Deutsch lernen in der VHS Hietzing: Der Goethe aus dem Irak
Aus dem Irak geflüchtet ist Tarek Al Najadi in Hietzing zum Dichter geworden. Goethe hat es ihm besonders angetan.
HIETZING. Tarek Al Najadi kommt aus dem Irak, wo er als Tierarzt gearbeitet hat. Seit drei Monaten lernt er im Rahmen des Projektes „Integration ab Tag 1“ Deutsch in der VHS Hietzing. Jetzt hat er sein erstes Goethe-Gedicht auswendig gelernt und ist begeistert von der Sprache. Und weil ihm die Verse so gut gefallen haben, hat er jetzt das Goethe Gedicht "Gefunden", das dieser 1813 als Liebesgedicht seiner zukünftigen Frau gewidmet hatte, ein wenig verändert. Aus den "Blümlein", die Goethe für seine Angebetete findet, werden bei Tarek Al Najadi Speisen - und alles kommt in den Kühlschrank. Der Name des "Remakes": "Verloren".
Das Original "Gefunden" von Goethe mit Hintergrundinfos von Tarek Al Najadi
Die neue Version "Verloren" von Tarek Al Najadi
Der Text zum Mitlesen
Goethes Gedicht „Gefunden“ nachgedichtet von Tarek Al Najadi (Irak)
Ich ging zu Hause
So vor mich hin,
Und nicht zu schlafen,
Das war mein Sinn.
In der Küche sah ich
Ein Essen stehn,
Wie Kuchen süß
Wie unsere Lehrerin schön
Ich wollt es essen,
Da sagt es fein:
Soll ich nur zum Essen
Gemacht sein?
Ich hob’s mit all
Den Tellern auf
Zum Kühlschrank trug ich’s
Die Stiege hinauf
Nun bleibt es wieder
Am kalten Ort: am selben Platz
Und riecht so fort.
Integrationsarbeit in der VHS Hietzing
"Deutschkurse", so Robert Streibel, Direktor der VHS Hietzing, "sind die besten Wertekurse." Dadurch würden nicht nur sprachliche sondern auch kulturelle und gesellschaftliche Skills vermittelt. Die VHS in Hietzing sehe sich daher auch als Begegnungsort für alle mögliche Menschen. Und Tarek Al Najade war von der Sprache und ihren Möglichkeiten so begeistert, dass er Goethes Werk einen neuen Anstrich gab. Seit September 2015 haben viele Menschen, die als Flüchtende nach Wien gekommen sind, in Hietzing im ehemaligen Geriatriezentrum am Wienerwald (GWZ) Unterschlupf gefunden. Der Verein IGOR (Integrationsarbeit und Gesundheitsförderung im öffentlichen Raum) unterstützt diese Menschen mit Deutschkursen, Malwerkstätten, Gartenprojekten und vielem mehr.
Ausstellung in der VHS
Sehen und gesehen werden heißt die neue Ausstellung des Flüchtlingsprojektes IGOR in der VHS Hietzing. Dabei haben sich Fremde gegenseitig gemalt. „Die Ausstellung findet in einer Zeit statt wo die Politik alles tut, damit die Geflüchteten nicht als Menschen, sondern nur als Fälle gesehen werden. Wer Menschen sieht ist vielleicht auch „verleitet“ Menschlichkeit in den Alltag zu integrieren,“ so Robert Streibel, Direktor der VHS Hietzing bei der Ausstellungseröffnung. 20 Doppelporträts sind so entstanden. Das Projekt IGOR will diese Porträtsitzungen fortsetzen und Österreicher mit Geflüchteten zusammenbringen, die sich gegenseitig malen. Zeichnerische Kenntnisse sind nicht nötig, denn in jedem Menschen steckt eine künstlerische Ader. Interessenten melden sich bei Brigitte Gadnik-Jiskra: Brigitte.Gadnik-Jiskra@vhs.at oder unter der Tel. 0676 6197457.
Noch bis 7. März sind die aktuellen Portraits zu sehen.
Ein Baby kommt im GZW
Im GZW werden in vier Pavillons 800 Flüchtende betreut, die nun schon seit zwei Jahren auf ihren Asylbescheid warten. Die Familien in den Pavillons des ehemaligen GZW brauchen derzeit dringend einen Kinderwagen, da in wenigen Wochen ein neuer Erdenbürger das Licht der Welt erblicken wird. Außerdem werden laufend Wintergewand, Hygieneartikel und Spielzeug gesucht. Auch für die Notschlafstelle für Obdachlose des GZW - die bz hat berichtet - werden Spenden erbeten: Handtücher, Hygieneartikel, Waschmittel und Wintergewand werden zu den Öffnungszeiten gerne entgegengenommen.
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