten Rollenklischees. Mädchen wird im islamischen Kulturkreis eher nicht so stark nahegelegt, dass eine gute Schulbildung – und da vor allem ein möglichst guter Schulabschluss – besonders wichtig ist. Manche von ihnen dürfen zum Beispiel keinen Mittelschul-Abschlusslehrgang machen.
Als eine Schule mit einem hohen Schüleranteil mit nicht-deutscher Muttersprache: Wo drückt der Schuh am meisten?
Sprache ist eine Herausforderung, welche die Wiener Lehrer immer schon bewältigen mussten. Aber das ist nicht unsere vorrangige Herausforderung. Wichtig wären mehr Ressourcen, die man standortspezifisch individuell einsetzen kann. Die Deutschförderklasse ist aussondernd und hat bei schlechten Fortschritten bei den Deutschkenntnissen für das Kind zur Folge, dass es bis zu zweimal die Schulstufe wiederholen muss – egal, wie gut es sonst ist. Das heißt, die Schullaufbahn wird stark gestört und unsere Klassenplanungen sind so nicht wirklich möglich.
Was ist Ihr Vorschlag für eine Verbesserung?
Die standardisierten Deutschtests, die zur Maßnahme (Anm.: Deutschförderklasse oder Deutschförderkurs) zuweisen, sind fachlich stark hinterfragenswert. Hier müssen wieder pädagogisch wertvolle, individuelle Überprüfungsmöglichkeiten zusätzlich zu standardisierten Tests ermöglicht werden. Die Letztentscheidung darüber, ob ein Kind ordentlich wird bzw. die Schulstufe wiederholt oder nicht, ist – wie bei der Schuleinschreibung – dem Schulleiter zu überlassen.
Befürworten Sie die Pläne der Regierung für eine Ausweitung des Kopftuchverbots auf 14 Jahre oder ist das eine völlig sinnlose Maßnahme?
Ich befürworte das nicht, weil es die wirklichen Probleme im Mädchenschutz verschleiert. Die Maßnahme ist nicht nur sinnlos, sondern höchst problematisch, auch in der Umsetzung. Wer kontrolliert das? Welche Strafen werden verhängt? Durch wen? Außerdem ist sie diskriminierend.
Wieso diskriminierend?
Kopfbedeckungen aus anderen Religionen sind davon nicht betroffen. Das geht gar nicht.
Wenn das Kopftuchverbot keine Notwendigkeit darstellt, wo liegt dann aus Ihrer persönlichen Sicht das meiste Verbesserungspotenzial?
Die Politik sollte den Kinderschutz in den Vordergrund stellen. Da gibt es wirklich viel zu tun. Die Kopftuchfrage können wir gemeinsam angehen, wenn alle anderen "Baustellen" wie Missbrauch, psychische Gewalt, Vernachlässigung oder Körperverletzung erfolgreich in einen konstruktiven Lösungsvorschlag eingegangen sind. Solange wir eine Meldung bei der Jugendwohlfahrt aufgrund eines begründeten Verdachts auf Gefährdung des Kindeswohls machen und es zwei Monate dauert, bis jemand nach neuerlicher Meldung unsererseits endlich nachfragt, haben wir im Kinderschutz wirklich andere Probleme.
Interview: Michael J. Payer


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