Gmünd: Mit Fieber im Büro
Viele Menschen im Bezirk Klagen über Verkühlungen, doch nur wenige sind tatsächlich im Krankenstand.
BEZIRK GMÜND (eju). Derzeit hat man das Gefühl, dass es an jeder Ecke schnieft und rotzt. Im Büro, im Bus, in der Schule – überall wird gehustet und geniest. Eine Erkältungswelle scheint den Bezirk Gmünd erreicht zu haben. Betrachtet man aber die Daten der Krankmeldungen (siehe Zur Sache), dann scheint das nicht zu stimmen.
Wenig Krankenstände
Wenig Krankenstände
Denn im Vergleich ist die Zahl der Krankenstände eher gering: Aktuell gibt es im NÖGKK-Bezirk Gmünd-Waidhofen offiziell „nur“ 111 Grippen und grippale Infekte. Kränkeln wir Waldviertler wirklich weniger als sonst oder trauen sich nur immer weniger daheim zu bleiben und gehen trotz Fiebers arbeiten?
„Wenn ich Patienten empfehle, in den Krankenstand zu gehen, um nicht Kollegen oder andere Menschen anzustecken, bekomme ich immer wieder gesagt, dass sie einen Krankenstand lieber vermeiden würden, weil sie Angst um ihren Job haben," berichtet Allgemeinmediziner Khalid Jadalla aus Weitra. Selbst wenn er die Patienten auf eventuelle gesundheitliche Risiken hinweise, wie etwa eine mögliche Schädigung des Herzens, würden viele antworten, dieses Risiko lieber in Kauf zu nehmen. Aktuell gebe es in seiner Ordination noch wenige Fälle der viralen (Anm.: also echten) Grippe, allerdings sei die Zahl grippaler Infekte, ausgelöst durch Rhino- oder Adenoviren, im Steigen begriffen.
Zur "Einvernehmlichen" überredet
Arbeiterkammer Gmünd-Chef Michael Preissl bestätigt die Aussagen Jadallas: "Tatsache ist, dass sehr viele ArbeitnehmerInnen, die schon so krank sind, dass sie in den Krankenstand gehen sollten, weiterhin arbeiten gehen. Vor allem im Handel in der Vorweihnachtszeit traut sich kaum jemand in den Krankenstand zu gehen, weil er oder sie fürchtet, bei nächster Gelegenheit ausgemustert zu werden. Aber es kommt auch vor, dass wir Arbeitnehmer in der Beratung haben, die erzählen, der Chef hätte ihnen vorgeschlagen, trotz Krankenstandes arbeiten zu gehen. Jüngst war ein Arbeitnehmer bei mir, der erzählt hat, er sei mit der Gipshand arbeiten gewesen. Das ist rechtlich verboten. Wenn man im Krankenstand ist, darf man keiner Arbeit nachgehen, man muss alles dafür tun, schnell wieder gesund zu werden."
Bei grippalen Infekten sei zudem die Gefahr, auch die Kollegenschaft anzustecken, gegeben.
Ältere Arbeitnehmer gefährdet
"Es gibt auch immer wieder Kündigungen im zeitlichen Zusammenhang mit Krankenständen, oft sogar bei ganz kurzen. Oftmals wird auf die Mitarbeiter mehr oder weniger sanfter Druck ausgeübt, das Dienstverhältnis einvernehmlich zu lösen", berichtet Preissl weiter. Dabei gebe es für kleine Unternehmen durchaus die Möglichkeit, über die AUVA einen Teil der Entgeltfortzahlung zurück zu bekommen. Das wüssten die Unternehmer auch, so Preissl. "Umso mehr wundert es mich, dass Arbeitgeber so schnell versuchen, ihre Mitarbeiter los zu werden. Tatsache ist auch: je älter der Arbeitnehmer ist, desto größer die Gefahr, dass auf einen Krankenstand die Kündigung folgt", so Preissl. Eine anständige Firmenleitung würde das zwar nicht tun, aber gegen das Gesetz verstößt eine Kündigung im Krankenstand in Österreich nicht.
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