Die weite Welt und das Kärntner Lied
Johann Jäger aus Bach sprach über Bildung und Glauben mit der WOCHE.
Herr Jäger, Sie sind Geschäftsführer der „Austrian Cooperative Research“ in Wien. Was sind Ihre Aufgaben als Manager?
JÄGER: Die ACR ist ein Netzwerk von 17 kooperativen gemeinnützigen Forschungsinstituten, deren Kompetenzbereiche angewandte Forschung und Entwicklung, Technologietransfer und Förderberatung umfassen. Das Angebot richtet sich an Unternehmen im In- und Ausland. Ich halte den Kontakt zu Ministerien, der Wirtschaftskammer und anderen wichtigen Institutionen und positioniere die ACR-Institute im österreichischen Innovationssystem. Netzwerken ist ein wichtiger Teil der Arbeit.
Sie haben Ihre Heimat schon früh verlassen. Was waren die Beweggründe?
Die mangelnde Möglichkeit an Ausbildung. Nach meinem Mathematik-Studium in Graz arbeitete ich in Genf im CERN und anschließend zwei Jahre in San Francisco an der Stanford Universität.
Wie war der Weg zurück nach Österreich?
Schwer. Ich hatte mich in den Auslandsjahren stark verändert und in Österreich war alles beim Alten. Nur Vitamin B hilft einem einen adäquaten Job zu finden. Niemand wollte einen 32-Jährigen mit fünf Jahren Auslandserfahrung. Das Motto meines damaligen Personalchefs lautete: Wir erziehen unsere Leute selbst!
Was verbinden Sie heute noch mit Ihrer Heimat?
Primär die Familie und die alten Freunde, aber auch der Wille mit den gemachten Erfahrungen und dem Wissen der Heimat zur Verfügung zu stehen – was aber leider selten gefragt ist. Und natürlich das Kärntner Lied.
Werden Sie als Kärntner in Wien oft auf die politische Situation in Kärnten angesprochen?
Ja, schon – meist mit etwas Ironie. Aber auch andere Bundesländer haben ihre internen „Reigen“, die niemand durchschaut. In Kärnten ist es eben aufgebrochen, weil „ein älterer Herr nichts mehr zu befürchten hat“.
Warum verlassen Ihrer Meinung nach viele junge, gut ausgebildete Menschen Kärnten?
Die Antwort ist einfach: Wo sind denn die adäquaten Arbeitsplätze im Tourismusland Kärnten für Techniker und Naturwissenschafter? Was hat die Politik in der Vergangenheit gemacht und was macht sie heute um studierten Kärntnern eine Perspektive zu bieten? Die wenigen Technologie-Unternehmen in Kärnten können diese Leute gar nicht alle aufnehmen. Also wandern sie dorthin aus, wo es Arbeit gibt.
Welchen Stellenwert hat Bildung für Sie?
Es gibt kein größeres Gut, das man Kindern für die Zukunft mitgeben kann, als die Möglichkeit der höchsten Ausbildung: zu lernen wie man sein Leben lang weiterlernt.
Ist für Sie eine Rückkehr nach Kärnten denkbar?
Ich werde immer wieder nach Kärnten kommen, aber ein klares „Ja“ fällt schwer. In den vielen Jahren der Abwesenheit findet man aber neue Freundschaften. Mir hat dazu immer der Glaube geholfen. Mein aktiver Zugang zum Glauben hat mir mit Gleichgesinnten zusammengebracht – dort habe ich auch ein Zuhause gefunden, das ich nicht missen will.
ZUR PERSON
Name: Dr. Johann Jäger
Wohnort: Kritzendorf (NÖ)
Geburtsdatum: 11. Juni 1953
Familienstand: geschieden, eine Tochter
Hobby: Singen
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