"Wir haben alle Tourismusziele"

Schwärmt von der Aussicht aus dem Bürgermeisterbüro: Gerhard Koch ist der neue Ortschef von Weißensee
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WEISSENSEE (ven). WOCHE: Die Weißenseer müssen sich nun nach zwei Perioden mit Johann Weichsler an der Spitze an einen neuen Bürgermeister gewöhnen. Fühlen Sie sich bereits wohl in Ihrer Rolle?
KOCH: Absolut. Ich habe das positive Entgegenkommen seitens der Bevölkerung vom ersten Tag an gespürt. Es war wirklich sehr angenehm. Die Mitarbeiter im Gemeindeamt, im Tourismus und im Bauhof haben mich mit offenen Armen aufgenommen. Ich habe auch einige Dinge umgesetzt, die mir bisher nicht so gefallen haben und dies wurde auch angenommen. Ich bin sehr dankbar.

Welche Dinge waren das?
Internes im Ablauf. Alle haben da auch dankbarerweise mitgespielt und umgesetzt.

Wie bekommen Sie das Amt mit Ihrem Beruf unter einen Hut?

Ich habe das große Glück, eine sehr arbeitseifrige Frau zu haben und meine Familie steht absolut hinter mir. Meine Tochter maturiert heuer an der Hotelfachschule und wird im Sommer in unserem Betrieb tätig sein. Unser Betrieb ist sehr gut strukturiert, dadurch kann ich mich eine gewisse Zeit lang freispielen.

Wie lange gibt es den Betrieb bereits?
Seit 1618.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit im Gemeinderat? Die ÖVP ist mandatsstärkste Fraktion...

Es war hier in Weißensee immer schon so: Bei den Wahlkämpfen hat man das Farbenspiel beachtet, aber ich glaube, das ist nie ein Thema gewesen. Die letzte Periode war etwas krass, weil es so viele waren. 6 zu 5. Wir haben jetzt kein Farbenspiel mehr. Es ist ein Miteinander. Von elf Gemeindemandataren sind sieben neue. Jeder muss sich einarbeiten und wir müssen uns aneinander gewöhnen. Wir kennen uns alle und das Ziel ist es, auch strukturell zu arbeiten. Wir haben gesagt, wir machen keine One-Man-Show nur mit dem Bürgermeister oder dem Vorstand, der wichtig ist. Wir sehen uns alle als gleichwertig und arbeiten alle am selben Ziel. Die erste Gemeinderatssitzung war sehr konstruktiv und wir haben viel erreicht.

In welchen Punkten stimmen Sie mit ÖVP und BLW überein?
Alle Punkte, bei denen wir das Ziel miteinander erreichen können. Viel gesagt und doch wieder nicht (schmunzelt). Wir leben alle am Weißensee, wir haben nur touristische Ziele. Es ist bei allen gleich. Im Prinzip brennt es bei jedem gleich unter den Nägeln. Es ist egal, ob schwarz, rot, blau oder ob es nun rosarot wäre, es ist vollkommen egal. Ich merke es bei den Sitzungen. Wir haben die Punkte, bei denen wir uns alle ärgern und diejenigen Punkte, bei denen wir diskutieren, aber im Grunde brauchen wir das nicht, weil wir eh wissen, wie es ausgehen wird. Wir sind einfach eine Tourismusgemeinde.

Welche Dinge wollen Sie im Sozialbereich anpacken?
Wir sind beim Kindergarten vor einer großen Herausforderung gestanden, weil wir zu wenig Kinder hatten. Wir hätten Mitarbeiter entlassen müssen, aber wir haben eine Lösung gefunden. Die Kindergärtnerinnen arbeiten zwar alle weniger Stunden, aber dafür können sie im Team bleiben. Die Volksschul-Schließung ist kein Thema. Obwohl ich da skeptisch bin, die Sparschiene in Kärnten ist derzeit echt ein Wahnsinn und ich habe Angst davor, dass man die Infrastruktur so zerstört, dass es noch mehr Abwanderung geben wird, dass es nicht mehr lebenswert ist. Die Politik ist gefordert, sich Handschuhe anzuziehen und zu sagen 'So, das lassen wir uns nicht gefallen'. Ich glaube nicht, dass Kärnten zum Buhmann für ganz Österreich wird. Es waren alle mit dabei. Es war nicht alles richtig, was wir gemacht haben, aber es gibt auch andere Bundesländer, wo nicht alles richtig war. Ich weiß nicht, ob es so gescheit war, dass Pröll die Hypo rückgekauft hat, ob das nicht teurer war als der Verkauf. Aber wir werden die paar Jahre überstehen, in denen sie uns die Prügel hinwerfen.

