"Unsere Medizin ist der Humor"
"Dr. Nikolaus Nüchtern" alias Christian Plazotta ist einer von zehn Kärntner Clowndoctors
LENDORF. "Wir verschreiben keine Medikamente, unsere Medizin ist der Humor." So lautet das Credo der Clowndoctors, ihr Markenzeichen sind die roten Nasen. Einer der zehn ROTE NASE Clowndoctors in Kärnten und Osttirol - in Österreich gibt es 65 - ist "Dr. Nikolaus Nüchtern" alias Christian Plazotta. Er "heilt" auch Heiligabend und Silvester.
Dabei begann die Clownkarriere des 42-Jährigen alles andere als verheißungsvoll, im Gegenteil: 1994, dem "Geburtsjahr" Klinikclowns, kam Plazotta erstmals in Kontakt mit ihnen, als sein 13-jähriger Bruder Karl krebskrank im Spital lag und ein halbes Jahr später starb. "Ich war damals überfordert, musste das Krankenzimmer verlassen", erinnert sich der gelernte Behinderten-Pädagoge. "Da liegt mein Bruder im Sterben, da konnte ich keinen Humor ertragen." Allerdings merkte er gleichzeitig, dass die "Visite" der Clowndoctors seinem Bruder gefiel.
Zunächst Spital-Aversion
Wollte der Steirer aus Gleisdorf lange Zeit nichts mit "dem Krankenhaus" zu tun haben, änderte sich dies, als er "der Liebe wegen" nach Kärnten zog. Plazotta lernte Christian Moser kennen, der kürzlich als "Dr. Guido Mosl" in Spittal auftrat (wir berichteten), reichte seine Bewerbung für ein Aufnahmegespräch bei den Roten Nasen ein, bekam aber vor lauter Lampenfieber nicht die Kurve und sagte ab. Als ihn wenig später der Anruf erreichte, in Kärnten werde dringend ein Clowndoctor benötigt, ergriff der seit sechs Jahren in Lendorf lebende Diplom-Sozialbetreuer seine "zweite Chance".
Ausgerüstet mit einer Ausbildung beim inzwischen aufgelösten (Laien-) "Theater Mobile", war Plazotta firm in Gesang, Tanz, Akrobatik, Jonglage, Zauberei, vor allen in Improvisation - also "alles, was einen Klinikclown ausmacht". Mit seinem "spontanen Blödsinn" als Esel sicherte er sich die "Eintrittskarte" in den Kreis der Humordocs. Eine "fundierte Ausbildung" an der Internationalen Schule für Clowns in Wien schloss sich, regelmäßige einwöchige Workshops und kürzere folgen.
Aktiv als "Dr. Nikolaus Nüchtern"
Den ersten Auftritten als Juniorclown, bei denen er "behutsam an die Aufgabe herangeführt" wurde, folgte der erste Einsatz als "Dr. Nikolaus Nüchtern" (Der "Künstlername" stammt von Ehefrau Christine, vom Ehemann inoffiziell "Dr. Tini Bikini" genannt) am 3. September 2009 in Klagenfurt mit "Dr. Rudi Rucolan". Inzwischen absolviert der Lendorfer in seinem zweiten Beruf regelmäßig in vier Wochen fünf Einsätze in Klagenfurt (zwei), Lienz, Villach und St. Andrä, kommt so auf fast 1.000 Kilometer im Monat.
Vor jeder Visite in einer Übergabe erhalten die Clowns alle notwendigen Informationen zu den Patienten vom Pflegepersonal.wird nach dem Befund der Patienten und einem möglichen Geburtstag gefragt. Und auch die Besuchten entscheiden mit, ob ihnen die Roten Nasen genehm seien. "Dabei treten wir sehr dezent geschminkt auf, nicht wie im Zirkus", betont der ROTE NASEN Clowndoctor. "Allein unser Erscheinen sorgt schon für eine andere Stimmung." Intuitiv, mit außerordentlich viel Feingefühl und einer guten Portion Improvisationsvermögen arbeitet das Clownduo in den Krankenzimmern.
Lachen nicht oberstes Ziel
Auch sei es nicht vorrangiges Ziel, die Kranken (und ihre Angehörigen) zum Lachen zu bringen, sondern vor allem, für eine andere Stimmung zu sorgen. Dafür, den Klinikalltag für einen Moment Vergessen zu machen. Einmal, so erinnert sich der Humorist, habe die Oberschwester gemeint, die Clownvisite sei überflüssig, weil die zu besuchende Familie nicht Deutsch spreche. Und was war: "Tochter und Mutter hatten einen Riesenspaß, auch ohne Worte."
"Wir wollen vor allem, dass die Kranken von unserem Auftritt berührt werden. Sie sollen auch mal weinen", sagt Plazotta weiter. In der Regel besteht das Clownduo aus einer Frau und einem Mann, weil das zumal bei Senioren besonderes Interesse wecke, etwa: "Seit Ihr auch verheiratet?" Eine Maxime, nach der er sich beim Beuch, auch auf der Intesivstation, zu richten versucht, lautet: "Be short and stupid" (etwa: Fasse dich kurz und sei albern).
Jüngerer Nachwuchs gesucht
Übrigens: Die Roten Nasen suchen einen jüngeren Nachwuchs. Interessierte finden alle nötigen Angaben zur Bewerbung unter www.rotenasen. at
Zur Sache:
Die ROTE NASE Clowndoctors starteten 1995 in Kärnten am Klinikum Klagenfurt. Europaweit sind sie in neun Partnerländern aktiv.
Über 300 Clowns haben seit der Gründung über 70.000 Clownvisiten durchgeführt und dabei 2,8 Millionen Menschen besucht. Heuer feierten die ROTE NASEN Clowndoctors in Kärnten ihr 20-jähriges Bestehen.
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