12. April 2016: Sie fühlen sich subjektiv unsicher? Tja, selber schuld!
Auf dem Rochusmarkt sorgt also ein neuer Sheriff für Recht und Ordnung. Wurstsemmel-Sheriff wird er (leider nur halb) im Scherz genannt, und die Kollegen von „Heute“ haben ihn letztens porträtiert. In einem launigen, lustigen Porträt, mit einem Augenzwinkern. Man kann auch kaum anders. Immerhin kümmert sich der Mann für einen Fleischhauer darum, dass den Kunden niemand die (angebissenen) Wurstsemmeln fladert, falls sich diese einmal kurz umdrehen. (Also die Kunden, nicht die Wurstsemmeln.)
Das klingt so charmant wienerisch, dass man es eigentlich dabei belassen könnte. Leider steckt aber mehr dahinter. Denn der Wurstsemmel-Sheriff ja nicht der einzige seiner Gattung. Neben den Sheriffs, die das offizielle Wien eingesetzt hat (vom Park- bis zum Stangl-Sheriff), etablieren sich seit einiger Zeit immer mehr Private, die sich gerne mal als Exekutiv-Organ versuchen wollen. Von privaten Sicherheitsfirmen bis hin zu wehrhaften Bürgern, die dann – wie zuletzt in Transdanubien – planen, auf den Straßen Patrouille zu gehen. Oder wie der Wurstsemmel-Sheriff mit Schlagstock Geschäfte bewachen.
Wenn der Sheriff reitet, dann hat die (Sicherheits-)Politik versagt. Und das ist ein Problem. Denn dass es sinnvoll ist, wenn die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in staatlicher Hand ist, dem wird sogar so manch eingefleischter Liberaler zustimmen. Nicht zuletzt ist der Grat zwischen dem wachsamen Bürger auf der einen Seite und Selbstjustiz und Denunziantentum auf der anderen ein schmaler.
Die Entwicklung hält der Stadt einen Spiegel vor. Tatsächlich fühlen sich immer mehr Wiener unsicher. Ernst genommen werden sich darin nicht wirklich. Vom „subjektiven Sicherheitsgefühl“ ist dann nämlich immer die Rede. Und diese Formulierung ist - in der Art, in der sie derzeit verwendet wird - entlarvend. Denn wenn man sich verdeutlicht, dass ein „Gefühl“ immer – also per se – etwas Subjektives ist, dann versteht man erst, was mit der Beifügung „subjektiv“ eigentlich gemeint ist. Sie soll bei den Betroffenen nämlich den Eindruck vermitteln, dass sie an ihrem Gefühl selbst schuld seien, weil dieses eigentlich nicht gerechtfertigt ist; sie sich mit ihrer Empfindung also quasi irren. Eine Art Täter-Opfer-Umkehr für Fortgeschrittene.
So mit den Befürchtungen der Menschen umzugehen, ist weder fair noch zielführend. Und auch nicht gerechtfertigt. In Wien liegt mittlerweile tatsächlich einiges im Argen. Das lässt sich auch mit den (angeblich) sinkenden Verbrechenszahlen, die die Polizei zuletzt präsentiert hat, nicht wegdeuten.
Lange Zeit klangen Forderungen nach einem Sicherheitsstadtrat, der sich dieses Themas koordiniert annimmt, nach rechten Law-&-Order-Phantasien. Die FPÖ hat sie an vielerorts immer wieder erhoben. Erst im Winter hat sich auch die Wiener ÖVP erneut für einen solchen Posten ausgesprochen. Er wäre wohl eine Überlegung wert.
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