Stössingbach: Rätsel um Forellen-Sterben
Eine Woche nach dem Gülle-Unfall im Stössingbach liegt der Endbericht der Gewässeraufsicht vor. 233 tote Fische wurden sichergestellt.
STÖSSING (mh). Am Freitag der Vorwoche gelangten mehrere Kubikmeter Gülle aus einem Schweinezuchtbetrieb in Bonnleiten in den Stössingbach. Glaubt man dem Endbericht der Gewässeraufsicht, so ist die ökologische Katastrophe ausgeblieben. Auf Anfrage der Bezirksblätter gibt Bezirkshauptmann Josef Kronister bekannt, dass genau 233 Fische Opfer des Gülle-Unfalls geworden sind. In der Vorwoche war Kronister noch von 30 toten Fischen ausgegangen: "Wir haben jetzt sehr genaue Angaben der Fischerei. Es handelt sich dabei um Bachforellen, Elritzen und Bachschmerlen. Das waren sehr kleine Fische, in Summe nicht einmal neun Kilo." Es sei laut Kronister natürlich bedauerlich, dass die Fische umgekommen sind, aber die Fischbestände würden sich sehr rasch wieder erholen.
Unterschiedliche Schätzung
Verwaltungsrechtliche Konsequenzen habe der Schweinebauer auf den ersten Blick nicht zu befürchten. Kronister: "Die Ursache war ein technisches Gebrechen. Ein Schieber hat nicht funktioniert." Zudem habe der Verursacher sofort mit Gegenmaßnahmen begonnen und den Vorfall unverzüglich bei der Wasserrechtsbehörde gemeldet. "Insofern war der Bauer durchaus bemüht, die Sache sofort ins Reine zu bringen", sagt der Bezirkshauptmann. Auf zivilrechtlichem Weg könnte die Verschmutzung allerdings ein Nachspiel haben. Denn laut Fischerei-Experten könnte der wahre Schaden weit höher sein als die 233 sichergestellten Fische. Diese wurden nur auf einem 300 Meter langen Teilabschnitt des Stössingbaches eingesammelt. Die Verschmutzung soll aber insgesamt etwa drei Kilometer betroffen haben, die verendeten Fische wurden nur auf etwa zehn Prozent der betroffenen Fläche sichergestellt.
Siehe auch:
Gülle tötete Fische im Stössingbach
KOMMENTAR von Michael Holzmann
Schopenhauer und die toten Fische
„Jeder dumme Junge kann einen Käfer zertreten. Aber alle Professoren der Welt können keinen herstellen.“ – das soll der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer (1788 bis 1860) dereinst gesagt haben. Natürlich hatte er zu seiner Zeit von moderner Robotertechnik nicht die geringste Vorstellung, aber bei allen technischen Leistungen ist der Mensch noch immer sehr weit davon entfernt, künstliche Lebewesen zu schaffen, die sich selbst reproduzieren können – zum Glück. Doch Schopenhauer zielte mit seinem Sager ohnehin eher auf den "Respekt vor der Einzigartigkeit des Lebens" ab. Daher sollten die 233 elendiglich im durch die Gülle eines Schweinebauers verseuchten Stössingbach verendeten Fische trotzdem sehr ernst genommen werden. Auch wenn die nur neun Kilo schweren Kadaver in einem einzigen Kübel Platz finden. Selbst in der Gewässeraufsicht der Bezirkhauptmannschaft St. Pölten gibt es nicht einen Beamten, der einen echten Fisch zusammenbasteln kann. Wenn er auch nur sehr klein ist.
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