Greissler-Sterben im Bezirk
Der Kampf um die letzten Nahversorger

- Während früher die Nahversorgung innerhalb der Gemeinden stark lokalisiert war, so müssen viele Einwohnerinnen und Einwohner heutzutage einen längeren Einkaufsweg in Kauf nehmen. Das Greissler-Sterben begann in den frühen 90er Jahren. In Oggau hingegen brummt das Geschäft.
- Foto: Manfred Moyses
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Einkaufen im Ort - das können viele Menschen im Burgenland nicht. Denn die Nahversorgung im ländlichen Raum wird immer lückenhafter. Zu hohe Energiekosten und die zunehmende Konkurrenz der Supermarkt-Ketten werden oft als Gründe genannt.
BEZIRK EISENSTADT. Früher war die Nahversorgung in vielen Gemeinden durch kleinere Gemischtwarenläden, Fleischereien und Bäckereien geprägt. Bauern produzierten ihre eigenen Lebensmittel. Der Handel war stark lokalisiert. Jedoch hat sich die Anzahl der Nahversorger in den vergangenen Jahren im Burgenland dramatisch reduziert. Gab es 1995 noch rund 700 Lebensmittelhändler, so waren es 2012 nur mehr 485. Im Burgenland müssen aktuell 52 Gemeinden ohne Nahversorgung auskommen.
Geschäft sperrt nach 100 Jahren
Hundert Jahre, mehrere Generationen, ein Dank. In der Triftgasse in St. Margarethen hat 2016 ein Lebensmittelgeschäft seinen Betrieb geschlossen. 1924 von Katharina Weixelbaum errichtet, 1961 vom Ehepaar Hahofer zum 1. Geschäft im Burgenland mit Selbstbedienung ausgebaut, war das Kaufhaus für die Nahversorgung der Ortsbewohner von großer Bedeutung, bis es für immer seine Türen schloss. Und die traurige Bilanz geht weiter...

- Im Burgenland müssen aktuell 52 Gemeinden ohne Nahversorgung auskommen.
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Energiekosten zu hoch
Die hohen Stromkosten trieben zahlreiche selbstständige heimische Lebensmittelhändler in die Verlustzone, so auch Nadja Artner-Petz vom Nah und Frisch in Schützen: „Es rentierte sich leider nicht, das Geschäft weiterzuführen, die Kosten sind einfach zu hoch. Ich hätte den Betrieb gerne weitergeführt." Seit Dezember 2022 war die Gemeinde auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger, jedoch vergeblich. Im Februar 2024 konnte die Bevölkerung schließlich aufatmen.

- Nachdem der Nah und Frisch im Dezember 2022 in Schützen schließen musste, öffnete ein Kastl Greissler seine Türen.
- Foto: Edi Wimmer
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Die ehemaligen Trafik in Schützen am Gebirge wurde zu einem KastlGreissler umfunktioniert. Laut Betreiber Schuschnigg Moritz wird der KastlGreissler gut angenommen. "Ich denke, es ist die gute Lage neben der Landesstraße, die durch den Ort führt und es sind die guten Parkmöglichkeiten direkt vor dem Kastlgreissler", so Bürgermeister Roman Zehetbauer. Auch die Kombination aus einem Zigarettenautomaten vor dem Gebäude, einem Bankomat im Gebäude und die Möglichkeit Einkaufen zu gehen scheinen erfolgversprechend.
Lange Suche nach neuen Betreiber
Den Greissler im Kastl gibt es derzeit an acht Standorten im Burgenland. Mit 31. Mai soll ein weiterer Standort in Breitenbrunn dazukommen. Die Bevölkerung konnte bis 2022 in einer Spar-Filiale ihren täglichen Einkauf erledigen. Jedoch musste der Besitzer wegen zu hohen Sanierungs- und Energiekosten das Handtuch werfen. Die Nachfolger-Suche bereitete der Gemeinde Kopfschmerzen. Bürgermeister Helmut Hareter vermutet, dass die zu hohe Konkurrenz der Supermarkt-Ketten dahintersteckt. "In Donnerskirchen und in Winden gibt es einen Billa. In Purbach einen Spar und einen Penny", fasst Hareter zusammen. Ein Nahversorger im Ort sei aber gerade für die ältere Generation von unschätzbarem Wert: " Viel haben kein Auto und sind abhängig von jemandem. Die Selbständigkeit geht dadurch verloren."

