Alberts Bücherlager
Hohe Kultur im tiefen Keller Meidlings
Vom Bücherlager bis zum Kulturzentrum: Albert Dlabaja ist der "Hüttenwirt" von Alberts Bücherlager, wo Konzerte, Lesungen und mehr stattfinden.
MEIDLING. Von außen ist der Kulturverein in der Aichholzgasse 19 unscheinbar. Mit sieben Stufen geht es hinunter in ein Kellergassenlokal. Der erste Blick fällt auf ein Bücherregal, auf dem eine Reihe von Karl-May-Werken steht, gebunden direkt aus den 1970er-Jahren.
Wenn man dann weitergeht, bemerkt man eine kleine Schank, Tische und eine Bühne. Und fast alle Wände sind voll mit Bücherborden, die in zwei Reihen voll gestellt sind. Zu viele, um sie wirklich zu zählen. "Das sind aber nur die Reste meines Bestands", so Albert Dlabaja.
Leer stehendes Atelier
Ursprünglich nutzte der pensionierte Buchhändler die Räume nur als Lager für seine vielen Bücher. "Das war nötig, denn als ich in meiner damaligen Wohnung in der Burggasse auch in der Küche Regale für meine Werke aufstellen wollte, hat meine Frau ihr Veto eingelegt", erinnert er sich.
Er hatte Glück und fand das leer stehende Lokal in Meidling, das schon einiges hinter sich hatte: Erst arbeitete hier ein Schuster, bis dann ein Schildermaler seine Werkstätte einrichtete. Nach dem Konkurs, dessen Abwicklung mehrere Jahre dauerte, stand das Lokal leer – und war nahezu unbenutzbar.
Gemeinsames Singen
Das war die Chance, die Dlabaja sofort nutzte. Mit der Zeit entwickelte sich das Lager zu einem Verein. Den Start machte seine damalige Frau Erika. Die Malerin und Musikerin lud hier zum gemeinsamen Kunst-Schaffen.
Mit der Zeit wuchs die "Kultur-Schiene" und die Bücher wurden immer weniger. Alberts Bücherlager wurde mehr zu einem Kulturtreff, in dem sich Musiker und andere Künstler treffen, reden, musizieren und diskutieren.
Regelmäßig findet der Kultur-Jam statt, den der Meidlinger Künstler Chris Peterka ins Leben rief. Dabei schauen auch immer wieder alte Freunde von Dlabaja vorbei, wie der weltweit bekannte Blues-Gitarrist Al Cook, der fast nebenan wohnende Wickerl Adam oder Peter Kern.
In der Wohnzimmer-Atmosphäre gibt es auch Polit-Singen: Peterka spielt "rote Lieder". Mitsingen ist nicht nur erlaubt, sondern erwünscht. Dafür gibt es rund 90 Texte, die dann aufliegen.
Politisch aktiv
Neben seinem Kulturverein ist Dlabaja auch Obmann des KZ-Verbands Niederösterreich sowie beim Dokumentations-Archiv des Österreichischen Widerstands tätig. So hat er sich vorgenommen, mit 70 Jahren sein Bücherlager zu schließen. "Als es vor zwei Jahren so weit war, haben mich meine Freunde überredet, weiterzumachen", erzählt der 72-Jährige. Sein neues Ziel ist in drei Jahren, "das wird sich auch nicht ausgehen", schmunzelt er.
Und die Bücher? Über 10.000 Werke hat er verschenkt. Hin und wieder werden auch Kisten mit Bänden vor dem Lokal abgestellt, "weil die Menschen glauben, hier werden Bücher aufgenommen", mutmaßt der Meidlinger. Seine restlichen 4.000 Werke behält er. "Das tue ich dann meinen Erben an", meint er lachend.
Aktuelle Termine des Bücherlagers gibt es auf Facebook unter "Alberts Bücherlager". Ein Besuch lohnt sich hier allemal.
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