Alsergrunderinnen reagieren auf den Anschlag
Hass wird uns nicht spalten

- Etwa 2.000 Menschen versammelten sich am 5. November zur gemeinsamen Gedenkveranstaltung der Jüdischen Österreichischen HochschülerInnen, der European Union of Jewish Students und der Muslimischen Jugend Österreich.
- hochgeladen von Christine Bazalka
Vier Menschen, die im Neunten leben oder arbeiten, erzählen von ihrer Antwort auf den Terroranschlag vom 2. November und wie es ihnen geht.
ALSERGRUND. Hunderte Kerzen leuchten dort, wo drei Tage zuvor ein Attentäter vier Menschen ermordet hat. Jüdische und muslimische Jugendliche sowie viele andere, die von dem Terroranschlag erschüttert sind, gedenken gemeinsam dieser Toten. Die Kundgebung vergangenen Donnerstag war einer der Zeitpunkte, an denen die Stadt mit ihrer Heilung begonnen hat. Mitorganisiert wurde sie von Victoria Borochov, die im Vorstand der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen ist. Sie und drei andere Menschen, die am Alsergrund leben oder arbeiten, erzählen von ihrem Umgang mit dem Anschlag.
Victoria Borochov, Jüdische österreichische HochschülerInnen:
"In Wien bin ich aufgewachsen und hier fühle ich mich sicher. Ich bin Teil der florierenden jüdischen Gemeinde und gehe zu den Feiertagen in den Tempel in der Seitenstettengasse. Als ich vom Anschlag erfahren habe, war meine Angst überwältigend. Doch wir lassen uns nicht einschüchtern und haben mit der Muslimischen Jugend und der European Union of Jewish Students als Zeichen des Zusammenhalts eine Gedenkkundgebung organisiert. Die Vorbereitung war belastend, und es hat nur funktioniert, weil alle zusammen geholfen haben. Aber es hat sich gelohnt: Es kamen 2.000 Menschen und es war ein beeindruckendes Zeichen."
Aysun Celik, Jugendzentrum 9:
"Wir sind für die Jugendlichen mobil, online auf verschiedenen sozialen Netzwerken und mit Journaldiensten im Jugendzentrum erreichbar. In den Gesprächen mit den Jugendlichen stellte sich heraus, dass der Anschlag sie sehr beschäftigt. Niemand hätte damit gerechnet, dass so etwas in Wien passieren könnte. Viele haben leider Fotos und Videos, die im Umlauf waren, gesehen und hatten dadurch konkrete Bilder im Kopf. Sie waren von der Tat schockiert. Wichtig für uns war, die Jugendlichen zu sensibilisieren, sich keine Videos von dieser Nacht anzuschauen, die Dateien zu löschen und Videos und Bilder nicht mit Freunden zu teilen. Auch Fake News beschäftigen uns intensiv: Wir unterstützen Jugendliche dabei, Falschmeldungen zu erkennen und seriöse Informationsquellen zu finden. In unserer täglichen Arbeit und noch mehr in Zeiten wie diesen kommunizieren wir, dass sie alle ein Teil von Wien ist und dass wir zusammenhalten sollen. Weder Hass noch Fakenews sollen uns, Wienerinnen und Wiener mit unterschiedlichen Backgrounds, spalten. Wir arbeiten präventiv gegen Radikalisierung und machen Ausgrenzungsmechanismen zum Thema. Unser Lieblingshashtag ist #wienhältzusammen. Aufgrund des Lockdowns können wir im Moment keinen offenen Betrieb mit Programm anbieten, jedoch bieten wir Journaldienste an, die auch gerne angenommen werden."
Natascha Smertnig, Weisser Ring: "Der Terroranschlag hat mich sehr betroffen gemacht. Dass mitten im Herzen Wiens, genau an dem Ort, den wir alle mit abendlichen Treffen und positiven sozialen Kontakten in Verbindung bringen, auf Menschen geschossen wurde, hinterlässt ein Gefühl großer Unsicherheit. Mein persönlicher Ausgleich ist Sport. Mir hilft aber vor allem das Wissen, dass ich mit meiner Arbeit hier beim Weissen Ring dazu beitragen kann, die Menschen zu unterstützen, die vor Ort waren. Der Weisse Ring betreibt im Auftrag des Justizministeriums den Opfer-Notruf 0800 112 112, der Betroffenen rund um die Uhr zur Verfügung steht. Während der Bürozeiten sind unsere Expertinnen und Experten im Wiener Büro in der Alserbachstraße 18 erreichbar. Wir ersuchen vorab um Terminvereinbarung unter der Telefonnummer 01/712 14 05. Beratung und Unterstützung durch sind für die Betroffenen immer kostenlos. Das Angebot reicht vom entlastenden Gespräch über die Beratung zu den Rechten nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) bis hin zu konkreter, rascher Hilfe.
Der Weisse Ring berät und unterstützt alle Opfer von Straftaten. Das bedeutet im Zusammenhang mit dem Terroranschlag, dass wir allen zur Verfügung stehen, die vor Ort waren und mit den Folgen des Erlebten kämpfen. Spendengelder ermöglichen es uns, ganz individuell genau die Maßnahmen anzubieten, die Betroffene brauchen. Wer dabei helfen möchte, kann das mit einer Spende tun, entweder online unter www.weisser-ring.at/spenden oder per Überweisung auf das Spendenkonto (IBAN: AT88 6000 0000 0101 6000), Verwendungszweck „Terroranschlag“.
Das Jahr 2020 ist ja insgesamt kein einfaches. Bereits vor dem 2. November hatte uns die Coronakrise mit ihren Auswirkungen einen Ausnahmezustand beschert. Der Terroranschlag setzt da noch eines drauf und hat uns in einer Art Schockzustand zurückgelassen. Jeder positive Schritt, den wir als Gesellschaft gemeinsam setzen, kann uns hier wieder heraus helfen. Wichtig ist jetzt, trotz der notwendigen Einschränkung sozialer Kontakte füreinander da zu sein."
Ute Fragner, Verein WUK:
"Dass Wien zusammenhält, wurde durch die Reaktionen der Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner auf den Anschlag deutlich. Der gelebte Zusammenhalt steht auch im WUK an oberster Stelle. Wir verstehen uns als Raum für die gelebte Verbindung von Kunst, Politik und Sozialem. Wir werden gemeinsam durch diese doppelte Krise kommen. Die Bildungsangebote und die kulturellen Möglichkeiten im WUK können dabei helfen, die Krisen nicht nur gut zu verarbeiten, sondern sind auch dabei, Gewalt, die in Minderwertigkeits- und Ohnmachtsgefühlen wurzelt, gar nicht entstehen zu lassen. Im WUK arbeiten Menschen kreativ und solidarisch zusammen, die sich im Alltag nur selten begegnen."





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