Tante tiefgefroren – Rente kassiert
Text & Foto: Ilse Probst
¶ST. PÖLTEN (ip). Außerordentliche Milderungsgründe sah der St. Pöltner Richter Helmut Weichhart im Betrugsprozess gegen einen 48-Jährigen aus dem Bezirk Amstetten, der seine verstorbene Tante in einer Tiefkühltruhe verwahrte und drei Monate lang weiter von ihrer Rente lebte. – Dass das nicht auf Dauer gut gehen konnte, war sich der durchaus intelligente Mann bewusst, doch in seiner finanziellen Notsituation wusste er zunächst keinen anderen Ausweg. Nach Handelsschule und HAK verlangte seine Mutter voll und ganz für sie und ihre Kleinlandwirtschaft da zu sein. Auto, Freundin, alleine weggehen – alles war verboten. Als seine Mutter nach jahrelanger Pflege verstarb, pflegte er seine nicht so gefühlskalte Tante, die vor dem Schlafen täglich sagte: „Danke, dass du mi net in ein Heim steckst.“ – Am 3. Juni 2011 fand er seine Tante am Boden liegend vor. „Furchtbar traurig. Ich hab ein paar Stunden gewartet, weil ich sicher sein wollt, dass sie net scheintot ist“, schilderte der 48-Jährige die schlimmste Zeit seines Lebens. Dabei wurde ihm auch bewusst, dass er selbst absolut kein Einkommen hat. Daher hob er die Tante schließlich in die Tiefkühltruhe im Bad, schaltete aber erst am nächsten Tag die Gefrierfunktion ein – falls sie doch wieder zu sich komme.
Er habe nicht mehr essen können und wegen der Tiefkühltruhe im Bad habe er sich nur mehr im Zimmer gewaschen. Als Zeichnungsberechtigter hob er aber Pflegegeld und Pension der Tante von ihrem Konto ab, bis einer der äußerst raren Besuche von Verwandten alles ans Tageslicht brachte. – Seiner Bitte um ein mildes Urteil kam Weichhart nach. Drei Monate bedingte Freiheitsstrafe. In 50 Euro-Monatsraten möchte er seine Schulden bei der Versicherung in Höhe von 4.120 Euro abstottern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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