Sie sind also zuversichtlich?

Immer. Für mich ist das Glas immer halb voll.

Gibt es Projekte in der Gemeinde, die vom Zahlungsstopp betroffen sind?
Auf jeden Fall. Unser Ziel wird es sein, die Brücke zu erneuern. Das ist ein Riesenprojekt. Wenn ich jetzt sehe, dass nicht mal ein paar Tausend Euro möglich sind, dann weiß ich nicht, wie wir mit Millionen umgehen werden. Die Brücke ist einfach sanierungsbedürftig und sie gehört nicht nur dem Weißensee, sondern auch dem Land und dem Bund.

Wie groß wäre diese Investition?
Wir reden von fünf bis acht Millionen Euro, nur dieses Projekt. Es gibt ja auch noch andere. Der Anteil wird voraussichtlich gedrittelt. Wir wollen auch ein Elektrofloß und den Naturpark weitertragen. Auch einen Wandersteig am Ostufer, wo man bei den Steinwänden auf einem Steg vorbeigehen kann, weil es einfach lässig ist, wenn man am türkisblauen Wasser vorbeigehen kann und man nicht auf den Hügel rauf muss. Ich könnte eine Schublade öffnen, da sind noch viele Projekte drin.

Wie stehen Sie zum Thema Asylwerberheim in der Gemeinde? Im Gitschtal existiert bereits eines.
Wenn ein privater Betreiber das macht, hat die Gemeinde gar keinen Einfluss. Wenn es gesetzeskonform ist, kann und will ich nichts tun. Es ist auch wichtig, dass man diesen Menschen hilft, es wird immer schwieriger. Diese Flut von Flüchtlingen ist ja nur der Anfang, es wird noch schlimmer werden. Irgendwann wird sich jede Gemeinde damit auseinandersetzen müssen und dann etwas tun. Ich bin der Meinung, auf jeden Fall ja mit offenen Armen, aber nur dann, wenn es gesetzlich so geregelt ist, dass sie auch mitarbeiten können. Sie können die Kinder in die Schule geben und sind bereit, sich in das Schema einzufügen, dann gibt es überhaupt keine Diskussion. Wenn es nicht geregelt ist, wenn sie nur da sind und Unterkunft haben und nicht arbeiten dürfen und einfach abgeschoben werden, dann definitiv nein.

Das ist das Problem, Asylwerber dürfen nicht arbeiten...

Das ist der Fehler von der Politik, das gehört geregelt. Dieser Fehler wurde bereits vor vielen Jahren gemacht. Wenn man damals gesagt hätte, Leistung wird belohnt, dann hätten wir jetzt nicht so viele Arbeitslose und nicht so viele Gesetze, die den Unternehmer immer mehr einschränken. Das ist das Problem, das absolute Versagen der Politik und das Abwälzen auf die kleinen Strukturen. Den Klein- und Mittelbetrieben, die Österreich aufrecht erhalten, werden Handschellen umgelegt. Die Rechnung wird präsentiert werden, doch dann werden die Politiker nicht mehr da sein, die das entschieden haben und auch nicht die Unternehmer, die leider dann zugrunde gegangen sind. Es muss ein Umdenken her und es muss Leistung bezahlt werden. Wenn jemand arbeiten will, muss er die Möglichkeit zur Arbeit und zum Geldverdienen haben. Gerade im Tourismus.

Sie sind ja Touristiker. In der letzten Gemeinderatssitzung ging es um eine Neustrukturierung im Tourismusbüro und die Ausschreibung der Nachbesetzung von Arno Kronhofer jun. Gibt es bereits geeignete Kandidaten?

Es gibt geeignete Kandidaten, aber sie sind überqualifiziert, dass wir sie uns finanziell nicht leisten können. Das ist das Problem. Es gibt sehr gute Leute, aber es ist im Moment in der Struktur, die wir jetzt haben, nicht finanzierbar. Wir arbeiten aber an einer Umstrukturierung und wir werden es möglich machen, dass wir die besten Leute haben, die für uns arbeiten können, damit unsere Vermieter und Unternehmer zufriedenstellen und eine gute Auslastung am Weißensee haben.

Wie ist das Büro derzeit organisiert?
Wir haben derzeit eine Tourismusobfrau, Almut Knaller, die sich bereit erklärt hat, diese Lücke im Moment zu füllen und sie hat zwei sehr starke Gehilfen dabei, das sind Christian Lilg vom Nagglerhof und Hannes Müller vom Hotel Forelle. Wir haben gute Leute in allen Fraktionen eingeteilt. Wir haben auch alle Ausschüsse mit Fachleuten besetzt.

