Nitsch, Muehl und Co.
Im Perinetkeller hat jede Kunst ihren Platz
Der Perinetkeller gilt seit jeher als Kultort der Aktionisten. Er ist als Privatraum offen für jede Kunstrichtung.
WIEN/BRIGITTENAU. Der Eingang des Perinetkellers ist unscheinbar: Eine graue Eisentür in der Perinetgasse 1 verbirgt steile Stufen und einen rechteckigen Raum mit Gewölbe. So bescheiden sich die Räumlichkeiten darstellen, so spannend ist ihre Vergangenheit. Denn Wiener Aktionisten wie Otto Muehl, Hermann Nitsch, Günther und Anna Brus oder Adolf Frohner führten hier ihre Material- und Körperaktionen durch.
Ob Männerklausur, Blutorgel oder Vietnam-Party: Die Künstler wollten mit ihren Arbeiten die gesellschaftlichen Einschränkungen sinnlicher Erfahrungen aufheben. Doch 1970 wurde der Perinetkeller geschlossen. 2014 kam schließlich die Entrümpelung und Wiederherstellung des Ursprungszustands des Kellerateliers.
Subkultur ohne Kommerz
„Zunächst wurde der Keller vom Kulturamt der Stadt Wien dem Aktionsradius Wien am Gaußplatz angeboten, bevor ich ihn 2016 als privaten Veranstaltungsraum mieten konnte“, berichtet Robert Sommer. Gemeinsam mit rund zehn Interessenten bildet er das "Institut ohne direkte Eigenschaften" (kurz IODE).
In den Räumlichkeiten will man subkulturelle, gegenkulturelle und nicht kommerzielle Projekte ermöglichen. Dabei erklärt Victor Halb, Mitglied des Keller-Kollektivs: „Eine kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit der Kunst der Vergangenheit ist uns wichtig nach dem Motto: Können Arschlöcher gute Kunst machen?“
Bis zu 120 Gäste
Mittlerweile prägt ein bunter Veranstaltungsreigen den Ort – von Impulsreferaten über Lesungen, Musik, Vorträge bis zu Projektpräsentationen und Vernissagen. „Der Perinetkeller wird in einer vom IODE basisdemokratisch bestimmten Intensität und Dauer zeitgenössischen Künstlern und Gruppen jedes künstlerischen Genres zur Verfügung gestellt“, erklärt Halb. Der Keller punktet mit einer sehr guten Akustik. Dabei nimmt IODE stets Rücksicht auf die Bewohner des Grätzls. Deshalb endet jede Veranstaltungen pünktlich um 22 Uhr.
Bis zu zehn Veranstaltungen pro Monat gab es ursprünglich, seit der Pandemie ist die Anzahl geringer. Besucherrekord waren 120 Gäste, die aus jeder Alters- und Sozialschicht kamen. Neue Künstler und neue Mitwirkende sind jederzeit willkommen. „Aber auch Besucher“, lacht Erika Parzer vom IODE. Schließlich werden die Künstlerhonorare und die Aufwendungen für Miete, Getränke und Strom durch freiwillige Spenden gedeckt. Alle Mitglieder arbeiten ehrenamtlich.
Der Perinetkeller befindet sich in der Perinetgasse 1. Das aktuelle Programm und ein Kontaktformular finden Sie unter www.perinetkeller.at
Mehr aus der Brigittenau:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.