Wird der Karl-Marx-Hof zur Gedenkstätte für Hugo Meisl?
Der Trainer des legendären „Wunderteams“ lebte bis 1934 in Döbling.
(tk). 60.000 Zuschauer auf der Hohen Warte. Das waren halt noch Zeiten aus Döblinger und gesamtösterreichischer Sicht. Ja, es gab Fußball auch lange vor Cordoba. Und was für einen.
Unsere Zauberer am Ball wurden in den 1930er-Jahren von deutschen Medien zurecht zum Wunderteam hochstilisiert. Einer, der dieses Wunder mit ermöglichte war Hugo Meisl: Im Jahr 1894 spielte er bereits für die Vienna. Vor dem Zweiten Weltkrieg machte er Österreich zum Fußball-Mekka, knapp achtzig Jahre später will Wohnbaustadtrat Michael Ludwig gemeinsam mit dem Wien Museum dessen Wohnung im Karl-Marx-Hof zur Gedenkstätte adeln.
Trainerlegende Meisl
Verdient hätte es sich Hugo Meisl allemal: Er hatte das Wunderteam trotz einiger Differenzen mit dem schmächtigen (und deshalb im Volksmund als „Papierener“ bekannten) Matthias Sindelar zusammengestellt. Am 16. Mai 1931 hieß der Gegner Schottland. Die auf dem Festland noch unbesiegten Briten kamen auf der Hohen Warte mit 0:5 völlig unter die Räder. Eine Sensation. Und eine Woche später putzten wir die Deutschen in Berlin mit 6:0. Cordoba zum Quadrat! Neben Sindelar ließ Meisl unter anderem Zischek, Gschweidl, Schall, Vogl und Torhüter Rudi Hiden auflaufen.
Acht Sprachen gesprochen
Drei Jahre lang bleibt Österreich dank Meisl ein Fußballgroßmacht. Er fungierte wegen seiner erstaunlichen Sprachkenntnisse (Deutsch, Tschechisch, Italienisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Holländisch und Schwedisch) auch als Vertreter Österreichs bei der FIFA. Unter seiner Mitwirkung entstand der Mitropa-Pokal als Vorläufer der Champions League sowie der Europapokal, der später in Europameisterschaft umbenannt wurde. Allein das 6:0 gegen Deutschland würde schon eine Gedenkstätte im Karl-Marx-Hof rechtfertigen. Da könnte der jetzige Teamchef Didi Constantini Siegesluft vom Feinsten atmen. Aber bevor Fußball-Jünger in die möblierte Vergangenheit der 1930er-Jahre eintauchen dürfen, müssen noch einige Punkte geklärt werden. „Bis zur Begutachtung der Fachleute durch Experten des Wien Museums wird die Wohnung nicht geräumt“, zeigt auch der Wohnbaustadtrat seine tiefe Verehrung für Hugo Meisl.
Zudem wird noch sondiert, wer die Gedenkstätte betreut und welche Ausstellungsstücke wirklich authentisch sind. Auf jeden Fall schwarz auf weiß ist ein weiterer Meisl-Meilenstein in der ÖFB-Geschichte: Revanche gegen Deutschland nach der Schmach von Berlin im neu erbauten Praterstadion: 5:0. Drei Tore und zwei Vorlagen von Sindelar. Cordoba hoch vier. Dass wir 1932 Europameister geworden sind, war damals nicht mehr wirklich ungewöhnlich. Bis heute blieb es der einzige Titel einer ÖFB-Auswahl.
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