Wie soll sich die Gemeinde in Zukunft positionieren?
Wir sind auf einen guten Weg. Der Naturpark ist ein Zukunftsprojekt, das wir weiter verfolgen werden. Unser Ziel wird es sein, eine höhere Auslastung zu erreichen, den Grundpreis an die Leistung anzupassen und dann haben wir eine große Zukunft. Wir haben gezeigt, dass wir gastronomisch und touristisch eine Vorreiterrolle haben und innovativ sind. Das werden wir weitertragen. Wir kämpfen schon auch um jeden Gast.

Wie ist die Auslastung derzeit, wo will man hin?

Wir würden gerne wieder auf die 500.000 Nächtigungen kommen, die wir vor Jahren schon hatten. Derzeit sind es rund 420.000. Das variiert ja immer. Die Randgebiete werden unter dem Tourismus sehr leiden, weil die Zahlen rückläufig sein werden. Inselorte oder Nischenprodukte, wie der Weißensee einer ist, werden dann doch noch mehr vom Kuchen abbekommen. Die Leute fahren trotzdem auf Urlaub und auch wenn sie das Geld dafür aufnehmen. Sie bleiben nicht zuhause. Man muss mal weg.

Wie dämmen Sie Zweitwohnsitze in der Gemeinde ein?

Das ist in jedem touristischen Ort ein Problem. Es ist kalte Betten. Kalte Betten sind für den Tourismusort sehr schlecht, weil die Infrastruktur nicht bereichert wird. Es gibt sehr viele Menschen, die solche Anlagen kaufen und warten, bis der Preis steigt, um sie weiterzuveräußern. Aber das hat keinen touristischen Nutzen. Man will es natürlich eindämmen. Wir widmen zum Beispiel nicht alles. Wir bleiben auf unserer Linie. Wenn jemand die Möglichkeit hat, einen Grund zu kaufen, das zu machen und wenn er im gesetzlichen Rahmen bleibt, dann können wir es ohnehin nicht verhindern. Riedergarten macht derzeit eine Anlage. Ich bin dafür und dagegen. Das werden 16 Wohnungen auf einem Grundstück, das jahrelang nicht genutzt wurde und das wird nun revitalisiert. Das finde ich wiederum positiv. Schöner wäre natürlich ein Hotelbetrieb gewesen, aber es ist so auch okay für uns.

Welche Dinge haben oberste Priorität, umgesetzt zu werden?
Die weitere Zusammenarbeit mit der Region NLW (Nassfeld-Lesachtal-Weißensee), unsere touristische Kooperation, die uns das Land vorgeschrieben hat. Wir sind da grundsätzlich zufrieden, aber im Moment haben wir hier nicht die idealste Lösung für alle Beteiligten. Wir versuchen, das nun zu ändern.

Woran liegt es?

Durch diese Situation hat der Weißensee zu wenig Marketingbudget für sich selbst. Weißensee ist eine touristisch zu starke Gemeinde, dass wir sagen können, wir können dies unter einer eigenen Dachmarke machen. Wir müssen eigenständig bleiben. Das ist uns sehr wichtig. Derzeit zahlen wir zwei Mal, einmal an die NLW und einmal brauchen wir am Weißensee auch das Geld und da bleibt dann zu wenig für unser Marketing übrig. Das müssen wir ändern und wir werden eine Lösung finden, die ein für alle gangbarer Weg ist.

Wo fährt ein Hotelier vom Weißensee hin auf Urlaub?
Überall, wo es schön ist. Ich bin fast am liebsten zuhause, da ich ja am schönen Weißensee lebe. Ich genieße das sehr. Ich schaue mir ja auch sehr viele Hotels an, in Kärnten und Südtirol, um auch zu lernen und sich weiterzubilden. Ich kopiere nie, aber ich mache es ähnlich, wenn mir etwas gut gefällt.

Zur Person:

Name: Gerhard Koch
Geburtstag: 17. Juni 1970
Familie: Verheiratet, 3 Töchter
Beruf: Hotelier
Hobbies: Golfen, Motorrad fahren, Sport (Nordic Walking, Mountainbiking)
Lebensmotto: Nütze den Tag
Die Kärntner Politik ist....: Ein offenes Buch
Als Bürgermeister...: mit großen Schritten der Gemeinde vorgehen
Was mich als Bürgermeister auszeichnet, ist...: Offenheit, Gleichberechtigung bei allen, Zielstrebigkeit

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