Durch das Cottage der Fremdenführerin
Barbara Wolflingseder lebt seit Ende der 1980iger Jahre in Währing. Mit der bz war sie im Cottage unterwegs, einem der schönsten Grätzel im Bezirk.
Ihre Liebe zu Wien und Wiener Geschichte(n) war auch der Grund, warum die gebürtige Linzerin hierher zog. Sie besuchte die Schauspielschule, dann kam Tochter Philomena zur Welt, mit der sie bis heute eine hübsche, kleine Altbauwohnung am Aumannplatz bewohnt. Barbara Wolflingseder moderierte Radio-Sendungen wie das Radiokolleg, hielt Workshops und Seminare an Schulen, verfasste Hörspiele. Seit 2002 produziert sie Hör-CD´s zur Wiener Bezirksgeschichte, darunter eine zu Währing, in der auch der unvergessliche Heinz Hollecek zu Wort kommt. 2004 erscheint ihr erfolgreiches Buch "Kollege kommt gleich - Wiener Taxigeschichten" inklusive Lexikon der Wiener Taxler-Sprache, in der längst vergessene Alt-Wiener Sprüche noch lebendig sind und sie moderiert seit 2005 den monatlichen "Poetry-Slam" im Theater am Alsergrund. Ihr neuestes Buch „Dunkle Geschichten aus dem Alten Wien: Abgründiges & Mysteriöses“ erschien im November 2012 im Pichler Verlag.
Geschichtensammlerin aus Leidenschaft
„Ich habe 2006 die Fremdenführerprüfung abgelegt und bin in ganz Wien mit verschiedenen von mir gestalteten Themenführungen unterwegs“, erzählt Wolflingseder. „Da tauchen bei der Recherche natürlich viele unbekannte, interessante Geschichten auf, die ich dann erzähle und die in meine Bücher einfließen.“ Einer der beliebtesten Spaziergänge ist der durchs Währinger Cottage, der im April, Mai, September und Oktober immer sonntags um 11 Uhr stattfindet. „Ich liebe Währing, es ist so facettenreich, beheimatet viele schrullige Menschen, zu denen ich mich auch zähle“, lacht sie und betont, dass sie den Bezirk nach ihrem stressigen Job einfach zum „Heimkommen und Relaxen“ braucht. Dabei genießt sie ihren eigenen kleinen Garten und das benachbarte Cottage, um sich „zu erden“. Eine Kostprobe der zweistündigen Tour konnte jetzt die bz genießen. (Infos unter www.wolflingseder.at)
Von Lenin am Dach zu Oskar Wilde
„Hier haben viele Künstler gewohnt, sind Kontakte, Ehen entstanden, haben sich familiäre Dramen abgespielt, aber auch große Feste.“ Auf dem Weg zur Sternwarte, die als "Sternen-Theater" von den berühmten Theater-Architekten Fellner und Helmer Ende des 19. Jhrhunderts errichtet wurde, deutet sie auf den Kopf einer alten Lenin-Statue, der heute von einer Dachterrasse der Haizingergasse herunterschaut: „Nach der Wende wurden auch in Budapest die Statuen zerschlagen. Von dort stammt der über einen Meter große Riesenschädel.“ In der Sternwartestraße 70 lebte Dirigent Karl Böhm, auf Nr. 71 Arthur Schnitzler. Besonders prächtig: Die schönbrunngelbe Villa Schmutzer aus 1909/10 mit dem riesigen Garten in der Sternwartestraße 62-64. Auch die Weimarerstraße beheimatete zahlreiche Prominente: Klaviervirtuose und Komponist Theodor Leschetitzky auf Nr. 60, dessen Garten Oskar Wilde bei seinem Wien-Aufenthalt zum "selbstsüchtigen Riesen" inspiriert haben soll. In der Weimarerstraße 68 lebte von 1860 bis 1904 der Begründer des modernen Zionismus Theodor Herzl. Heute residiert hier die thailändische Botschaft. In der Cottagegasse 37 wohnte bis 1938, als er vor den Nazis in die Schweiz flüchten musste, "Bambi" und Mutzbacher"-Autor Felix Salten und in der Colloredogasse 30 wohnt seit den 1970igern der Maler und Musiker Arik Brauer, der seine Hauswände mit bunten Wandgemälden geschmückt hat. „Das sind nur einige Beispiele, man kann Tage hier verbringen, und immer noch neues „Altes“ entdecken“, ist unsere Fremdenführerin überzeugt.
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