Fitnessbranche kracht
Hollabrunn: 'Das Wasser steht uns bis zum Hals'
Die Fitnessbranche ist wirtschaftlich massiv von den Schließungen betroffen. Wir sprachen mit Ingrid und Johann Holcmann, den Betreibern der Fitness- und Wellnessoase Salus Forma in Hollabrunn, die monatlich 18.000 Euro in den Sand setzen.
HOLLABRUNN. Mehr als die Hälfte der letzten zwölf Monate, sprich schon sieben Monate, musste das Fitnesscenter Salus Forma coronabedingt geschlossen bleiben. In dieser Zeit wurden auch keine Mitgliedsbeiträge abgebucht, sodass es keinerlei Einnahmen gab. "Das Wasser steht uns bis zum Hals. 18.000 Euro betragen unsere monatlichen Fixkosten", schnaufen Ingrid und Johann Holcmann einmal kurz durch und danken der Bank, die bis jetzt gut mitgespielt hat. "Aber lange halten wir das nicht mehr durch. Sollten wir nicht demnächst aufsperren dürfen, sieht es schlecht aus", sind die beiden Unternehmer ehrlich gegenüber den Bezirksblättern Hollabrunn.
Durchhalten und kämpfen ums Überleben
Und das wäre für die Mitglieder ebenso eine Katastrophe, denn mittlerweile ist für viele diese Fitness- und Wellnessoase zum Wohnzimmerersatz und zur Ersatzfamilie geworden. "Der letzte geöffnete Tag war der 2. November 2020. Als es immer später wurde und unsere Mitglieder sich nach und nach verabschiedeten, war das einer Trauerstimmung ähnlich", erinnert sich Ingrid Holcmann. Sie erzählte uns, dass manche freiwillig ihren monatlichen Beitrag einzahlen möchten, nur damit es weitergehen kann oder jemand möchte so gerne kommen, weil ihm die Bewegung so sehr fehle.
Kostenersatz gab es wenig
Geld gab es bisher außer dem Modell der Kurzarbeit noch wenig. "Im ersten Lockdown erhielten wir 3.500 Euro Fixkostenersatz pro Monat. Im zweiten Lockdown bekamen wir für November 15.000 und für Dezember 6.000 Euro - das wars. Auf dem Rest bleiben wir sitzen, denn weder die Miete für die Geräte, noch für das Gebäude, noch Versicherungsprämien werden uns gestundet", weiß Johann Holcmann.
Training im Wohnzimmer
Dennoch gibt das Unternehmerehepaar sowohl für die Mitglieder als auch für die sieben Angestellten nicht auf und bietet Gruppenkurse über Live-Zoom an. "Bewegung ist Leben! Für unseren Alltag und so viele Erkrankungen wäre das gerade jetzt sehr wichtig, wie etwa zur Stärkung des Immunsystems, bei Herz-Kreislauf Problemen, Bluthochdruck, Diabetes, Osteoporose und psychischen Belastungen. Wir bringen den Spaß an der Bewegung derzeit ins Wohnzimmer", freut sich Ingrid Holcmann, dass einige diese Live-Trainings bei Lisa, Ingrid, Gerald und Svetlana in Anspruch nehmen.
Neue Geräte seit 1. Lockdown
Die Wellness-Oase im oberen Stockwerk von Salus Forma bleibt allerdings leer und unbenutzt. Während des ersten Lockdowns war die Stimmung noch deutlich positiver und das Unternehmen schaffte neue und hochmoderne Trainingsgeräte an. "Wir bemerken über den Sommer ein zartes Plus an Mitgliedern, denn viele verzichteten aufs Wegfahren", erinnert sich Johann Holcmann und zeigt auf, dass das Unternehmerpaar seit der Gründung vor drei Jahren noch keinen Cent verdient haben: "Das ist aber auch nur möglich, weil wir andere Brotjobs haben und das Fitnesscenter 'ehrenamtlich' betreiben." An einem durchdachten Konzept für eine Öffnung scheitert es im Salus Forma bestimmt nicht, denn Testen, Desinfizieren, 20 Quadratmeter-Regelung mit zeitlicher Einteilung wäre alles kein Problem.
'Es ist nur Geld'
"Schluss mit negativen Gedanken", zog während unseres Gesprächs Ingrid einen Schlussstrich: "Es ist nur Geld, wir haben nichts verbrochen. Wir haben ein gemütliches Unternehmen aufgebaut, wo sich so viele Leute wohl fühlen und deshalb denken wir auch in dieser Situation positiv und beissen durch, weil es uns so Spaß macht."
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