LINKS
Kurto Wendt im Gespräch – von der Hörlgasse und Pizza für alle
Kurto Wendt ist neuer LINKS-Bezirksrat am Alsergrund. Mit der BezirksZeitung hat er über seine Visionen geredet.
WIEN/ALSERGRUND. Der Alsergrunder Kurto Wendt ist seit dem Sommer der neue LINKS-Bezirksrat im Bezirk. Mit der BezirksZeitung hat er über seine Visionen für den Alsergrund geredet.
Seit kurzem sind sie der neue LINKS-Mandatar im Alsergrunder Bezirksparlament. Wie wollen Sie die neue Rolle anlegen?
KURTO WENDT: Wir sind ganz klar die linke Opposition. Die SPÖ behandelt den Bezirk als wäre er ihr Eigentum, dabei haben sie nur elf von 40 Mandaten. Wir bringen kreative Ideen ein und sorgen für öffentliche Transparenz.
Was sind wichtige Themen am Alsergrund für Sie persönlich?
Ein verkehrsberuhigter Musterbezirk, der ganze Bezirk eine Begegnungszone, ein sozialer öffentlicher Raum ohne Konsumzwang und Diskriminierung.
Wo sehen Sie potentielle Themen für LINKS am Alsergrund? Welche Themen stehen im Fokus Ihrer politischen Tätigkeit?
Raus mit dem motorisierten Verkehr, Parkplatzreduktion, mehr Fuß- und Radwege, öffentliche Toiletten, Begegnungsräume ohne Konsumzwang, Gratis Sport- und Kulturangebote. Soziale Wohnbauten statt Luxusdachgeschoß- und Prestigebauten. Queer-feministische und antirassistische Initiativen, um den Bezirk vielfältiger und lebenswerter zu machen.
Emotionen im Neunten
Aus welchem Grund möchten Sie sich für den Alsergrund engagieren? Wie würden Sie diesen Bezirk beschreiben?
„Grabe, wo du stehst“ heißt es in einem linken Spruch der 80er Jahre. Ich bin in der Zeit zum Studium nach Wien gekommen und wohne seit 1988 in derselben Wohnung in der Hörlgasse. Sich dort zu engagieren, wo man lebt und arbeitet, ist ein wichtiger Ansatz. Die Erfahrungen und emotionalen Zugänge sind direkter und intensiver.
Der Alsergrund ist wie ein Dorf und das, was man sozial durchmischt nennt. Das AKH als größter Betrieb, mit seinen sozialen Ungleichheiten, die bürgerlich Distinguierten rund ums Votivviertel, die Bobos im Servietenviertel und die Ärmeren im Lichtental. „Ein gutes Leben für alle“ hier durchsetzen heißt, genau hinschauen und Privilegien radikal abbauen und umverteilen.
Wieso haben Sie eine politische Laufbahn eingeschlagen? War es immer schon Ihr Wunsch, sich politisch zu engagieren? Haben Sie davor einen anderen Beruf ausgeübt?
Ich war immer ein politischer Mensch, angetrieben von einem starken Gerechtigkeitswunsch und der Lust zu performen. Klassensprecher und Schultheater waren eine ideale Kombi. Ich bin aber kein Politiker, es sollte den Beruf des Politikers eigentlich nicht geben. Jede und jeder sollte arbeiten, Kunst machen, Care-Arbeit leisten und Politik. Dann käme es nicht zu solchen Deformationen, wie wir sie aktuell erleben. In meinem Hauptberuf bin ich Lektor in einer Nachrichtenagentur und engagiere mich dort auch als Betriebsrat.
Mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich am Alsergrund konfrontiert?
Es ist gar nicht so leicht, da der Bezirk eigentlich formal wenig Handlungsspielraum hat. Wenn die Stadtregierung und die Magistratsabteilungen Nein sagen, kann der Bezirk wenig machen. Beispiel Hörlgasse: Die SPÖ ist aktiv und glaubhaft für den Rückbau auf zwei Fahrspuren und die Stadträtin Sima (SPÖ, Ulli Sima, Stadträtin für Innovation, Stadtplanung und Mobilität, Anm.) verweigert jede Form der Entlastung, insbesondere seit sich das Bezirksparlament gegen den Lobautunnel ausgesprochen hat.
