Flächenwidmung für Bauprojekt beschlossen
6.000 Bürgerstimmen von Rot/Grün einfach weggewischt
Der Wiener Gemeinderat hat die Flächenumwidmung für den Bau von 200 Wohnungen in der Ottakringer Gallitzinstraße mit den Stimmen von SPÖ und Grüne beschlossen. Die Bürgerinitiative "Pro Wilhelminenberg 2030" hat angekündigt die Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.
OTTAKRING. Die Diskussion um den geplanten Bau läuft seit vielen Jahren. Jetzt wurde von der Stadt mit der Flächenumwidmung der nächste Schritt gesetzt. Während SPÖ und Grüne von einem „ökologischen Vorzeigeprojekt“ sprechen sind die Oppositionsparteien entsetzt.
Das Thema wurde im Gemeinrat heftig diskutiert. Das Bauprojekt in der Gallitzinstraße polarisiert. Als Beweis dient nicht zuletzt der sachpolitische Zusammenschluss von FPÖ, ÖVP und NEOS. Die Bürgerinitiative, welche 6.000 Menschen vertritt, dürfte einiges richtig gemacht haben, wenn sich die drei Parteien in dieser Sache einig sind.
Opposition spart nicht mit Kritik
Die FPÖ kritisierte – so wie die anderen Oppositionsparteien – vorwiegend den Mangel an Beteiligungsmöglichkeiten für die Anrainer im Rahmen des Vorhabens. Es habe zahlreiche Einwände, Bedenken und Änderungswünsche gegeben, die von der Stadtregierung ignoriert oder unzulänglich beantwortet worden seien. Die FPÖ pochte zudem auf die Prüfung des Projekts durch die UNESCO.
Die ÖVP vermisste bei der rot-grünen Stadtplanung „Vision und Weitblick“, Nachverdichtungen müssten im Sinne von Umweltschutz und Lebensqualität behutsamer vonstattengehen. Es könne außerdem nicht angehen, dass „mehr als 6.000 Unterschriften“ von Bürgerinitiativen „ignoriert“ würden. Die ÖVP regte an, das Projekt so lange ruhen zu lassen, bis eine Stellungnahme der UNESCO vorliege.
Auch die NEOS nannten Mängel beim Beteiligungsverfahren sowie eine „Überdimensionierung“ als Gründe für ihre Ablehnung des Flächenwidmungsplanes. Außerdem stellten sie den Verdacht auf, dass bei der Erstellung des Flächenwidmungsplanes private Interessen des Investors vor öffentliche Interessen gestellt worden seien. Die Abwicklung des Projekts sei zudem nicht transparent genug gewesen, kritisierten die NEOS und forderten unter anderem die Offenlegung des Umweltgutachtens zum Projekt.
SPÖ und Grüne verteidigen Projekt
Für SPÖ und Grüne alles keine Argument um das Projekt nich weiter durchzuziehen. Für die SPÖ ist der Bau von neuen Wohnungen in der Gallitzinstraße ein Zukunftsprojekt in adäquater Dimension, das nicht nur leistbaren Wohnraum und gute Infrastruktur schaffe, sondern auch ökologischen Prinzipien gerecht werde. Die Stadtregierung habe die Anrainer entgegen den Vorwürfen der Opposition frühzeitig und ausführlich in die Planung des Projekts eingebunden und deren Anliegen auch in den Flächenwidmungsplan einfließen lassen.
Die Grünen erklärten, dass die Stadtregierung mit der Flächenwidmung dem steigenden Wohnungsdruck begegne und gleichzeitig einen ökologischen Mehrwert für das Gebiet erzielen könne. Auch die Grünen wiesen den Vorwurf der Opposition zurück, die Bürger seien nicht eng genug in das Projekt einbezogen worden. Die Opposition würde mit ihrer Rhetorik zudem zu Missverständnissen und Unmut unter den Anrainerinnen und Anrainern beitragen.
Mit den Stimmen von SPÖ und GRÜNE wurde die Flächenumwidmung schlussendlich beschlossen und damit 6.000 Unterschriften und 1.200 Stellungnahmen einfach vom Tisch gewischt.
„Keine Beteiligung“
Für Christian-André Weinberger, Sprecher der Bürgerinitiative „Pro Wilhelminenberg 2030“, ist es schlichtweg enttäuschend: „Ich sehe es als absolute vertane Chance, dass man hier die Bürger nicht wirklich beteiligt hat. Es war klar was die Bürger wollen. Wir sind nicht dagegen gewesen, sondern für eine signifikante Redimensionierung. Dass selbst der Bezirksvorsteher sich hinter der Stadtverfassung versteckt, keine Bürgerversammlung macht und so gegen die Bürger vorgeht, lässt schon tief blicken. Offenbar hat niemand ein Problem damit.“
Die Bezeichnung „ökologisches Vorzeigeprojekt“ ist für Weinberger ein klarer „Etikettenschwindel“: „Eine Fassadenbegrünung muss heute Mindeststandard sein. Wo bleibt zum Beispiel die Solartechnik? Auf unser, von der Bevölkerung befürwortetes, Alternativkonzept wurde bis heute nicht eingegangen. Jetzt wurde für die Bauträger und gegen den Willen der Bürger gestimmt.“
Bürgerinitiative gibt nicht auf
Aufgeben wird die Bürgerinitiative nicht. „Wir werden weitere rechtliche Schritte setzen“, kündigt Christian-André Weinberger an. Konkret wird es der Gang zum Verfassungsgerichtshof sein. Weinberger: „Wir vertreten mittlerweile 80 Prozent der Anrainer die rund um das geplante Projekt wohnen. Wie glauben an die Sache und werden nicht aufgeben“, verspricht Weinberger.
Stellungnahme der UNESCO
In der Gallitzinstraße sollen auf dem Areal einer ehemaligen Friedhofsgärtnerei 200 Wohnungen enstehen. Von den geplanten zehn Baukörpern sind zwei Baukörper Bauklasse 1 (bis 9 Meter) , drei Baukörper Bauklasse 2 (12 Meter) und fünf Baukörper Bauklasse 3 (16 Meter).
Das Grundstück liegt im Entwicklungsgebiet des UNESCO Biosphärenparks Wienerwald. Von der Ottakringer ÖVP wurde die parlamentarische Bürgerinitiative "Schutz der Lebensqualität am Wilhelminenberg! Nein zur Massivverbauung im UNESCO-Biosphärenpark Wienerwald!" eingebracht. Dabei haben alle Parlamentsfraktionen einstimmig beschlossen, die UNESCO-Kommission Österreich und das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus um Stellungnahmen zu ersuchen.
Diese wurde nicht abgewartet. Am 28. Mai 2019 wurde die nötige Flächenumwidmung mit den Stimmen von SPÖ und Grüne im Gemeinrat beschlossen.
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