Fastenzeit

Reinigung von Körper, Geist, Seele

Michael Georg Joham ist Pfarrer von Saak. Im Interview spricht er über die Bedeutung des Fastens, dem sich viele speziell in der Zeit vor dem Osterfest widmen.

Wie wirkt sich die Fastenzeit für Sie in Ihrem Dienst als Pfarrer aus?
Michael Joham: Die Fastenzeit oder noch besser die österliche Bußzeit ist immer eine sehr kostbare und pastoral intensive Zeit. Ich bin dankbar, dass ich mit vielen Menschen einen Weg der Erneuerung gehen darf. Das fängt schon beim Aschermittwoch an und zieht sich durch alle sechs weiteren Wochen. Das Thema begleitet mich in der Schule, in der Arbeit mit jungen Menschen, bei den verschiedensten Gottesdiensten mit ihren wertvollen Impulsen, bei Hausabenden, bei den vermehrten Beichten und Aussprachen, bei Exerzitien im Alltag, in der Hauptandachtswoche als Glaubenserneuerungswoche u.a.m.

Welchen Stellenwert nimmt das Fasten in Ihrem persönlichen Leben ein?
Fasten ist für mich immer wieder eine große Hilfe, um konkret bewusster zu leben. Vor allem, um mich neu auszurichten und Dinge anzugehen, die man im Alltag nicht so leicht ändern kann oder die manchmal etwas belastend sind. Da fange ich gerne an, körperlich zu fasten, weil es in weiterer Folge auch der Seele und dem Geist guttut.
Wie fasten Sie auf körperlicher Ebene?
Seit vielen Jahren halte ich zu Beginn der Fastenzeit eine intensive Fastenwoche, wo ich eine ganze Woche lang nur Flüssigkeiten zu mir nehme. Für mich bedeutet körperlich Fasten auch, dass ich tiefer in mich hineinhöre und darauf achte, was mein Körper braucht, damit es ihm auch gut geht.

Fasten ist ja viel mehr als der Verzicht auf Essen…
Es gibt auch beim Fasten immer eine Trias: die körperliche, aber auch die soziale und geistige Dimension. Die geistige Ebene steht für mich stets in Verbindung mit der Stille und dem Gebet. Wenn ich bewusst faste, kann ich wieder leichter beten. Ich bin dann offen, komme meinem Inneren wieder näher und bin mehr im Einklang und im Frieden mit mir selbst. Auch in meinem Denken und Wahrnehmen sowie in der Kommunikation mit anderen werde ich sensibler und achtsamer.

Sie erwähnten noch die soziale Ebene…
Schon beim Propheten Jesaja heißt es: „Entziehe dich nicht deinen Verwandten.“ Soziales Fasten bedeutet ja auch, dass man sich wieder mehr Zeit für die Menschen nehmen sollte, mit denen man unmittelbar zusammenlebt. Dadurch erfährt man auch Heilung in den Beziehungen. Beim Fasten verzichte ich auf etwas, gewinne aber dadurch woanders dazu. Vielfach wissen wir nicht mehr, wie wir mit diesem neu gewonnenen Freiraum, mit dieser Leere, umgehen sollen. Wir müssen uns also fragen: Was habe ich als Zugewinn und wie nutze ich diesen? Die soziale Dimension zeigt sich auch im konkreten Einsatz für Menschen sowie für Projekte, in denen das Gute gefördert wird und neue Lebenschancen eröffnet werden. Es stellt sich dabei die Frage, wie wir mit Erspartem oder Eingespartem dem Leben dienen können und somit einen Mehrwert erreichen.