NGOs, kommt Käfersammeln! Insektenplage treibt Marchfelder Rübenbauern in Existenzängste
MARCHFELD. Tausende Hektar kahlgefressen, Schwärme von Käfern bevölkern die Rübenfelder des Weinviertels, bei den Bauern herrscht Endzeitstimmung. Der Rübenrüsselkäfer hat sich nicht zuletzt wegen des extrem trockenen Wetters zu einer wahren Landplage entwickelt und die Landwirte befürchten, dass sich die Insekten weiter massiv ausbreiten werden.
EU-Entscheidung
9000 Hektar wurden von den Käfern kahlgefressen, 6000 werden nicht mehr nachgebaut. "In vier Wochen haben wir die exakten Zahlen, wie groß die vernichtete Fläche im Bezirk ist", teilt Andreas Leidwein, Pflanzenschutzexperte der Bezirksbauernkammer, mit. Vor wenigen Tagen wurde in Brüssel beschlossen, Neonicotinoide EU-weit zu verbieten, laut einer Studie seien jene Pflanzenschutzmittel für das Bienensterben verantwortlich. Auch Österreichs Ministerin Elisabeth Köstinger stimmte für das Verbot, Forderungen der Rübenbauern, für die Rübe eine Ausnahme zu ermöglichen, wurden bisher nicht erhört. Das Argument der Landwirte: die Biene kommt mit der Zuckerrübenpflanze nicht in Berührung, da diese nicht blüht.
Kontroverse Meinungen
"Wissenschaftliche Erkenntnisse werden nicht zur Kenntnis genommen, stattdessen treiben NGOs mit emotionalen Aussagen die Verantwortungsträger vor sich her", kritisiert die ÖVP-Nationalratsabgeordnete Angela Baumgartner.
Tanja Bernreiter-Hofer, Obfrau des Gänserndorfer Imkerverbandes, zeichnet ein differenziertes Bild: "Es geht nicht nur um die Blüte, Neonicotinoide vergiften auch Oberflächengewässer und bringen damit Bienen sowie andere Insekten und Vögel in Gefahr.“
Das Hauptproblem, mit dem konventionelle aber auch Bio-Rübenbauern zu kämpfen haben: Es gibt keine Alternative zur Bekämpfung des Rübenrüsselkäfers. "Die Entscheidung, Neonicotinoide zu verbieten war richtig", meint Andreas Ripfl, Biobauer aus Obersiebenbrunn, zugleich fordert er zielgerichtete Forschung, um biologische Mittel gegen den Rübenrüssler zu entwickeln. "Meine gesamte Anbaufläche wurde vernichtet, ich habe ein zweites Mal angebaut und nochmals die Hälfte verloren, wie viel überbleibt, ist nicht absehbar."
Bezirksbäuerin Christine Zimmermann vergleicht Pflanzenschutz mit Medikamenten. "Beide werden nur bei Bedarf in vernünftigen Dosen in Absprache mit Experten eingesetzt." Die Bauernvertreter sehen keinen Ausweg aus der "Käferplage biblischen Ausmaßes". Leidwein kristisiert das Verbot, das den Landwirten keine Käferabwehr-Alternative mehr lässt, mit dem zynischen Aufruf: "NGOs, kommt Käfersammeln!"
Käfer & Co.
In Österreich werden auf knapp 40.000 ha von 6.500 Rübenbauern über 3 Mio. t Zuckerrüben pro Jahr geerntet. 500.000 t Zucker werden produziert. Der Rübenrüsselkäfer hat bisher 9000 ha vernichtet. 1 Käfer frisst im Durchschnitt 10 m² Bio- und 3 m² konventionelle, mit Pflanzenschutz präparierte Rüben.
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