Antrag in Hernals
ÖVP will Antisemiten Kunschak mit Tafel ehren
Der Leopold-Kunschak-Platz wird neu gestaltet. Ein ÖVP-Antrag für die Errichtung einer Gedenktafel auf eben diesem sorgt für Grundsatzdiskussionen. Die antisemitische Gesinnung des früheren Politikers wurde in diesem ausgelassen.
WIEN/HERNALS. "Über Leopold Kunschak gibt es keine zwei Meinungen, er war Antisemit. Das ist erwiesen", sagt Peter Autengruber. Der Hernalser ist Mitglied der Historikerkommission, welche die historische Bedeutung von Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, untersucht hat. Im Bericht steht: "Auch nach Kriegsende 1945 konnte der inzwischen greise Leopold Kunschak nicht von diesem Thema wegkommen – trotz des Holocaust." Unter anderem lautet eine belegte Aussage von Kunschak: "In Österreich hätten weder einheimische noch fremde Juden etwas zu suchen."
Leopold Kunschak war als christlich-sozialer Politiker vor dem Zweiten Weltkrieg neben anderen Funktionen Gemeinderats- und Nationalratsabgeordneter. Nach dem Krieg bekleidete er auch die Ämter als Vizebürgermeister und Nationalratspräsident.
In der Bezirksvertretungssitzung sorgte ein ÖVP-Antrag über die Aufstellung einer Erinnerungstafel für Leopold Kunschak auf gleichnamigem Platz für Empörung. Der Antrag listet zwar die Verdienste des Politikers auf, doch eines fehlt: der Hinweis auf seine antisemitische Gesinnung.
"Ich bin fassungslos"
Im Vorfeld der Sitzung wurde über eine Zuweisung des Antrags in die Kulturkommission "verhandelt". Genau über diese und den Antrag wurde heftig diskutiert. Neos zeigten sich "fassungslos" über die "unkritische Art und Weise wie der Antrag formuliert ist". Klubobmann Philipp Pichler: "Den Antragstext von Wikipedia zu kopieren und den antisemitischen Teil auszulassen ist 2023 beschämend. Mir geht es nicht darum auf andere zu zeigen. Ich will aufzeigen warum wir keine Zustimmung geben. Die Fakten gegen Kunschak sprechen für sich und sind erdrückend."
Auch die Grünen konnten das Ansinnen der ÖVP nicht nachvollziehen. Iris Hajicsek: "Ich verlasse mich nicht auf Wikipedia, sondern lese Historikerberichte. Kunschak war Antisemit. Warum muss man einen Platz mit der Benennung nach Kunschak ehren? Die Grünen waren immer für eine Umbenennung."
Kollege Stephan Renner fügte an: "Tun wir es einfach." Die Grünen haben schon vor Jahren einen Antrag dahingehend eingebracht. Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Karin Prauhart: "Dieser Name gehört weg aus Hernals. Gerade jetzt bei der Neugestaltung des Platzes. Es gibt andere Menschen die es verdient haben dort zu stehen."
ÖVP beharrt auf "Leistungen"
ÖVP-Klubvorsitzender Klaus Heintzinger präsentierte eine divergierende historische Einordnung: "Kunschak hatte zu Beginn antisemitische Tendenzen, hat diesen aber abgeschworen. Wir haben nicht gesagt, was auf der Tafel stehen soll. Wir haben nur darauf hingewiesen, was er geleistet hat." Kunschak sei eine "kritische Persönlichkeit", deshalb wolle die ÖVP auch nach der Neugestaltung des Platzes wieder eine "Zusatztafel".
SPÖ stimmt für Zuweisung
Der Platz vor dem Hernalser Friedhof wurde am 12. Oktober 1971 nach Kunschak benannt. Teile davon hießen früher Richthausenstraße. Heute gibt es hier den Alszeilenmarktl, und der Platz wird in den nächsten Jahren umgestaltet. "Wir wollen auch nachher wieder eine Tafel dort haben", sagt Heintzinger.
Das will wiederum die SPÖ in der Kulturkommission ausdiskutieren. Zusammen mit den Stimmen der ÖVP wurde der Antrag dorthin zugewiesen – gegen Neos, Grüne, Links und FPÖ. "Nichts zu tun geht nicht, dort können wir mit Fachexperten diskutieren. In einer gefestigten Demokratie müssen wir uns mit unserer Geschichte auseinandersetzen. Fehlentwicklungen müssen wir entgegenwirken", sagt Bezirksvorsteher Peter Jagsch (SPÖ).
Parteikollegin Elisabeth Mössmer-Cattalini hielt fest: "Mit der Zuweisung wollen wir erreichen, dass dieses Schild nicht unkommentiert am Platz herumsteht. Wir werden ganz genau beleuchten, was er war. Ein Befürworter von KZs. Er wollte eine Judenkatastar. Ich hätte es gern richtig und öffentlich diskutiert."
Das Hauptargument gegen eine Umbenennung war bis jetzt stets, dass die Bewohner ihre Dokumente ändern müssten – wie 1971.
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