„Der Teufel und Gott“ - Lesung im Bergerhaus
Mare Kandre: Der Teufel und Gott
GUMPOLDSKIRCHEN: Am Mittwoch, dem 4. März 2015 fand im Rahmen der Gumpoldskirchner Kulturtage 2015, im Bergerhaus die Lesung „Der Teufel und Gott“ der schwedischen Autorin Mare Kandre statt. Die Vortragende war niemand Geringerer als Charlotte Karlsson, die auch die Übersetzerin aus dem Schwedischen fungierte.
Als Charlotte Karlsson-Hager 2012 im Zuge ihres Doktoratsstudiums in Skandinavistik ihre Dissertation mit dem Titel „Stoffe des Alten Testaments in der schwedischen Prosaliteratur des 20. Jahrhunderts“ schrieb, stieß sie auf das Buch von Mare Kandre „Der Teufel und Gott“.
Im Mittelpunkt der Geschichte des Romans steht der Teufel, ein kleines, abschreckendes und von allen verstoßenes Kind, das von den Menschen gejagt wird und vor dem man sich bekreuzigt, wenn er aufgrund seiner Sehnsucht nach Gemeinschaft mit ihnen Kontakt aufzunehmen versucht.
Ihm gegenüber steht Gott, ein kleiner dicker, verzogener Bengel, der es vorzieht, sich seiner mangelhaften Schöpfung durch einen langen Schlaf zu entziehen.
Mit dem Erwachsenwerden erkennt der Teufel die wahre Natur des Menschen, er begründet die Hölle und wendet sich dem Handwerk des Feuerschürens zu. Doch die Menschen sind weiterhin mit Ausbeutung und Zerstörung der Welt beschäftigt, sodass die Erde einer Umweltkatastrophe entgegen steuert – der Apokalypse.
Es ist dies das erste Werk der Autorin, das in deutscher Sprache erschienen ist und seit 1. September 2014, veröffentlicht durch den zunehmend erfolgreichen österreichischen Septime Verlag, im Buchhandel erhältlich ist.
Mit einer Lesung der Übersetzerin Charlotte Karlsson-Hager, die in Gumpoldskirchen ansässig ist, wurde am Freitag, dem 29. August 2014 das Werk der schwedischen Autorin Mare Kandre erstmalig im deutschsprachigen Raum im Bergerhaus in Gumpoldskirchen vorgestellt.
Vizebürgermeisterin Kristina Binder eröffnete in ihrer Funktion als Kulturreferentin die Lesung, an der zahlreiche Zuhörer teilnahmen.
Mare Kandre
Der Teufel und Gott
Roman.
Aus dem Schwedischen von Charlotte Karlsson-Hager
Der Teufel, ein kleines, abschreckendes und von allen verstoßenes Kind, wird von den Menschen gejagt und man bekreuzigt sich, wenn er aufgrund seiner Sehnsucht nach Gemeinschaft mit ihnen Kontakt aufzunehmen versucht.
Ihm gegenüber steht Gott, ein kleiner dicker, verzogener Bengel, der es vorzieht, sich seiner mangelhaften Schöpfung durch einen langen Schlaf zu entziehen.
Mit dem Erwachsenwerden erkennt der Teufel die wahre Natur der Menschen, sie sind bösartig, und wendet sich dem Handwerk des Feuerschürens zu.
Währenddessen regiert der Mensch und ist mit Ausbeutung und Zerstörung beschäftigt. Die Welt steuert einer alles umfassenden Umweltkatastrophe entgegen.
»… doch im Laufe der Zeit zeigte sich in den Sündern eine neue Art von Durchtriebenheit und es wurde immer schlimmer, es hatte den Anschein, als würden sie ihre Taten aus reiner Bosheit und nicht aus Verzweiflung begehen. Und der Teufel musste nun bei Tag und Nacht arbeiten, ohne Unterlass.
