Buchpräsentation von Ronny Kokert
Der Mann, der von Geflüchteten lernte, frei zu sein
HOHENAU/WIEN. Als Kampfsportweltmeister Ronny Kokert 2016 sein Projekt „Freedom Fighters“ startete, ahnt er nicht, welche Reise ihm bevorstand: Das Training mit jungen Kriegsflüchtlingen konfrontiert ihn nicht nur mit deren Ängsten, Zweifeln und Hoffnungen, sondern auch mit seinen eigenen.
Der gebürtige Hohenauer leitet in Wien ein Fitness-Center - das Shinergy Trainingszentrum. Sein Konzept basiert auf den universellen philosophischen Prinzipien sowie auf Kampfkunst verschiedener Kulturen und dem Zen-Buddhismus. "Nur wenn du anderen ihre Freiheit zugestehst, kannst du selbst frei sein", ist Kokerts Leitsatz. Er begann 2016 junge Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und dem Irak kostenlos zu trainieren.
"Aus Wut Mut schaffen", ist Kokerts Leitsatz für die Arbeit mit den traumatisierten jungen Leuten und er erklärt, wie die scheinbare Diskrepanz zwischen Kampfsport und Kriegstrauma: "Kampfkunst, die nicht Friedenskunst ist, wäre wertlos."
Freundschaften und Enttäuschungen
Jene fünf Jahren, die er intensiv mit jungen Flüchtlingen arbeitet, veränderten nicht nur die jungen Menschen, die vor dem Krieg geflüchtet waren und Angst, Aggression und Wut in sich trugen, sondern auch Ronny Kokert. "Diejenigen, die alles verloren haben, haben mich gelehrt, mit Schicksalsschlägen umzugehen."
Aus diesen Jahren, in denen Freundschaften entstanden, aber auch Enttäuschungen und Rückschläge zu bewältigen waren, entstand nun das Buch "Der Weg der Freiheit - Wie ich von Geflüchteten lernte, anzukommen." Es führt den Leser vom Flüchtlingslager über Titelkämpfe und Asylverfahren bis in die Hölle von Moria, es erzählt Geschichten, die berühren und uns den Spiegel unserer Gesellschaft vorhalten, ohne mit erhobenem Zeigefinger zu mahnen.
Da ist die Geschichte von Hussein Rasa. Mit 14 Jahren musste er alles zurücklassen, flüchtete zu viert im Kofferraum, dann im überfüllten Schlauchboot und zwölf Stunden lang unter einem Lastwagen. Hussein Rasa - zweifacher Staatsmeister im Kickboxen, HTL-Schüler für Hochbau, ein mutiger junger Mann, der in Freiheit lebt.
Die Geschichte von Ismail, dessen größter Traum, Lehrling im Hotel Sacher zu werden, in Erfüllung ging. Und die Geschichten vieler anderer junger Menschen.
Hochachtung vor den Menschen
Erst vor zwei Wochen war Kokert wieder im Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos. "Ich habe Spendengelder reingeschmuggelt und verteilt. Und ich werde bald wieder kommen, denn die Lage wird nicht besser. Seit Jahren nicht." Er tut dies alles nicht aus Mitleid. "Ich habe Hochachtung vor diesen Menschen, von denen ich so viel gelernt habe."
Weltmeister
1984, nach einer Knochenmarkserkrankung und monatelangen Spitalsaufenthalten, fand sich der damals 13-jährige Hohenauer Ronny Kokert beim Schulsport auf der Ersatzbank wieder - bewegungseingeschränkt und tollpatschig. Zu dem Zeitpunkt entdeckte er den Kampfsport für sich. Sein Ziel: ein großer Krieger werden.
1992 gewann Kokert erstmals die Staatsmeisterschaft in Taekwondo, holte sich weitere vier Male diesen Titel, und wurde schließlich 1998 in den USA den Open Taekwondo Weltmeister.
Der Weg der Freiheit
Verlag Kremayr & Scheriau
ISBN: 978-3-218-01277-5
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