Nach kritischen Artikeln
Zukunft von Netzwerk St. Josef: Kleine Wohneinheiten

Netzwerk St. Josef: Im Zimmer von Frau Tanzer, einer dislozierten Klientin
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Kritische Artikel bewegten die Heimleitung (Neztwerk St. Josef) und die Trägerorganisation (Barmherzige Schwestern Zams GmbH) zu einer Pressekonferenz.

MILS. In der Vergangenheit musste sich die Behindertengroßeinrichtung in Mils – das Netzwerk St. Josef – öfters den Vorwurf gefallen lassen, ihre Bewohner und Bewohnerinnen systemischer Gewalt auszusetzen. Auch im Februar gab es wieder mediale Kritik am Haus. Der Standard berichtete über körperliche Übergriffe und über gewaltvolle Verabreichung von Essen. Folglich berief die Heimführung eine Pressekonferenz ein, die den "völlig verzerrt dargestellten Sachverhalt" klären sollte. Geschäftsführer der Soziale Einrichtungen der Barmherzigen Schwestern Zams Betriebs GmbH, Bernhard Guggenbichler, wies darauf hin, dass alte Missstände und neue Vorwürfe miteinander vermischt wurden.

Neztwerk St. Josef: Die Vorgeschichte

Im Haus St. Josef kam es vor vierzig Jahren zu unfassbaren körperlichen Übergriffen: eiskalte Duschen, Schläge, Nötigungen. In der jüngsten Vergangenheit soll es dann zu Schubsereien und "Schoppen" (gewaltvolle Verabreichung von Essen) gekommen sein. Tatsächlich ist der Leitung ein Fall bekannt, bei dem der Mitarbeiter eine Klientin geschubst hat. Thomas Stocker, Wohn-Leiter des Netzwerkes: "Es handelt sich in diesem Fall um die Verkettung unglücklicher Umstände. Die Klientin ist schwer autistisch, spürt sich nicht und fügt sich sogar selbst Verletzungen zu. Der Mitarbeiter hat den Tag zuvor erfahren, dass seine kleine Tochter schwerkrank ist und hat die Geduld verloren. Es ist keine Entschuldigung, aber eine Erklärung, wie es zu dieser Situation kommen konnte." Der Mitarbeiter wurde verwarnt.

Großheime stehen in der Kritik

Im Standard-Artikel wurde besonders die Ausrichtung von Großheimen – die systemische Gewalt begünstigen – kritisiert. Die Ordensgemeinschaft stellte daher bei der Pressekonferenz auch ihre Bestrebungen der Dislozierung vor. Demnach wohnen über vierzig Personen schon in kleinen Wohneinheiten in Tirol. In der WG mit 5-6 Personen wird gemeinsam gekocht und die Freizeit verbracht. Gleichzeitig haben alle ihre Privatsphäre: ein eigenes Zimmer und ein eigenes Bad. "Behindertengerechte Wohnungen zu finden, ist auf dem Tiroler Wohnungsmarkt sehr schwierig. Wir sind von den Gemeinden abhängig", erklärte Guggenbichler. "Zurzeit werden in Mils und Baumkirchen Wohnungen gebaut. Hier werden wir Ende 2020 wieder zwei Wohneinheiten einrichten können." Auch gäbe es Bestrebungen, die Geschichte aufzuarbeiten: "Wir wollen die Verfehlungen nicht totschweigen und haben schon vor einiger Zeit eine Medizinhistorikerin beauftragt, die Geschichte des Netzwerkes aufzuarbeiten. Leider ist sie zwischenzeitlich verstorben. Ihre Mitarbeiterin soll nun die Recherche weiterführen." Es sei nicht nur für den Ruf des Heimes wichtig, sondern auch für die Belegschaft, die immer wieder darauf angesprochen wird.

Zur Sache

Das Netzwerk St. Josef in Mils betreut 135 Personen mit Behinderung. Davon leben 43 in Wohngemeinschaften. Die Einrichtung gehört – gemeinsam mit vier weiteren Sozialeinrichtungen – zur Barmherzigen Schwestern Zams GmbH.

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