Kaum hatte er einen Neuankömmling ins Feuer geschickt, kam schon der nächste Sünder durch den Gang angekrochen…«
Bis eines Tages Ini, seine bucklige Freundin aus Kindertagen auftaucht, um als Sünderin den Flammen übergeben zu werden. Der Teufel beginnt die Sinnhaftigkeit seines Handelns und die grundsätzliche Schuldfrage erneut zu überdenken.
Gott scheint in der Zwischenzeit längst vergessen zu haben, warum er die Welt erschaffen hatte, als er zu spät erkennt, dass die Menschheit die Natur und somit sich selbst restlos vernichtet hat und sich eine Apokalypse anbahnt.
Mare Kandre (1962 - 2005) war zweiundzwanzig Jahre alt, als sie 1984 mit ihrem Debüt, der Kindheitsschilderung „I ett annat land“ (In einem anderen Land), Aufsehen erregte. Mit ihrer dichten, bildergesättigten Sprache wurde sie zu einer der eigenwilligsten Autorinnen ihrer Generation.
Nach Werken wie Bebådelsen (Die Verkündigung), Bübins unge (Bübins Kind) und Aliide, Aliide, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Erwachsenwerden auseinandersetzen, verfasste Mare Kandre eine Reihe von Romanen sowie Prosalyrik, deren Wurzeln in Mythos und Sage zu finden sind. In diesen kraftvollen Texten mit ihrer sinnlichen, flüssigen Sprache wird das Schwarze zunehmend von drastischem Humor und Satire durchzogen. Mit Djävulen och Gud (Der Teufel und Gott) entwirft Mare Kandre eine alternative Schöpfungsgeschichte und gleichzeitig eine zivilisationskritische Zukunftsvision. Mit Quinnan och Dr. Dreuf (Die Vrau und Dr. Dreuf), einer rasanten Reise durch die schmerzhafte und unsichtbar gemachte Geschichte der Frau, erreicht ihr satirisches Schaffen einen fulminanten Höhepunkt. Der von der Kritik hochgelobte Prosalyrikband Deliria ist Dokument eines sowohl verzweifelten als auch freudvollen Glaubens an die visionäre Kraft des Poetischen und die Notwendigkeit der elementaren Lebenskräfte und zugleich Ausdruck der Zivilisationskritik.
In ihren Werken experimentiert Kandre spielerisch mit den Genres und fordert sich künstlerisch immer wieder aufs Neue heraus. Bestiarium spielt im England des 17. Jahrhunderts und kommt als düsterer, mystischer Schreckroman in Gestalt der "gothic novel" daher. Im Erzählband Hetta och Vitt (Hitze und Weiß) hingegen hinterlassen Ereignisse der Zeitgeschichte ihre Spuren. Kandre wagt es, das selten Ausgesprochene zu erkunden und lässt dabei aktuelle Konflikte mit Sage und Mythos zusammenfließen. In Kandres letztem Roman Xavier, der als Parabel über die Angst vor der Entscheidung verstanden worden ist, befindet sich der Protagonist in einem alptraumhaften, labyrinthischen Haus auf der Suche nach der Frau, von der er glaubt, dass sie ihn bestärken und erlösen kann.
"Es scheint, als habe Schreiben für Kandre bedeutet, unfreiwillig die Grenzen des Erlaubten zu überschreiten. Es war notwendig, zu sprechen. Für das so Gesagte angeklagt zu werden, war unausweichlich."
Quelle: Tomas Götselius in Dagens Nyheter
Foto © Franz Karl Nebuda:
IMG_2998: Esther Forberger/Septime Verlag, Charlotte Karlsson-Hager, Horst Biegler und Vizebürgermeisterin Kristina Binder.
Beigefügte/s Foto/s aus dem Internet
Mare Kandre, starb 43-jährig bei einem Unfall. Foto: Peter Lyden ©
© Hansson → Buchumschlag, Mare Kandre s/w
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