Coronakrise
So geht es den Simmeringer Sportvereinen
Die schrittweise Öffnung der Simmeringer Sportstätten ist im Gange. Doch die Vereine kämpfen aufgrund der aktuellen Situation.
SIMMERING. Die Erkrankten werden weniger, die Krise spitzt sich zu: Nicht nur die Unternehmen, auch die Vereine stehen am Rande des Ruins. Und das trotz der schrittweisen Öffnung der Sportstätten. Größte Kritikpunkte: schlechte Kommunikation und fehlende Transparenz.
Seit 1. Mai sind folgende Outdoor-Sportstätten geöffnet: Tennis- und Golfplätze, Leichtathletik-, Reit-, Flug- und Stocksportanlagen, Schießstätten, Bogenschieß- und Bahnengolfanlagen. Diese Sportarten sind mit einem Mindestabstand von zwei Metern möglich.
Auch jene Sportplätze, auf denen der Sport ohne Körperkontakt mit anderen Personen ausgeübt werden kann, sind geöffnet - zum Beispiel Käfige für Fußball und Basketball. Hier gelten folgende Regeln: Abstand halten, kein Spiel 1 gegen 1, lediglich Passen oder Schießen. Voraussichtlich ab 15. Mai dürfen alle Outdoor-Sportstätten, ab 29. Mai alle Indoor-Sportstätten bei verpflichtendem Mindestabstand von zwei Metern zu anderen Personen wieder offen. Ob das wirklich so sein wird, ist allerdings noch unklar, wie man im Sportamt Wien (MA51) bestätigt. "Wir wissen derzeit leider noch nichts. Bei den Daten handelt es sich lediglich um Ankündigungen. Fix ist noch gar nichts", so Sprecher Harald Lang.
"Diskussion auf wenige Sportarten reduziert"
Doch wie gehen die Simmeringer Vereine mit der Situation um? "Wir haben zum Glück keinen Corona-Fall im Verein. Da Wien sehr früh die Hallen geschlossen hat, mussten wir schon ab dem 13. März sämtliche Trainings einstellen. Insofern geht es allen Spielern und Trainern gesundheitlich gut, soviel ich weiß", sagt Manuel Rösler vom WAT Simmering. Sportlich ist die Corona-Pandemie für den Verein eine Katastrophe. Seit zwei Monaten herrscht Stillstand. Währenddessen halten sich die Kaderspieler mit Fitness- und Koordinationsübungen zuhause fit. Die Jüngsten tauschen sich mit Badminton-Videos in einer Whatsapp-Gruppe aus, um die Motivation aufrecht zu halten. "Viel kann man allerdings nicht tun, da wir immer noch keine Infos haben, wann es genau weitergeht", so Rösler. Was ihn besonders stört: "die öffentliche Diskussion ist auf nur wenige Sportarten reduziert. Alle olympischen Sportarten sollten entsprechend gefördert werden."
Einen Teil der Mitgliedsbeiträge muss der Verein an die Spieler zurückerstatten - ein heftiger finanzieller Rückschlag. "Sollte es bald wieder losgehen, werden wir diese schwierige Zeit überstehen, wird es aber länger dauern, wird es sehr kritisch", meint Rösler. Eigentlich beginnt im Badminton die Saison Ende September. Ob dieser verschoben werden muss, ist noch nicht klar. "Ich befürchte leider, dass wir in diesem Jahr überhaupt keine Turniere im Badminton sehen werden. Das ist natürlich ein Desaster. Derzeit hoffen wir alle, dass wir - unter Berücksichtigung der Sicherheitsmaßnahmen - bald wieder trainieren können", sagt Rösler.
Schwimmkurse fallen aus
Auch beim Simmeringer Schwimmverein vermisst man das gemeinsame Training. "Es ist noch ok, aber ohne Perspektive wird es immer schwerer sowohl für die Schwimmer als auch das Trainerteam", sagt Ernst Holzmann vom SV. Trainingsaufgaben zu Hause gab es für die Leistungsgruppen. Für die Jüngsten ist es wichtig, kindgerechte Bewegung zu machen. "Einige Schwimmer gehen bereits seit drei Wochen in offene Gewässer schwimmen. Natürlich mit Neoprenanzug, einfach um das Wassergefühl nicht ganz zu verlieren", so Holzmann. Die Schwimmkurse fallen vorerst bis Juni komplett aus, was die finanzielle Lage für den Verein nicht leichter macht. Man hofft auf Nachwuchsförderungen im Herbst. Wie es weiter geht, steht in den Sternen.