Was war Ihre bisherige Rolle im Bezirksparlament oder in der Bezirkspolitik?
Ich war noch kein Mandatar, aber schon lange mit den progressiven Parteien im Bezirk in Verhandlungen, weil ich Sprecher der Bürger:inneninitiative „Allee Hopp“ bin, die eine Verkehrsberuhigung der Hörlgasse seit neun Jahren engagiert fordert. Da haben alle geschaut, wie wir 2016 von Stadträtin Vassilakou (Maria Vassilakou, Grüne, Anm.) das 30-er-Schild überreicht bekamen. Seitdem ist die Hörlgasse die einzige dreispurige Straße Österreichs mit einer 30km/h Beschränkung.
Lösungsansätze diskutieren
LINKS hat sich mit Projekten wie „Gratis Pizza im Bezirk“ einen Namen gemacht. Wird es ähnliche Aktionen geben, was erhofft man sich davon?
Das Prinzip „Küche für Alle“ (KÜFA) bringt Leute zusammen. Gerade in Zeiten, wo Bundeskanzler erklären, dass arme Leute selbstverantwortlich sind und ihren Kindern einen Burger holen sollen, halten wir dagegen, in dem wir einmal im Jahr die sozialen Ungleichheiten vergessen lassen und gratis Pizza in bester Qualität von der kleinen Pizzeria Billini verteilen und mit den Menschen gemeinsam lachen und Sorgen teilen und Lösungsansätze diskutieren. Wenn alle Vereine und Parteien das nachmachen würden, könnte jeden Tag irgendwo gratis gegessen werden. Das wäre ein Traum. Die nächste „Pizza für Alle“-Aktion ist am Sonntag, 29. Oktober, 14 bis 17 Uhr.
Sie haben bei der vergangenen BV-Sitzung verkündet, ihr „Gehalt“ spenden zu wollen. Wer kann da mitmachen, wie funktioniert das?
Ich bekomme im Monat 500 Euro für die politische Arbeit, der Bundeskanzler 23.000. Wir haben als LINKS-Gruppe beschlossen, die 500 Euro jeden Monat zu verlosen als Mietkostenzuschuss. Teilnahmeberechtigt sind alle, die am Alsergrund wohnen und mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Miete/Gas/Strom ausgeben müssen. Details dazu gibt’s auf www.links.wien
An jedem 9. des Monats, beginnend mit 9. November, machen wir Sozialberatung im Billini von 18 bis 20 Uhr und anschließend werden jeweils zwei mal 250 Euro verlost. Wie funktioniert das? Einfach die Mitmachpostkarte ausfüllen, an Links schicken oder im Billini (Porzellangasse 62, Anm.) abgeben und jeden Neunten des Monats werden nach der Sozialberatung die Gewinnenden bekannt gegeben.
Bei der Wahl 2020 haben wir als Partei, die gerade mal neun Monate alt war, das zweite Mandat um nur 22 Stimmen versäumt. Wir haben viel gelernt und sind mittlerweile bekannt im Bezirk. Ich denke, wir können 2025 drei bis vier Mandate machen und dann viel mehr für und mit benachteiligten Menschen tun. Ein Skandal ist, dass so viele Menschen in Wien das Wahlrecht nicht besitzen, nur weil sie eine andere Staatsbürgerschaft haben. Das wollen und müssen wir ändern.
Was wären für LINKS im Bezirk drei Themen, die Sie schnell umsetzen würden, wenn sie könnten?
Tempo 30 und Begegnungszonen im gesamten Bezirk, selbstverwaltete Grätzlzentren ohne Konsumzwang als Begegnungsräume für alle, Wohnungsbaugenehmigungen nur mit Auflage und mindestens zwei Drittel soziales Wohnen mit Mietendeckel.
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