Ein Monat Parkpickerl: Weniger Verkehr, aber neue Probleme
Die Bilanz der Bezirksvorsteherin und vieler Währinger nach einem Monat Parkraumbewirtschaftung ist positiv. Wer allerdings im 18. Bezirk nur arbeitet, muss sich umstellen.
WÄHRING. Ruhig ist es in der Mitterberggasse, und das obwohl der Herbst Einzug gehalten hat. Normalerweise ist es ja so: Wenn im September die Schule wieder beginnt und alle Wiener aus den Ferien zurück sind, beginnt der Verkehr stetig anzusteigen - bis Weihnachten, wo dann alle Straßen endgültig verstopft sind. In Währing ist es dieses Jahr anders. Hier, das bestätigen Anrainer, ist der Verkehr leicht zurückgegangen. Der Grund: Das Parkpickerl, das am 5. September, vor genau einem Monat, eingeführt wurde, hat den Parkplatzsuchverkehr vermindert. Anders als noch vor wenigen Wochen ist die Währing zwischen Gürtel und Gersthofer Straße nicht mehr hoffnungslos überparkt, man sieht immer wieder Lücken in den Reihen der parkenden Autos. Die Parkplatz-Suchrunden sind unnötig oder zumindest bedeutend kürzer geworden.
Das bestätigt auch einer der beiden Männer, die gerade an der Straßenecke ihre Pausenzigarette rauchen. Die zwei sind Kollegen, und der rechte sagt: "Gestern war ich mit dem Auto in Favoriten, der reinste Wahnsinn, bis man da einen Parkplatz hat. Und genauso war es hier auch." Deshalb fährt er schon lange öffentlich in die Arbeit, und das aus Schwechat. Dass es jetzt ruhiger ist, gefällt ihm. Sein Kollege hingegen ist angefressen: Er ist bis September aus Stammersdorf mit dem Auto hergekommen, 20 Minuten hat das gedauert. "Jetzt fahre ich entweder mit dem Rad, das dauert 40 Minuten, oder mit den Öffis - dafür habe ich gestern 50 Minuten gebraucht." Früher aufstehen und später heimkommen heißt es für ihn.
Aber immerhin wohnt er in Wien: In einem Reifenhandel ums Eck kommen einige der Mitarbeiter aus Niederösterreich. Der Besitzer schimpft sich in Rage: "Was die jetzt machen? Na zu Fuß werdens kommen aus Mauerbach! Die Wiener machen schon längst ihr eigenes Ding, die nehmen gar keine Rücksicht mehr." Wer in einem Bezirk mit Parkraumbewirtschaftung arbeitet, hat in der Regel kein Anrecht auf ein Pickerl und muss die volle Kurzparkgebühr zahlen. Ausnahmen gibt es vor allem für jene, die vor 5.30 Uhr und nach 24 Uhr arbeiten.
Für die einen mehr, für die anderen weniger Kunden
Die Parkregelung eines Bezirks berührt alle. Nicht nur Bewohner, eben auch Angestellte und Betriebe. Und das ganz unterschiedlich, da können 700 Meter Luftlinie einen großen Unterschied machen. Im "Alles Schinken" am Aumannplatz zum Beispiel steht man dem Pickerl ganz positiv gegenüber: "Viel hat sich nicht verändert", sagt eine Angestellte, aber es komme schon vor, dass Kunden sich beim Betreten darüber freuen, gleich einen Parkplatz gefunden zu haben. "Oder sie sagen, ich habe die Lücke gesehen und bin kurz hereingekommen was besorgen, das freut uns natürlich." Wenig Freude haben hingegen Eva und Josef Bauer, die die Fleischerei Bauer am Gersthofer Markt betreiben. "Uns haben sie die Kurzparkzone in der Herbeckstraße weggenommen", sagt Eva Bauer, "rund um den Markt gibt es keine Parkplätze und unsere Kunden suchen jetzt viel länger." "Das stimmt", bestätigt ein Einkäufer, "ich habe gerade 15 Minuten lang Parkplatz gesucht, ich bin nur da weil es hier so gut ist." Einen richtigen Kundenrückgang hat die Fleischerei noch nicht verzeichnet, aber Josef Bauer will sich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass die Kurzparkzone für den Markt wieder kommt.
Die Parkregelung berührt aber nicht nur alle unterschiedlich, es geht auch um mehr als nur um Autos - das wiederholt Bezirkschefin Silvia Nossek (Grüne) immer wieder, wenn sie zu dem Thema befragt wird. "Es geht darum, dass es ein begrenztes Platzangebot im öffentlichen Raum gibt", sagt sie. Und jetzt, wo die Autos zurückgedrängt wurden, geht es an die Umverteiltung. Ein Teil kommt dem öffentlichen Verkehr zugute - in der Währinger Straße und der Kreuzgasse, wo jene Parkplätze weggenommen werden, die immer wieder zu Straßenbahnblockaden geführt haben. Ein Teil der Natur - im Cottage wird der Asphalt rund um angegriffene Bäume entfernt, damit diese genug Nährstoffe bekommen und nicht verkümmern. Ein Teil, in Form von breiteren Gehsteigen, den Fußgängern und der Sicherheit. Und ein Teil den Ohren aller: Wo wir wieder bei der Ruhe wären.
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