ÖVP Josefstadt
Veronika Mickel zieht sich aus der Bezirkspolitik zurück
Politischer Paukenschlag in der Josefstadt: Veronika Mickel-Göttfert, die prägende ÖVP-Politikerin des 8. Bezirks in den vergangenen Jahren, legt ihre politischen Ämter nieder. Der Grund ist eine berufliche Neuorientierung, ihr Nachfolger steht schon fest. Im Interview erklärt sie alle Hintergründe.
WIEN/JOSEFSTADT. Es war ein Bild, mit dem im Vorfeld nicht unbedingt zu rechnen war: Josefstadts Bezirksvorsteher Martin Fabisch (Grüne) überreichte seiner Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Veronika Mickel (ÖVP) einen Strauß Blumen und wünschte ihr alles Gute für die berufliche Zukunft. In den vergangenen Jahren hatte es zwischen den beiden viel böses Blut gegeben, bei der Bezirksvertretungssitzung am Mittwoch, 29. März, stand dies aber kurz nicht im Zentrum. Der Grund war ein besonderer: an diesem Abend machte Mickel ihren Abschied aus der Bezirkspolitik offiziell.
Als ihr Nachfolger wurde Adam Christian gewählt, er ist seit kurzem Parteivorsitzender der ÖVP Josefstadt. Er erhielt 28 von 34 abgegebenen Stimmen in der Bezirksvertretung und wird künftig als Bezirksvorsteher-Stellvertreter tätig sein. Mickel, die berufsbedingt etwas später in die Sitzung kam, gratulierte ihrem sichtlich glücklichen Nachfolger zu seinem überzeugenden Wahlergebnis - sie sei froh, dass es einen guten Nachfolger für sie gebe.
Grund für ihren Rückzug ist ein neuer Job. Mickel ist seit kurzem Generaldirektor-Stellvertreterin bei der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS). Dieses Unternehmen ist seit der Reform der Sozialversicherungsträger 2020 in Österreich für Gewerbetreibende, Bäuerinnen und Bauern, neue Selbständige und freiberuflich Tätige zuständig.
Das sagt Mickel zu ihrem Abschied
Bezirkszeitung: Frau Mickel, gestern verkündeten Sie ihren Abschied im Bezirksparlament. Bleiben Sie der Bezirkspolitik trotzdem erhalten?
MICKEL: "Ich werde weiter im Parteivorstand der ÖVP Josefstadt tätig sein. Das mache ich sehr gerne, weil mir der Bezirk und die Menschen am Herzen liegen. Also ja, ich werde die Bezirkspolitik ein bisschen begleiten. Aber ich bin konsequent in dem, was ich tue - insofern ist mein Rückzug aus dem öffentlichen Amt ganz klar und ich blicke mit viel Freude und Dankbarkeit auf die Zeit zurück. Wir konnten wirklich viel machen mit den Josefstädterinnen und Josefstädtern. Aber alles hat seine Zeit und für mich ist die Zeit der Neuorientierung gekommen."
Wann ist der Entschluss gereift, dass Sie sich zurückziehen wollen?
"Das ist immer eine Frage der beruflichen Neuorientierung gewesen. Sobald absehbar war, dass sich eine neue Verantwortung ergibt, war mir klar, dass ich mich hier zu 100 Prozent darauf fokussieren möchte und einfach nicht genug Zeit bleibt für die Josefstadt. Ich glaube, der Bezirk hat unsere ganze Aufmerksamkeit verdient, es gibt hier viele Herausforderungen. Das war ein Reifeprozess, aber ist jetzt ein konsequenter Schritt."
Das heißt, es gibt keine politischen Hintergründe - sondern das ist eine persönliche Entscheidung?
"Ich bin konsequent. Ich möchte nicht fünf unterschiedliche Dinge gleichzeitig machen. Wenn ich etwas tue, dann eine Sache aus ganzem Herzen und mit voller Kraft. Das habe ich für den Bezirk gemacht und mache ich auch für meinen neuen Beruf. Da gibt es keine anderen Deutungen."
Gibt es ein Projekt, auf das Sie in ihrer politischen Laufbahn zurückblicken und auf das Sie besonders stolz sind?
"Ja, wirklich gerne denke ich an das Gedenkjahr 2018. Damals haben wir mit vielen unterschiedlichen Organisationen aus dem Kreis der Erinnerungskultur zusammengearbeitet. Wir haben dann auch die Stele für die Synagoge in der Neudeggergasse errichtet, die wir mit einem Künstler geplant haben. Das waren sehr bewegenden Momente. Natürlich gab es auch viele andere tolle Projekte, aber das war einer der bewegendsten Momente meiner politischen Laufbahn."
Ist das Ihr endgültiger Abschied aus der Politik?
"Ich will nicht sagen, was in zehn oder 15 Jahren ist. Ich bin jetzt fokussiert auf meine Tätigkeit bei der Sozialversicherung. Ich will selbstverständlich ein politischer Mensch bleiben. Das lege ich nicht ab, weil es auch wichtig ist, dass man sich in der Gesellschaft einbringt. Aber ich denke jetzt nicht darüber nach, was in ein paar Jahren sein kann. Ich mache das, was ich jetzt mache, mit voller Überzeugung und mit vollem Einsatz."
Gestern war Ihre letzte Sitzung in der Bezirksvertretung. Wie haben Sie diese erlebt?
"Natürlich war das sehr emotional. Weil ich mein Team wahnsinnig gern habe, die Bezirksräte und Bezirksrätinnen, die Funktionäre, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das lässt mich nicht ungerührt. Aber im Wesentlichen, das hab ich auch gestern betont, bin ich dankbar für die Jahre, die wir gestalten durften. Für die Diskussion, für das Miteinander. Das überwiegt und das wird auch erhalten bleiben."
Zur Person
Mickel ist im 8. Bezirk - und darüber hinaus - keine Unbekannte. Unter ihrer Führung gelang es der ÖVP Josefstadt im Jahr 2010, bei den Bezirksvertretungswahlen Platz 1 von den Grünen zurückzuerobern. Von 2010 bis 2020 war sie die ÖVP-Bezirksvorsteherin im Achten, ehe sie die Wahl 2020 überraschend und knapp gegen die Grünen verlor. Seit daher übt Martin Fabisch das Amt des Bezirksvorstehers aus. Mickel fungierte seither als eine seiner zwei Stellvertreterinnen. Bis jetzt: denn nun legt sie alle politischen Ämter zurück.
Wichtige politische Projekte ihrer Amtszeit als Bezirksvorsteherin waren neben der Errichtung der Stele zum Gedenken an die zerstörte Synagoge in der Neudeggergasse die Errichtung der Begegnungszone Lange Gasse sowie die Restaurierung der denkmalgeschützten Untermauerung und der Toilettenanlage des Schönbornparks.
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