"Der Simmeringer Sportclub ist bereit"
Beim 1. Simmeringer Sportclub (1.SSC) blickt man freudig auf einen Trainingsbeginn. "Wir sind alle gesund und wir freuen uns auf den Moment wieder Fußballspielen zu dürfen", sagt Obmann Miroslav Sraihans. "Wir können zwar die nötigsten Infrastrukturkosten begleichen, aber darüber hinaus steht alles still. Keine Spiele, keine Turniere, keine Veranstaltungen und keine Feste - daraus folgt - keine Einnahmen. Das macht große Sorgen."
Die Spieler trainieren indes so gut als möglich zuhause und stehen regelmäßig in Kontakt mit den Trainern. Der Vorstand und das Präsidium tagen wöchentlich bei einem Videomeeting. "Zusätzlich helfen viele unserer Mitarbeiter und Freunde mit unseren Sportplatz in gutem Zustand zu erhalten", bedankt sich der Obmann. "Wir müssen uns auch bei unseren Sponsoren bedanken, denn durch ihre Treue konnte nicht nur eine hervorragende Arbeit geleistet werden, sondern wir können auch in der Krise noch bis Ende Juni stabil arbeiten." Über fehlende Förderungen der Regierung ist man beim 1. SSC enttäuscht.
Gestartet wird, sobald die Regierung das ok gibt, am 18.Mai mit dem Training für alle Mannschaften – natürlich in verminderten Ausmaß. "Ab dann startet auch unser Lernclub wieder – mit geprüften Lehrern beziehungsweise Studenten, zweimal wöchentlich am Simmeringer Sportplatz und gratis." Infos und Anmeldung unter www.simmering.sc.at. In der Krise haben der Vorstand und Mitarbeiter des 1.SSC die für das Simmeringer Derby schon eingekauften alkoholfreien Getränke dem Verein abgekauft und der Tafel Wien zur Verfügung gestellt. Eines ist für Shraihans klar: "Wann immer neu gestartet wird - der 1.Simmeringer Sportclub wird bereit sein."
"Zukunft für Vereine ist düster"
Den Umständen entsprechend gut geht es dem Fußballverein Yellow Star, wie Obmann Robert Kovanda berichtet. Seit dem Shutdown liegt alles „brach“. Kein Training – nur minimaler Kontakt mit den Spielern. Die Maßnahmen der Regierung sind für Kovanda nachvollziehbar, jedoch: "Man hat das Gefühl, dass man sich nur Sorgen um die Bundesliga macht. An Unterstützung gab es bis jetzt überhaupt nichts. Die Zukunft für viele Vereine ist düster." Bei Yellow Star möchte man, sofern der Sanktus von oben vorhanden ist und genaue Richtlinien vorhanden sind ab dem 19. Mai mit dem Training starten. "Im Herbst wir die Situation kritisch. Und das obwohl unsere Spieler kein Geld bekommen", sagt Kovanda. "Ich bin seit 45 Jahren Obmann, mit allen Höhen und Tiefen. Wir hatte nie Schulden"
Ein schwieriger Start
Auch der Kampfsport ist von der Krise getroffen. Im unklaren darüber, wie es weitergeht, ist man beim ASKÖ Kumgang, einem Kampfsportverein. Niemand weiß, wann wieder geöffnet wird und auch, wann wieder Wettkämpfe stattfinden können. Wir hoffen im Moment ganz einfach nur, dass es so bald wie möglich irgendwie weitergeht", sagt Cheftrainer und Obmann Roman Sendor. Der Informationsfluss während des Shutdowns war kein Problem für die Mitglieder, die in ständigem Kontakt zueinander und zu den Trainern stehen.
Die Maßnahmen der Regierung kann Sendor nicht immer ganz nachvollziehen. "Ist der persönliche Kontakt mit anderen Menschen in Supermärkten und Geschäften wirklich qualitativ so viel anders als in Sportvereinen und Fitness-Centern?" Als gemeinnütziger Verein fuhr ASKÖ Kumgang keine großen Verluste ein. Die Trainer arbeiten ehrenamtlich. Schwierig wird der Start dennoch sein. "Wir wissen überhaupt nicht, wie wir unsere Trainingseinheiten logistisch abwickeln werden. Unsere durchschnittlichen Gruppeneinheiten umfassen bis zu 30 Personen. Die Größe der Trainingshalle würde laut Vorgaben der Regierung aber wahrscheinlich maximal fünf bis zehn Personen zulassen. Wer darf dann wann, wie oft und wie lange trainieren, wenn alle Mitglieder natürlich das gleiche Anrecht auf Sport haben? Momentan sind wir da ein wenig planlos", gibt Sendor zu.