- Wegen zu hohen Sanierungs- und Energiekosten musste der Spar in Breitenbrunn schließen. Ein Nachfolger konnte nicht gefunden werden.
- Foto: MeinBezirk
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KastlGreissler feiert Comeback
Auch in Breitenbrunn gab es bis 2024 einen Greissler im Kastl. Nach nicht einmal einem Jahr wurde der Standort wieder dichtgemacht. Der Grund: zu wenig Umsatz. "Die Waren waren leider zu teuer und das Angebot wurde nicht nach Bedarf angepasst", ergänzt Hareter. Unter neuen Betreibern feiert die Revolution aus der Selbstbedienungsbox am 31. Mai ein Comeback. Bei einer Eröffnungsfeier kann man sich selbst von dem neuen, regionalen Sortiment überzeugen.

- In Breitenbrunn gibt es ab 31. Mai wieder einen KastlGreissler mit regionalem Sortiment.
- Foto: Breitenbrunn
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Zweiter Greissler für Hornstein?
In Hornstein gibt es ebenfalls einen KastlGreissler und einen Billa Supermarkt. Die Gespräche rund um einen weiteren Nahversorger laufen. Der geplante Standort ist, laut Bürgermeister Christoph Wolf, Teil eines größeren Bauprojekts, dessen Baustart derzeit noch nicht erfolgt ist. Einen weiteres Geschäft für die 3.300 Einwohner-Gemeinde zu finden, seit jedoch kein leichtes Unterfangen: "Der Wettbewerb ist enorm, gerade im ländlichen Raum. Viele große Ketten analysieren Standorte ausschließlich auf Basis von Einzugsgebieten – und da wird Hornstein oft als zu klein eingestuft." Auch Ludwig Kralits musste kürzlich seine Zuckerbäckerei schließen.

- In Hornstein gibt es einen Billa Supermarkt, der rund 800 Quadratmeter Verkaufsfläche bietet.
- Foto: BILLA / Dusek
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Geschäft in Oggau brummt
Für Manfred Moyses läuft in Oggau hingegen alles wie am Schnürchen. Der Nah und Frisch brummt. "Alles steht und fällt mit den Kunden. Je mehr Kunden das Geschäft besuchen, desto mehr Ware kann angeboten werden, desto frischer sind die Produkte, desto mehr kann auch wieder investiert werden", erklärt Moyses. Das Geschäft ist für die Bevölkerung nicht nur ein Ort zum Einkaufen, sondern auch ein sozialer Treffpunkt. Hier scheint, laut Moyses auch das Erfolgsgeheimnis zu liegen: "Wir stellen die nötigen Strukturen wie Kaffecke oder auch nur die "Zeit zum Reden" zur Verfügung. Mir kommt öfters zu Ohren, dass bei uns im Geschäft immer eine positive Stimmung herrscht und ein sehr großer Wohlfühlfaktor besteht."

- Insgesamt stellte das Land Burgenland rund 3,6 Millionen Euro an Fördermitteln in den letzten 10 Jahren zur Verfügung. Das Ziel: Die Nahversorger im Burgenland zu erhalten.
- Foto: Manfred Moyses
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Land unterstützt Nahversorger
Vom Land Burgenland wurden, gemeinsam mit der Wirtschaftsagentur Burgenland und mit Hilfe von Mitteln der EU und des Landes, in den letzten zehn Jahren etwa 150 Nahversorgungsbetriebe im ganzen Burgenland unterstützt. Dabei wurden Maßnahmen wie Neu-, Zu-, Umbau oder Modernisierungen von Verkaufsräumen, Investitionen in Einrichtung und Ausstattung sowie Kühlgeräte und Digitalisierungsinitiativen umgesetzt. Insgesamt wurden rund 3,6 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung gestellt. "Eine Förderungsbeantragung im Rahmen der Dorferneuerung für Maßnahmen zur Sicherung der Nahversorgung ist laufend möglich", heißt es seitens des Landes.
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