"Mein Werkzeug ist der Dirigentenstab"
Nachdenklich stimmen den Dirigenten und Koponisten Ralf Kircher Entwicklungen im Musikbereich.
FELDKIRCHEN (fri). Ralf Kircher ist einer, der auszog, um mit Musik die Welt zu verändern. Nach 17 Jahren in Skandinavien ist er geläutert und hofft, dass es zu einem Umdenken im Musikbusiness kommt.
WOCHE: Wo haben SIe zuzletzt gearbeitet?
Ralf Kircher: Ich war die letzten 17 Jahre in Skandinavien. Das kam so. Ich habe in Wien Komposition, Dirigieren und Schlagzeug studiert und bin dann nach Helsinki an die Sibelius-Akademie gegangen. Diese zählt als größte Musikhochschule Skandinaviens zu den führenden Instituten in Europa. Dort bekam ich dann auch eine Anstellung als Orchestermitglied. Dann bin ich lange Zeit zwischen Finnland und Schweden hin und her gependelt. Zuletzt hatte ich als Kapellmeister an der Oper in Malmö einen Zweijahresvertrag, der nun augelaufen ist.
Wohin führt der Weg nun?
Ab Oktober bin ich für drei Monate in China. Dort sollen in den nächsten Zeit 20 neue Symphonieorchester entstehen. Es gibt durchaus klassische Orchester in den chinesischen Großstädten. Jetzt will man in Städten im ganzen Land nachziehen. Eine spannende Herausforderung, die mit wieder einen neuen Zugang zur Musik eröffnet und mich zum Lernen - nämlich chinesisch - animiert, denn ich denke mir dass es die Höflichkeit erfordert zumindest einige Worte, Sätze und Phrasen in der Landessprache zu kennen.
Wie ist die klassische Musikbranche aufgebaut?
Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es ein sehr strenges Korsett gibt. Der klassische Musikbereich ist komplett durchstrukuriert und es gibt keinen Platz für Kreativität oder Individualität. Darunter leidet meiner Meinung nach die Musik, um die es ja letztendlich geht. Ich bin Musiker und verstehe meine Arbeit durchaus als Handwerk. Wenn man ein guter Handwerker sein will, dann muss man seinen Job von Grund auf kennen und offen für Neues sein. In der Musik werden, wie in jedem Business, Hypes gemacht.
Was könnte man verändern?
Ich halte regionale Ansätze für gut. Es gibt sehr viele gut ausgebildete Leute in den Regionen und man könnte Institutionen, Schulen, Vereine in den Kulturbetrieb miteinbeziehen und die Struktuen so aufweichen und zugleich mehr Menschen für klassische Musik, Oper und Theater begeistern. Ich träume von einem Theater- oder Opernhaus mit einem fixen Ensemble. Derzeit wird für jede Produktion gesondert eingekauft. Eine Identifikation mit einem Haus ist so nicht möglich. Das ist schade, denn man vergibt viel Potenzial damit.
Welchen Stellenwert hat Feldkirchen?
Ich bin hir aufgewachsen. Ich verbringe meine Urlaube hier und habe hier Familie. Natürlich wäre ein Engagement in Österreich interessant für mich. Aber ich komme immer mehr zu der Erkenntnis, dass ich meine gesellschaftspolitischen Ansprüche in den Kulturbereich einbringen möchte. Das ist sicher ein Knackpunkt.
Zur Person
Ralf Kircher
Geboren: 6.7.1967
Ausbildung: Studium - Kompostion, Dirigieren und Schlagzeug - in Wien und an der Sibelius Akademie (Helsinki)
Stationen: Helsinki, Malmö, Sarajevo, China, ferner Osten
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