Leserbrief zum Thema Gedanken zum Gedenken

Von Franz Seyer, Gusen
Vor 70 Jahren am 5. Mai 1945 wurde das Konzentrationslager Mauthausen mit seinen Nebenlagern Gusen und St. Georgen an der Gusen von amerikanischen Soldaten befreit. Besonders das unterirdische Flugzeugwerk in St. Georgen rückte in neuester Zeit durch die Aktivität eines geschäftstüchtigen, fantasiebegabten Filmemacher in das Blickfeld eines über das Land hinausreichendes Medieninteresses.
Behauptete doch dieser Mann, dass hier nicht nur Flieger gefertigt, sondern in noch unentdeckten Stollen auch an der Entwicklung von Atomwaffen gearbeitet wurde. Noch vor 20 bis 30 Jahren hätte er für solche Behauptungen nur ein mildes Lächeln geerntet. Damals lebten noch Menschen, die als Fachleute am Bau und am Betrieb dieser unterirdischen Produktionsstätten mitgearbeitet hatten und die keinerlei Interesse daran hatten etwas zu verheimlichen.
Wäre es nach dem Konzept des Filmemachers gelaufen - dunkles graunasses Geschehen, dunkle geheimnisvolle höhlenartige Stollenanlagen, atomare Strahlung: die besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Filmprojekt. Einige St. Georgener Einwohner fühlten sich bereits verstrahlt und selbsternannte NS-Zeit-Experten sahen alles im Licht der neuen Erkenntnisse.
Gott sei Dank gibt es in unserem Land noch Fachleute, die mit ihren fundierten Feststellungen diese Theorie und damit auch die erfolgsversprechende Geschichte des Filmprojekts zerstörten. So positiv und wertvoll es ist, wenn sich speziell junge Menschen dem Gedenken an die schlimmen Geschehnisse dieser Zeit widmen, so bedenklich erscheint es mir, wenn das wichtige und wertvolle Gedenken in totale Einseitigkeit ausartet.
Was wir brauchen ist eine aufgeschlossene Gedenkkultur und keine Gedenkdiktatur. Wenn eine Referentin bei einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung 140 Wohneinheiten in Gusen auf belastetem Boden anprangert, wo angeblich den Gedenkstättenbesuchern Zorn entgegenschlägt, ist das einer gemeinsamen Gedenkgesinnung sicher nicht förderlich.
Nach der Befreiung wurden die Häftlingsbaracken im KZ Gusen 1 und 2 von den Amerikanern niedergebrannt und der Grund an die enteigneten Besitzer zurückgegeben. Die ehemals fruchtbaren Gründe waren durch Betonfundamente und befestigte Lagerstraßen landwirtschaftlich nicht mehr nutzbar. So wurden die Gründe ab Anfang der 50er Jahre an Eigenheimbauer günstig verkauft. Was diese Leute geleistet haben, ist heute kaum mehr vorstellbar. Meist waren es Heimkehrer aus dem Krieg und der Gefangenschaft, die eine Familie gründeten und sich auf dem verwüsteten Gelände ein Heim schufen. In wochenlanger Schwerstarbeit wurden händisch mit primitiven Werkzeugen die Keller gegraben. Es gab damals auf diesem Gelände weder Strom noch Wasser. Ohne Mischmaschine wurde der Beton am Boden mit der Schaufel gemischt. Die Ziegel wurden zum Teil selbst gefertigt.
Dabei waren diese Leute von einem Pioniergeist und einer Aufbruchstimmung beseelt, der in unserer Zeit weitgehend verloren gegangen ist. Das KZ Lagergeschehen war für sie ein Teil des schlimmen Kriegsgeschehens, auch sie waren ständig mit Tod und Gefangenschaft konfrontiert. Nicht nur in Russland bedeutete die Gefangenschaft vielfach den Tod. Von den hunderttausend in Stalingrad gefangenen Deutschen überlebten nur sechstausend.
Ein Wehrmachtssoldat aus St. Georgen wurde 1944 bei der Ardennenoffensive mit seiner Einheit von den Amerikanern eingekesselt und gefangen genommen. Sechs Tage bekamen sie nichts zu essen und keinen Tropfen zu trinken. Von den Älteren, zu denen er gehörte, haben es die meisten überstanden, doch die jungen, feschen Burschen – hier fing er beim Erzählen immer zu weinen an, sind nacheinander gestorben.
Es ist wichtig, dass in KZ Lagern den Geschundenen und Getöteten gedacht wird. Mit Vorwürfen und Verurteilungen soll man jedoch vorsichtig sein. Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war für viele junge Menschen von bitterer Armut geprägt. Die oft kinderreichen Familien waren in vielen Fällen außerstande ihren Nachwuchs zu ernähren. So wurden Kinder auf Pflegeplätze abgeschoben. „Mehr Schläge als zum Essen“ – ist ein Spruch aus dieser Zeit. Es ist mehr als verständlich, dass diese Jungen bei der SS ihre Chance sahen und den durch die Nazi-Propaganda zu Feinden deklarierten Gruppen ihre Macht zeigten und sich an ihnen rächten.
Es ist zu hoffen, dass der heutigen Jugend diese Prüfungen erspart bleiben!

Anzeige
Foto: Oliver Hoffmann - stock.adobe.com
3

Das Arbeitsmarktservice (AMS) vermittelt
Damit Arbeitskraft und Unternehmen zusammenpassen

Jene zusammenzubringen, die bestens zusammenpassen, nennt man ein gelungenes „Matching“. Ob dies nun Lebenspartner/Partnerinnen sind oder – davon ist hier die Rede – Arbeitskraft und Unternehmen. Die Vermittlerrolle nimmt dabei das Arbeitsmarktservice (AMS) ein. Wie gelingt dieses Matching möglichst optimal?Es gelingt dann, wenn die Beteiligten möglichst präzise wissen und sagen können, was und wen sie brauchen. Für mich als Jobsuchenden heißt das, mir die Stellenausschreibung genau anzusehen,...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Perg auf MeinBezirk.at/Perg

Neuigkeiten aus Perg als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Perg auf Facebook: MeinBezirk.at/Perg - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Perg und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.