Wortschatzsucher
Haben Sie schon einmal überlegt, was es eigentlich für eine Gesellschaft bedeutet, wenn sich einzelne Leute die Fähigkeit des literarischen Schreibens erarbeiten?
In Markt Hartmannsdorf wurde gerade ein Buch präsentiert, eine Anthologie mit ausgewählten Arbeiten vom Literaturwettbewerb „Wortschatz 2012“, erschienen im Amalthea Verlag. Dieses Buch handelt davon.
Initiator Werner Sonnleitner durfte in einem vollen Saal des Dorfhofes seine Ehrengäste begrüßen. Einerseits viele Autorinnen und Autoren des Wettbewerbs. Andrerseits die Jury, darunter Peter Simonischek und Brigitte Karner vom Schauspiel sowie Publizist Frido Hütter, der übrigens, wie Simonischek, aus Markt Hartmannsdorf stammt.
Karner und Simonischek haben die Herausgeberschaft der Anthologie übernommen, Hütter hat dazu ein Vorwort verfaßt.
Haben Sie also schon einmal überlegt, was es für eine Gesellschaft bedeutet, wenn man regional in ihren Reihen inspirierte Menschen findet, die ihre Fähigkeit zu erzählen und sich auszudrücken auf so einem Niveau entwickeln? Das war nämlich an diesem Wettbewerb auffallend.
Die rund 150 Beiträge stammen von wenigstens drei Generationen. Es war Lyrik und Prosa erwünscht, die Preise wurden in zwei Alterskategorien des vergeben. Unter 16 Jahren und über 16 Jahre. Die Arbeiten sind großteils sowohl in der Wahl der Themen als auch stilistisch bemerkenswert; zumal sie überwiegend von Menschen stammen, die nicht als Profis schreiben.
Das ist zusammen ein Schatz im Sinn des Wortes, da wir alle längst eine etwas flach gebürstete Massenkultur leben, in der Massenmedien dominieren, die nicht gerade für Nuancen und eleganten Stil sorgen. Das hat ernste Konsequenzen. Unser Sprachvermögen und unser Denkvermögen stehen in einer alltäglich ganz intensiven Wechselwirkung.
Polemisch verkürzt wäre von Spiralen zu sprechen. Sackt unser Sprachvermögen ab, taumelt auch unser Denkvermögen nach unten; und umgekehrt. Das ist einer der wichtigsten gesellschaftlichen Zusammenhänge in den Fragen nach kultureller Bedeutung im Pflegen der musischen Talente.
Wer denkt, Kunst und Kultur seien „Orichdeenfächer“ zu behübschen des Alltags, liegt vollkommen daneben. Unsere Fähigleiten, den Alltag so oder so zu bewältigen, wurzeln ganz wesentlich in einem anregenden geistigen Klima. Und das wiederum wird gegen die Walze simpler Bilder und hohler Phrasen aus der allgegenwärtigen Unterhaltungindustrie in Nischen verteidigt und ausgebaut.
Für diese Nischen sorgen unter anderem jene Kreativen, die entsprechende Fähigkeiten erwerben, aber auch jene Kulturschaffenden, die in Projekten wie „Wortschatz 2012“ Anlaß und Ermutigung geben, solche Fähigkeiten zu verfeinern und weiterzutragen.
Ich sehe das gerne so: In dieser lebendigen Kulturarbeit entstehen klare Gegenpositionen zu dem, was uns die Werbebranche, mit fetten Kriegskassen ausgestattet, laufend aufs Auge drückt. Das ist auch einer der Gründe, warum der Staat und die Gemeinden Kulturbudgets aufbringen müssen. Wir würden sonst längst (fast) alle so ticken und plappern, wie wir es aus Werbespots kennen.
Dazu kommt: Wenn diese Region eine Erzählung wäre, dann würde sie sich selbst erzählen, indem die Menschen, die hier leben, ihre Stimmen erheben. Etwa so, wie es da geschehen ist und in diesem Buch nachgelesen werden kann.
+) Das Buch: [link]
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