Gewalt als Problem in der Pflege

Auch psychische Gewalt wie Beschimpfungen, Gesprächsverweigerung oder Erpressungen kommen häufig vor. Foto: Vision_R/Fotolia
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  • hochgeladen von Johannes Grüner

LINZ (jog). Oft totgeschwiegen und dennoch gibt es sie: Übergriffe auf Pflegebedürftige. Besonders in der häuslichen Obsorge kommt es immer wieder zu Misshandlungen. Überforderung, Informationsdefizit oder Doppelbelastungen können Auslöser für Aggressionen sein. Besonders die Diagnose Demenz stellt pflegende Angehörige und Pflegepersonal vor eine große Herausforderung. „35 Grad Hitze, die Patientin war in eine Wolldecke im Bett bis zum Hals eingewickelt und kein Getränk in Griffnähe. Mit diesen und ähnlichen Zuständen sind wir manchmal bei Hausbesuchen in Linz konfrontiert“, sagt Sabine Wögerbauer, Leiterin des Tageszentrums Regenbogen der Volkshilfe Linz. Oft sind es erst die Ärzte oder Pflegepersonal, die auf die Missstände aufmerksam werden. „Von sich aus erstatten die Betroffenen praktisch nie Anzeige. Man möchte dem Ehemann oder der Tochter keinen Schaden zufügen. Dazu kommen starke Abhängigkeiten, auch finanzieller Natur“, so Wögerbauer.

Eine Woche am Leibstuhl

„Es ist etwa für Pflegepersonal oder Ärzte besonders schwierig abzuschätzen, woher blaue Flecken kommen – ist der Patient gestürzt oder wurde er tatsächlich geschlagen“, sagt Margit Scholta vom Verein Pro Senectute Österreich, eine Beratungs- und Fortbildungsinstitution für Pflegepersonal. Bei besonders harten Fällen muss die Pflege entzogen werden. „Wir hatten einmal eine ältere Dame, die mehr als eine Woche durchgehend an den Leibstuhl ,gefesselt´ war. Das müssen unfassbare Schmerzen gewesen sein“, so Wögerbauer. Überforderung ist einer der Gründe für Missstände in der häuslichen Pflege. Die eigene Familiengeschichte eine andere: „Die verbreitetste Konstellation: Die Partnerin, meist selbst in hohem Alter, betreut den Partner. Wenn es in dieser Beziehung ungelöste Konflikte wie etwa Untreue gab, kann es zu Revanche-Handlungen kommen“, sagt Scholta. Viele betreuende Angehörige würden sich auch nicht trauen, externe Hilfe zu holen. „Familie ist Privatsache, das wird dann als Scheitern oder Faulheit verstanden“, so die Demenz-Expertin.

Hohe Dunkelziffer vermutet

In Linz gibt es 28.200 Menschen über 70 Jahre, davon sind etwa 2000 Menschen in Heimen oder privaten Einrichtungen untergebracht. „Im Bereich der Gewaltausübung in der Pflege wird seitens der Polizei das Betretungsverbot angewandt. Dadurch entstehen aber enorme soziale Probleme“, sagt Maria Deischinger von der Kriminalprävention der Polizei OÖ. Die Dunkelziffer von Gewalthandlungen an Pflegebedürftigen sei hoch. Gemeldet werden allerdings nur wenige Fälle. Auch umgekehrt würde es immer wieder zu Vorfällen kommen. „Schlagen, kratzen, beißen – ist alles keine Seltenheit. Auch die Machtposition als pflegebedürftige Person wird ausgespielt“, sagt Margit Scholta. „Die Betroffenen müssen sich besser mit dem Krankheitsbild auseinandersetzen und auch externe Hilfe wie Essen auf Rädern, mobile Pflege, Kurse und Beratungen in Anspruch nehmen. Es ist wichtig, nicht mit dem Finger auf Menschen zu zeigen, sondern ein Problembewusstsein zu schaffen“, so Wögerbauer.
Der Pensionistenverband veranstaltet am 9. Oktober um 18 Uhr im Wissensturm einen Informationsabend zum Thema.

Anlaufstellen:

Pro Senectute Österreich
Tel.: 0699/11200099

Beratungsstelle Kompass
Tel.: 0732/70702766

Volkshilfe Linz
Tel.: 0732/3405

Verein Miteinander
Tel.: 0732/782000

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