Sensationsfund in der Römerstadt

- Virtuelle Rekonstruktion der Castra Singularis.
- Foto: 7reasons / IKAnt / LBI ArchPro
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Die Auswertung der Ergebnisse des Projekts „Gesamtprospektion Kernzone Carnuntum“ förderte nach der Entdeckung der Gladiatorenschule und den frühesten Marschlagern einen neuen Sensationsfund zutage. Am westlichen Ortsrand von Bad Deutsch-Altenburg konnten die unmittelbar an den Statthalterpalast angrenzenden Gardequartiere der Leibgarde des Statthalters identifiziert werden. Es ist dies bislang der einzige in dieser Eindeutigkeit und Dimension nachweisbare Fund im gesamten Gebiet des ehemaligen Imperium Romanum.
Carnuntum, diese einzigartige Kulturlandschaft Niederösterreichs zwischen Wien und Bratislava, ist die mit Abstand größte archäologische Landschaft Mittel- und Südosteuropas. Beinahe die gesamte römische Stadt, die einst über 10 km2 bedeckte, ist heute noch unter den Feldern und Weingärten der Orte Petronell-Carnuntum und Bad Deutsch-Altenburg erhalten.
Das Land Niederösterreich hat mit dem Projekt „Gesamtprospektion Kernzone Carnuntum“ nicht nur international neue wissenschaftliche Maßstäbe gesetzt, sondern auch für die Bereiche Raumordnung und Bodendenkmalpflege ein Modell erstellt, wie im Einvernehmen zwischen Geschichte, Raumplanung und Wirtschaft Zukunftsmodelle erstellt werden können. Im Auftrag des Landes Niederösterreich wurde die Kernzone von Carnuntum vom Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) in enger Zusammenarbeit mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik und dem Institut für Kulturgeschichte der Antike der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit Magnetfeldsensoren und Bodenradar durchleuchtet. Derzeit wird der riesige Datensatz wissenschaftlich ausgewertet.
Neuer Sensationsfund
Die Auswertungen der Messergebnisse haben nach der Entdeckung der Gladiatorenschule im Jahr 2011 und den frühesten Marschlagern im Jahr 2014 als nächstes wissenschaftlich ausgewertetes Fallbeispiel einen bislang völlig unbekannten Befund an der westlichen Peripherie von Bad Deutsch-Altenburg kenntlich gemacht: im Südbereich des (bereits bekannten) Statthalterpalastes von Carnuntum konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass hier im direkten funktionalen Zusammenhang die Kasernen der Statthaltergarde (equites und pedites singulares) dem Statthalter der Provinz Pannonia Superior zur Verfügung standen.
Dies ist, wenn man das Imperium Romanum überblickt, bislang der einzige Standort, wo Statthaltersitz und seine „Bewachungstruppe“ verortet werden können und als Sensationsfund zu bezeichnen. Von keinem Limesort gibt es diesbezüglich archäologische Befunde, selbst in Rom sind die Hinweise auf die Prätorianergarde des Kaisers sehr mager.
Einzig eine kleine bauliche Struktur in Lambaesis/Algerien könnte auf einen ähnlichen Komplex für den dortigen Statthalter hindeuten, aber kein Vergleich zu den Daten aus Carnuntum! Durch die Entdeckung der neuen Quartiere ist nunmehr auch klar, warum der Statthalter der Provinz Pannonia Superior sehr sicher agieren konnte: er war zu seinem Schutz nicht auf die ständig im benachbarten Legionslager stationierten Soldaten der 14. Legion angewiesen, sondern konnte voll auf die von allen Limesstandorten der Provinz temporär abgestellten Truppeneinheiten vertrauen. Diese funktionierende Organisation mit ihrer Multikulturalität auf sehr hoher Ebene ringt auch heute noch Respekt ab.
Carnuntum hat damit innerhalb der Jahrhunderte, wo es in der damaligen Weltpolitik mitspielte, einmal mehr einen einzigartigen Befund für die römische Vergangenheit Niederösterreichs, auch Europas hinterlassen und kristallisiert sich damit immer mehr als eine der wichtigsten Städte des ehemaligen Römischen Reiches in Europa heraus. Und die Auswertungen der Messergebnisse durch das Land Niederösterreich und das LBI ArchPro sind noch nicht abgeschlossen!
„Dieser neuerliche Sensationsfund unterstreicht einmal mehr die historische Bedeutung des Kulturerbes Carnuntum und ist eine Bestätigung für das Land Niederösterreich, in die Erforschung und Präsentation der ehemaligen römischen Metropole zu investieren. Befunde wie dieser tragen dazu bei, Carnuntum noch mehr einem internationalen touristischen Publikum bekannt zu machen und die Bedeutung als kulturtouristischen Magnet weiter auszubauen“, zeigt sich Landesrätin Dr.in Petra Bohuslav begeistert.


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