Iraker als Regisseur
Der Mann hinter "Frau Jedermann"
Regisseur Hayder Saad musste aus dem Irak flüchten. In der Wiener Theaterszene hat er eine neue Heimat gefunden.
WIEN/LIESING. Wenn jemand über das Leben von Hayder Saad ein Theaterstück schreiben würde, hätte es wohl alle Facetten, die ein spannendes Drama ausmachen. Inklusive einem Happy End, aber noch wollen wir hier nicht zuviel verraten.
Der heute 31-Jährige war Zeit seines Lebens ein "begeisterter Theatermensch", wie er selbst sagt. Neun Jahre lang studierte er in Bagdad Schauspiel, doch die politische Entwicklung im Irak schrieb das geplante Drehbuch seines Lebens um. "Es gab keine Freiheit mehr für die Kunst und auch als Künstler musste man um seine Freiheit fürchten", erinnert er sich. So fasste er schweren Herzens den Entschluss, den Irak zu verlassen. "Ich musste fliehen, denn es wurde für mich zu gefährlich." Man merkt ihm noch heute an, dass er über diese Zeit nicht gerne spricht. Nur soviel sagt er: "Es war kein leichter Weg." Dieser führte ihn auf abenteuerlichen Pfaden über die Türkei und schlussendlich nach Österreich.
Zuhause im Theater
Seit 2015 lebt Hayder Saad nun in Wien. Anfangs war es nicht leicht. "Eine fremde Kultur, eine fremde Sprache. Das einzige Wort, das ich damals konnte, war ‚dankeschön'. Ein Glücksfall, denn dieses Wort habe ich sehr oft gebraucht." Die Theaterszene nahm ihn mit offenen Armen auf und unterstütze ihn, wo sie nur konnte. Binnen fünf Monaten stand er erstmals im Theater Nestroyhof in der Leopoldstadt auf der Bühne.
Dann wechselte er vor die Bühne und inszenierte als Regisseur Stücke in der VHS Hietzing, VHS Ottakring, dem Ateliertheater und im Spektakel. Sein Stil begeisterte. "Ich liebe das moderne Theater und arbeite viel mit Improvisation", erklärt er. "Ich probiere gerne Neues aus, denn wer Theater macht, hört nie auf, zu lernen."
Eine Einstellung, die ihn jetzt nach Liesing führte. "Ein Freund hat mir von dem interessanten Projekt der Frau Jedermann erzählt." Das Stück, das aktuell vor der Bergkirche Rodaun aufgeführt wird, interpretiert den Klassiker von Hugo von Hofmannsthal zeitgemäß. Die Hauptfigur wird von drei Frauen gespielt, die jeweils eine andere Seite des Charakters des Jedermanns verkörpern.
Eine Idee, die man auch auf die Regie übertrug, wie Marcus Marschalek, der künstlerische Leiter der Produktion, verrät. "Neben mir selbst und Hayder Saad führt auch Katharina Hauer, eine der Hauptdarstellerinnen, Regie." Die einzelnen Szenen wurden unter den dreien aufgeteilt, und so hat jeder Auftritt eine ganz individuelle Note. Wer sich selbst davon überzeugen will: Unter www.fraujedermann.at gibt es noch einige wenige Restkarten.
Nach dem Ende dieses Stücks wagt sich der gebürtige Iraker an ein neues Projekt, das ihm besonders am Herzen liegt: "Es soll den Titel ‚Irakische Anlässe’ tragen. Es hat mit meiner Herkunft und Kultur zu tun." Mehr davon sieht man nächsten Herbst — unter der Regie von Hayder Saad.
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