Alsergrund
Wie ungemähte Wiesen die Wildbienen im Alten AKH retten
Einige Wiesen am Campus des Alten AKH bleiben naturbelassen, um Wildbienen zu retten. Künftig könnten es mehr werden.
WIEN/ALSERGRUND. Unweit vom Narrenturm im Alten AKH gibt es eine Wiese, die nicht gemäht wird. Etwas braun und wild sieht sie aus; manch einer glaubt vielleicht, sie sei ungepflegt. Aber so ist es gar nicht. Diese Wiese wird bewusst so belassen, um die Biodiversität zu fördern: das heißt, möglichst viele Lebewesen wie Pflanzen, Insekten und andere Tiere sollen hier überleben können.
Dafür setzt sich die Alsergrunderin Isabella Klebinger ein, die Raumplanerin und Klimaschutzaktivistin ist schon länger am Alten AKH aktiv. Hier hat sie zusammen mit anderen etwa den "Grätzlgarten Alsergrund" hinter dem Narrenturm ins Leben gerufen. In diesem setzt die Gruppe diverse wilde Pflanzen an, von Brennnesseln bis hin zu Rosmarin, die sonst nur wenig Lebensraum in der Stadt bekommen.
Für ihre Bemühungen und Projekte rund um den Schutz von Wildbienen hat Klebinger außerdem einen Klimaschutzpreis bekommen – und darum geht’s auch bei der Wiese am Narrenturm.
Bedrohte Tierarten am Alsergrund
"Weil es immer heißer wird, haben es auch viele Tiere bei uns immer schwerer – zum Beispiel die sympathischen und an gemäßigte und kühle Klimazonen angepassten Hummeln", erklärt Klebinger. Ihr System ist nicht für über 30 Grad gemacht, sie fallen an heißen Tagen als Bestäuber aus. Gerade in Sommern wie diesen, wo es oft auch um die 35 Grad bekommt, können die Hummeln Pflanzen nicht mehr anfliegen und Nahrung in Form von Pollen und Nektar sammeln. Gemähte Wiesen verstärken das Hitzeproblem dabei noch weiter, zudem finden Bestäuber dort keine Blüten und somit kein Futter vor.
Auch für andere Wildbienen sind gemähte Wiesen aus mehrfacher Sicht ein Problem. Diese leben nicht in Stöcken wie die Honigbienen, sondern meist einzeln in einem Bau. "Sie nisten in Pflanzenstängeln, in Totholz und vor allem auch in Nestern im Boden. Wenn eine Wiese ständig gemäht wird, gibt es dort zu wenig Futterangebot und weniger Nistmöglichkeiten für die ökologisch wertvollen Tiere.", erklärt Klebinger: “Außerdem sterben Tiere nicht nur an den Folgen, sondern auch unmittelbar durch das Mähen.”
Deshalb hat sich Klebinger sowohl allein als auch gemeinsam mit der Gruppe “Öko Campus Wien” dafür eingesetzt, dass wertvolle Grünflächen im Alten AKH und an anderen Orten in der Stadt nur mehr zweimal im Jahr insektenfreundlich gemäht werden. “Davon profitiert die Artenvielfalt insgesamt und auch das Mikroklima, bzw. auch der Boden”, sagt sie.
Tatsächlich gibt's daher im Alten AKH und im Bezirk mehrere Wiesen, die weniger oft und nur abschnittsweise gemäht werden. So etwa die Wiese beim Narrenturm, im Garnisonshof, aber auch in anderen Höfen gibt es kleine und größere solcher unberührter Flecken.
Rund 50 Wildbienenarten im Alten AKH
Das zeigt auch Erfolge: Alleine im oben erwähnten Alsergrunder Grätzlgarten konnte die Wildbienenforscherin Julia Lanner im Jahr 2017 so etwa 49 Wildbienenarten nachweisen, die sich dort angesiedelt haben – in ganz Wien gibt es zirka 465 Arten. Österreich ist laut Klebinger in Sachen Wildbienenvielfalt in Mitteleuropa übrigens ganz vorne dabei, weil es hier mehrere Klimazonen gibt, in denen unterschiedliche Arten leben können.
Unterstützung von der Bezirksvorstehung
Dabei hat sie auch die Unterstützung von Bezirksvorsteherin Saya Ahmad (SPÖ), die dem Thema sehr offen gegenübersteht. „Klima- und Artenschutz beginnen auf lokaler Ebene und werden im 9. Bezirk groß geschrieben", sagt sie: "Deshalb setzen wir uns für mehr naturbelassene und artenreiche Grünflächen am Alsergrund ein.“ Beim Grätzlgarten Alsergrund wurde daher kürzlich eine Infotafel eröffnet, die über Wildbienen informiert, von der Klimaschutzpreisträgerin initiiert und gestaltet und mit wissenschaftlicher Beratung von Julia Lanner umgesetzt wurde.
Ahmad kündigt nun aber auch an, im ganzen Bezirk weitere solche Flächen einrichten zu wollen. "Im Herbst lade ich zu einem Treffen mit Expertinnen und Experten der Stadt und Universität ein. Gemeinsam werden wir überlegen, welche weiteren Maßnahmen wir umsetzen können", so Ahmad zur BezirksZeitung.
Gut möglich also, dass ungemähte, etwas wildere Wiesen bald zu einem gewohnten Teil des Alsergrund werden. Und die Wildbienen werden's wohl danken.
Fünf Tipps, wie du Wildbienen helfen kannst
Isabella Klebinger hat der BezirksZeitung auch einige Tipps verraten, wie du Wildbienen schützen kannst – wenn du zum Beispiel selber einen Balkon oder Garten hast.
- "Wer abgeschnittene Brombeer- oder Himbeerstängel senkrecht im Garten befestigt hilft Wildbienen", sagt sie. Denn darin können sich bestimmte Wildbienenarten Nester nagen. Insektenhotels helfen nur wenigen Arten.
- Wenn man einen Garten hat, kann man wilde Ecken, Totholzhaufen oder eine "Staffelmahd" versuchen. Bei einer insektenfreundlichen Staffelmahd wird abschnittsweise gemäht, sodass Teilbereiche bis zur nächsten Mahd stehen bleiben, einige auch über den Winter. So bleibt immer eine Rückzugsfläche für die Tiere erhalten, wo sie sich entwickeln können sowie genügend Blüten als Futter.
- "Küchenkräuter am Balkon oder Garten sind auch eine gute Methode, um Wildbienen zu ernähren", verrät Klebinger: "Oregano (Echter Dost), Rosmarin, Lavendel, Minze, Basilikum, Thymian, Salbei haben zum Beispiel auch Blüten, deren Pollen und Nektar Wildbienen und andere Insekten benötigen."
- Unbedingt sollte man auch einige Wildpflanzen oder -stauden im Garten wachsen lassen – Glockenblumen, Natternkopf, Löwenzahn bieten Futter. “Und Brennesselstängel, die auf ca. 35- 60 cm zurückgeschnitten werden, bieten beispielsweise hohle Nisträume für Wildbienenarten”, so Klebinger.
- Honigbienen sollte man übrigens nur bedingt halten – die stellen nämlich eine Nahrungskonkurrenz für bedrohte Wildbienen dar.
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