Kinder wollen zurück in die Turnsäle
In der Sportunion Simmering fehlt das regelmäßige Training sehr. "Es kommen täglich Anfragen, wann vor allem die Kinder wieder in die Turnsäle dürfen", sagt Jasmin Rysanek. "Finanziell gesehen bekommen wir Anfragen von den Eltern betreffend den Mitgliedsbeiträgen. Die Sportunion Wien beziehungsweise Sportunion Österreich arbeiten hart daran eine gute Lösung für alle Vereine zu finden." Damit die Zeit sportlich überbrückt wird, gibt es Challenges für zuhause. Angewiesen ist die Sportunion auf die finanzielle Unterstützung, die gerade ausgearbeitet wird. Es bleibt nur die Hoffnung, dass bald wieder mit dem gewohnten Betrieb gestartet werden kann. "Wir hoffen darauf, dass wir mit September 2020 das neue Schul- beziehungsweise Turnjahr, wie gewohnt, beginnen dürfen", so Rysanek.
Pause bei den Vikings
Coaches, Mitarbeiter, Vorstand und Mitglieder der American Football Mannschaft Vikings geht es gesundheitlich gut. Die finanzielle Situation sieht leider anders aus. "Wir hatten auf der „Ravelin“ in den vergangenen Jahren um diese Zeit bereits 30 Spieltage; bis dato: null. Und von der Zukunft möchte ich gar nicht reden. Bis Ende des Jahres liegt uns keine einzige Buchung vor", klagt Präsident Karl Wurm. "Bei den Vikings ist das Budget bis 31. August mehr oder weniger gesichert. Wie es dann weiter geht? Keine Ahnung – ohne Hilfe der Stadt Wien und der öffentlichen Hand und ohne einschneidende Sparmaßnahmen wird es wohl nicht gehen."
Um die Zeit zu überbrücken gibt es massenhaft Online Meetings aller Mannschaften. Von Strength & Conditioning Coach Christoph Putz gab es Wochenpläne (inklusive Instruktionsvideos) für alle Mitglieder. So konnten unsere Athleten zuhause fit und aktiv bleiben. Auch die anderen Coaches haben sich auch coole Aktionen ausgedacht: So gab es für unsere Kampfmannschaft ein Vikings Trivia Quiz. Bei der Vikings Push-Up Challenge nominierten sich die Spieler gegenseitig. Oder die Cheerleader forderten andere Teams mit einem speziellen Workout heraus. "Alle unsere Athleten haben hier durch die Bank sehr viel Selbstdisziplin, Verantwortungsbewusstsein und Motivation an den Tag gelegt. Das war fantastisch", sagt Sprecherin Kiki Klepsch. "Die Kommunikation hat generell sehr gut funktioniert. Es war und ist uns auch besonders wichtig, dass wir mit allen Mitgliedern und Coaches in stetigem Kontakt sind." An den trainingsfreien Tagen standen zwei Mal pro Woche interne Weiterbildungen der Coaches auf dem Programm.
Vorbereitungen für den Start
Die Enttäuschung über die Situation ist dennoch groß. "Ohne Covid19 wären wir jetzt mitten in der Saison und hätten drei Männerteams im Meisterschaftsbetrieb. Es hätten bereits zahlreiche Heimspiele stattgefunden, deren Einnahmen durch Eintrittsgelder und Merchandising Artikel natürlich fehlen", so Klepsch weiter. "Hinzu kommt, dass ohne Spieltage natürlich auch Einnahmen durch Gameday Sponsoring fehlen. Auch die fehlende, oder zumindest minimierte Präsenz in den Printmedien und im TV wird sich nicht positiv auf unseren Werbewert auswirken."
Vier hauptamtliche Mitarbeiter wurden sofort in Kurzarbeit geschickt. Geld hat der Verein dafür bislang noch nicht erhalten. "Alle unsere Spieler sind reine Amateure. Bei den gezeigten Leistungen und errungenen Erfolgen eigentlich unglaublich. Unsere Coaches arbeiten ebenfalls ehrenamtlich. Da seit 13. März kein Trainingsbetrieb im Football, Cheerleading und Flag Football statt findet, entstehen dem Verein auch hier keine Kosten", so Präsident Wurm.
Mittlerweile bereitet sich der Verein schon auf den neuen Alltag vor. "Wir klären derzeit, wie unser „neuer Büroalltag“ aussehen wird oder wie das zukünftige Training im Football und Cheerleader-Zentrum „Ravelin“ – selbstverständlich unter Einhaltung aller Auflagen, Sicherheits- und Hygienevorschiften – ablaufen kann", erklärt Klepsch. "Wir wollen für den Trainingsstart jedenfalls so optimal wie möglich vorbereitet sein, wenn das grüne Licht vom Sportministerium erfolgt und die Sportstätte zur Benützung von der Stadt Wien freigegeben wird. Auf beides warten wir."
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