Der Hunger nach Kultur
Kürzlich sorgte ein denkwürdiger Vorfall in Gleisdorf für Aufsehen. Die Kleine Zeitung titelte: „Hungern bei Vernissage“. Damit waren nicht etwa hungernde Künstler gemeint, die im „Forum Kloster“ um eine warme Suppe anstünden, nein, Gleisdorf steht im Verdacht pleite zu sein und sein Kulturpublikum darben zu lassen.
Die Situation erscheint einigermaßen ernst. Das „Österreichische Bundesministerium für ausreichende Kalorienzufuhr bei Kulturveranstaltungen“ reagierte diesmal ungewöhnlich schnell. Das „ÖBKK“, im Volksmund „Jausenministerium“ genannt, bezog sich in seiner scharfen Note auf eine Sachverhaltsdarstellung des Weizer Künstlers Hubert Brandstätter, der die Angelegenheit ins Rollen gebracht hatte.
Gleisdorfs Kulturreferent Alois „Luis“ Reisenhofer wurde darin ultimativ aufgefordert, fünf Stunden Sozialdienst in einer regionalen Pudding-Küche abzuleisten; bei sonstiger Kürzung von Bundesmitteln. Wie sich das werte Publikum am 11. Jänner 2013 bei der Vernissage zu Arbeiten von Helmut Rabel im „Museum im Rathaus“ überzeugen konnte, hat Reisenhofer der Aufforderung umgehend Folge geleistet.
Anita Ehrenreich, Küchenchefin der „Chance B“, bestätigte auf Nachfrage, daß sich Reisenhofer sehr engagiert gezeigt habe und bot überdies an, den Gleisdorfer Gemeinderat über ihre bewährten „Brotstreich-Kurse“ für das Kulturjahr 2013 fit zu machen.
Wie Gleisdorfs Bürgermeister Christoph Stark bei der Rabel-Vernissage bestätigte, werde der Kursbesuch „Leckere Brotaufstriche für Anfänger“ und „Leckere Brotaufstriche für Fortgeschrittene“ Mitgliedern des Gemeinderates verpflichtend vorgeschrieben.
Vizebürgermeisterin Christa „Babsi“ Lang kommentierte bei der Gelegenheit die Aussage ihres Weizer Parteikollegen Georg Köhler, der laut „Kleine Zeitung“ gesagt haben soll: "Wir zahlen das Buffet und die Leute während der Öffnungszeiten. Musiker bekommen ja auch ihre Gage - warum sollten bildende Künstler weniger Unterstützung bekommen?"
Lang: „Der Schorschi ist als Kulturbeauftragter ja eigentlich in der Verwaltung tätig und daher nicht befugt, kulturpolitische Aussagen zu treffen, aber bedenken Sie bitte, daß die Sozialdemokratie sich seit jeher um das Wohl der einfachen Menschen angenommen hat.“
Vizebürgermeister Fritz Aigner (FPÖ) betonte: „Die Kultur kommt ja, wie Sie wissen, aus der Agrikultur. Die Ernährungsfrage ernst zu nehmen ist daher auch eine Frage der Traditionspflege.“
Inzwischen wurde übrigens bekannt, daß Georg Köhler eine Einladung vom „Team Stronach“ erhalten habe, sich in der Regionalpolitik zu bewähren. Unbestätigten Meldungen zufolge soll allerdings Neo-Stronachianer Christian Faul diesen Vorschlag mit einem Wutanfall quittiert haben, was die Sache wohl als erledigt gelten läßt.
Der Gleisdorfer Historiker Robert F. Hausmann gab übriges zu bedenken: „Man muß das alles mentalitätsgeschichtlich verstehen. Die Oststeiermark ist historisch von kleinen Wirtschaften geprägt, die immer Selbstversorger waren und nicht für den Markt produziert haben. Da war der Mangel Dauergast und der Hunger gelegentlicher Überranschungsbesuch.“
Mit einer besonderen Botschaft brachte sich Kapellmeister Sigi Teller in die Sache ein: „Die Stadtkapelle hat sich bereit erklärt, im heurigen Veranstaltungsjahr die gestifteten Krügel Bier jeweils an das Publikum weiterzureichen.“
City-Manager Gerwald Hierzi kommentierte dieses Angebot mit: „Da kommt ganz schön was zusammen.“ Hierzi kündigte überdies an, bei der kommenden Generalversammlung des „TIP City-Managements“ die Einrichtung einer Brötchen-Stiftung anzuregen, worauf Wolfgang Wurm mit der Ankündigung reagierte, er sei bereit, dafür ein eigenes Stiftungs-Brötchen zu kreieren.
Die einzige abschlägige Reaktion kam bisher aus dem LEADER-Management in Weiz. Geshäftsführerin Iris Absenger-Helmli teilte mit: „Ich bedaure sehr, aber Catering ist aus LEADER-Mitteln leider nicht förderbar.“
Aus der Projektleitung des ersten sterischen LEADER-Kulturprojektes „kunst ost“ verlautete dazu: „Nehmen wir doch die Sache zum Anlaß, um zu diskutieren, was denn wirklich kulturpolitisch relevante Fragestellungen zum Beginn des Jahrs 2013 sind.“
Die Quelle: [link]
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