"Streicheln tun wir am wenigsten"

Dieser kleine Mauersegler ist bei einem Sturm aus dem Nest gefallen. Mittlerweile ist er wieder bei guter Gesundheit. Mit dem Fressen aus der Hand hat er kein Problem mehr.
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  • Dieser kleine Mauersegler ist bei einem Sturm aus dem Nest gefallen. Mittlerweile ist er wieder bei guter Gesundheit. Mit dem Fressen aus der Hand hat er kein Problem mehr.
  • hochgeladen von Katja Urthaler (kurt)

Der Beruf Tierpfleger ist ein Traumjob für viele Menschen, den ganzen Tag mit Tieren zusammen zu sein klingt ja auch romantisch. Der wirkliche Alltag eines Tierpflegers, deckt sich aber nur selten mit den idyllischen Vorstellungen.

"Streicheln tun wir eigentlich am wenigsten", schmunzelt Sophia Wünsche, eine von sechs TierpflegerInnen in den Vogelrevieren des Alpenzoos. Sie zeigt mir heute ihre Aufgaben in den Vogelrevieren im Alpenzoo. Bis zu 50 Vogelarten leben im dort. Wünsche ist gerade damit beschäftigt die Findlinge in der Findlingsstation zu füttern. Das Futter dafür holt sie aus der hauseigenen Insektenzucht, die ebenso von den TierpflegerInnen betreut wird. Hier darf man sich nicht vor Insekten oder Würmern grausen. Sie einzusammeln und zu züchten gehört zum Alltag. Hier darf ich mithelfen die Wachsmotten aus ihren Nestern zu holen. Grausen darf man sich in diesem Job eigentlich vor nichts. Mir kommt zugute, dass ich keinerlei Berührungsängste vor Würmern und allem, was so kreucht und fleucht habe.

Das Füttern der Findlinge ist oft gar keine leichte Aufgabe, denn die Tiere sind keine Menschen gewöhnt und haben keinerlei Erfahrung damit, von Menschenhand gefüttert zu werden. Den meisten von ihnen muss man erst lernen, das Futter von der Pinzette anzunehmen. Die Findlinge die in den Alpenzoo kommen, werden von Privatpersonen gebracht, die sie gefunden haben. Zwischen 100 und 400 Vögel werden im Jahr in dieser Station aufgepeppelt, gesund gepflegt und später wieder in die Natur entlassen. Exoten-Findlinge werden im Alpenzoo nicht angenommen.

Die Arbeit der TierpflegerInnen in den Vogelrevieren ist unwahrscheinlich vielseitig und intensiv – denn der Alpenzoo ist ganz schön groß und die Volieren werden zu Fuß abgegangen. Dabei macht man an einem Tag ganz schön viele Meter, denn spätestens alle zwei Stunden muss man zurück zur Findlingsstation um die Tiere zu füttern. Dazwischen muss das Futter für die anderen Vogelarten in den Volieren hergerichtet und zu den Tieren gebracht werden. Mindestens dreimal pro Woche werden die Volieren komplett gereinigt, der Kot wird täglich gründlich entfernt – sehr viele Vögel sind in Hygienefragen heikel und reagieren intensiv auf Keime und Bakterien.

Ist man bei den Tieren, muss man sie auch beobachten. Passt alles? Haben sie gefressen? Vögel sind "stille Leider", man muss ihren natürlichen Habitus sehr genau kennen, damit man die kleinsten Veränderungen im Verhalten so früh als möglich wahrnehmen kann, um im Ernstfall früh helfen zu können. Das Wissen der TierpflegerInnen zu den einzelnen Vogelarten ist daher unwahrscheinlich groß. Sie kennen die verschiedenen Laute, wissen diese zu deuten und können sich teilweise sogar mit den Tieren "unterhalten".

Unerlässlich ist aber auch die natürliche Gestaltung der einzelnen Voglieren. Dafür rücken die TierpflegerInnen regelmäßig in den Wald aus. "Wir sammeln Äste von Laub- und Nadelbäumen, Kräuter wie Löwenzahn, wilden Majoran oder Salbei, für die Fichtenkreuzschnäbel sammeln wir Zapfen und wir rechen auch den Waldboden auf", lacht Wünsche. "Wir brauchen die heruntergefallenen Nadeln als Bodeneinstreu", sagt sie.

Ein ständiges hin und her und rauf und runter also, rauf in den Wald, rein in die Volieren, dazwischen wieder auf die Findlingsstation, die Küken füttern. Ausmisten, putzen, Wasser bereitstellen und und und. Viel Zeit um Uhr die Uhr zu schauen bleibt da nicht. "Heimische Vogelarten sind wahnsinnig anspruchsvoll. Exoten sind manchmal viel weniger anspruchsvoll in der Haltung, vielleicht ein Grund, weshalb sich die meisten Zoos auf Exoten beschränken.", sagt Sophia.

Lehrlinge werden im Alpenzoo nur einmal alle drei Jahre aufgenommen und auch dann nur einer. "Wir würden natürlich gerne mehr ausbilden, aber eine Arbeit als Tierpfleger zu finden ist sehr schwer. Deshalb bleiben wir realistisch und nehmen nur wenige auf", sagt Zoodirektor Michael Martys. Auch Sophia absolvierte ihre Lehre nicht in Innsbruck, sondern im Tiergarten Schönbrunn. Auf eine Stelle in Tirol musste sie jahrelang warten.

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