Neue Stahlsorten für höhere Anforderungen
Seit Jahrtausenden verwendet die Menschheit den Werkstoff Stahl, ohne die Weiterentwicklungen im 19. Jahrhundert ist die industrielle Revolution nicht denkbar. Doch der Werkstoff wird stetig perfektioniert und auf neue Anforderungen eingestellt.
Einerseits finden sich immer wieder neue Kombinationen von Eigenschaften, die den Konstrukteuren neue Freiheiten eröffnen. Auf der anderen Seite sind Einsparungen der Motivationstreiber, um Bauteile mit reduzierter Energie und geringerem Ressourcenverbrauch zu erzeugen.
Stahl ist eine Legierung mit einem hohen Eisenanteil und einem Kohlenstoffgehalt von weniger als 2,06 Prozent. Daraus ergibt sich ein weites Spektrum von Eigenschaften bei diversen technischen Anwendungen. Stähle sind vielseitig einsetzbar, zum Beispiel sind nichtrostende Stähle, wie 17-4PH, für den Einsatz in maritimen Umgebungen geeignet. Unter Kostenaspekten ist der Stahl seinen Konkurrenten in Herstellung und auch Verarbeitung hoch überlegen und außerdem recyclebar.
Kriterien für neue Schmiedestahlentwicklungen sind die Streckgrenze und die Kerbschlagzähigkeit. Letzteres beschreibt das Verhalten des Stahls bei einer schlagartigen Belastung. Bei Einsatzstählen gehen die letzten Entwicklungen in unterschiedliche Richtungen.
Oftmals wird eine Kostenreduzierung angestrebt durch das Einsparen von hochpreisigen Legierungselementen, auch von Arbeitsschritten bei der Herstellung. Einige Hersteller versuchen, die teuren Elemente Molybdän und Nickel durch Mangan zu ersetzen oder durch die Kombination von Bor und Mangan.
Höhere Zähigkeit wird erwartet
Ein weiterer Ansatz verbessert die Zähigkeit durch die kornfeinende Zugabe von Niob. Ein dritter Weg und besonders marktnah ist der Werkstoff mit der Bezeichnung „H2“, der mit seiner besonderen Härtbarkeit teure Einsatzstähle verdrängen kann. Besser zu härten als der konventionelle Einsatzstahl 18CrNiMo7-6 ist die neue Sorte 20MnCrMo7, der eine Eignung im Getriebebereich nachgesagt wird, um nickellegierte Stähle zu ersetzen.
Bei den Vergütungsstählen wird ebenfalls versucht, Legierungskosten zu senken. Von den neuen Stoffkombinationen wird eine gleichwertige Härtbarkeit erwartet. Mit Bor legierte Vergütungsstähle sind eine preiswerte Alternative zu klassischen Sorten, Zähigkeit und Festigkeit bleiben vergleichbar. Zugleich ergeben sich Perspektiven für den Einsatz etwa für Kurbelbetriebe oder Wellen in der Automobilindustrie.
DIN EN 10267 definiert für AFP-Stahl fünf Legierungen, die Kohlenstoffanteile von 0,2 bis 0,5 Prozent aufweisen dürfen. Inzwischen entwickeln sich zudem verschiedene Ausprägungen, um etwa bei großen Querschnitten von Bauteilen höchste Härten bieten zu können. Die Werte der Norm werden hierbei bisweilen deutlich übertroffen.
Zudem ist die Dynamik im Bereich dieser Werkstoffgruppe außerordentlich hoch. Bei niedrigen Festigkeiten gibt es Bestrebungen, möglich festen Stahl zu erhalten, der aber schweißbar bleibt. Anwendungsbereiche sind etwa Achsen für schwerere Nutzfahrzeuge.
Steigerung der Festigkeit
Die hochfesten Duktilen Bainitischen oder HDB-Stähle erhalten die erhöhte Festigkeit aus der Kombination des bainitischen Grundgefüges mit feinverteiltem Carbonitrid aus Niob und Titan. Bei einer geeigneten Legierung wird durch kontrolliertes Abkühlen der Schmiedetemperatur die Umwandlung erreicht, ohne eine separate Wärmebehandlung einzusetzen.
Diese Sorten schließen die Werkstofflücke zwischen Vergütungsstählen und den hochentwickelten AFP-Stählen. Zwar verfügen die Vergütungsstähle im mechanischen Sinne immer noch über Vorteile, aber sie sind auch hochpreisig wegen der teuren Legierungen und der aufwendigen Qualitätssicherungsmaßnahmen.
Verfügbar ist bereits 20 MnCrMo7, ein baitinischer Schmiedestahl. Das gilt auch für den Stahl H2 mit mechanischen Kennwerten vergleichbar den Vergütungsstählen. Beide Stahlsorten sind als Einsatzstahl ebenfalls geeignet. Bei Luftabkühlung entstehen hohe Festigkeiten aufgrund der baitinischen Struktur. Offenbar steigt damit auch die Härtbarkeit auf Werte, die sonst nur von klassischem Einsatzstahl mit hohen Legierungen erreicht werden.
Plastizität durch Umwandlung
Aus dem Englischen stammt der Begriff TRIP-Stahl, nämlich „Transformatiobn Induced Plasticity“ oder auch „umwandlungsbewirkte Plastizität“. Das Gefüge ergibt sich aus der Legierungslage und einer angepassten Wärmebehandlung. Die fertige Komponente enthält metastabilen kohlenstoffreichen Austenit mit einem Anteil zwischen fünf und 10 Prozent.
Plastische Verformung wandelt den Austenit zu Martensit. Hoch belastete Bereiche des Bauteils, die bei Erstbelastung plastifizieren, werden dabei aufgehärtet. Mögliche Anwendungen ergeben sich für die bei der Dieselhochdruckeinspritzung eingesetzten Common Rails.
Bild: Pixabay.com
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