Die Vergangenheit hat in Hietzing eine Zukunft
Schüler engagieren sich gegen das Vergessen
"Geschichtsmosaik" nennt sich ein neues Projekt, bei dem Schüler Erinnerungen von Zeitzeugen bewahren.
HIETZING. "Wussten Sie, dass während des Zweiten Weltkrieges die Straßenbahnen in Hietzing mit blau eingefärbten Lampen unterwegs waren?" Mit dieser doch nicht alltäglichen Information überraschte Phillip Heimer gleich zu Beginn des Interviews.
Phillip Heimer ist Schulsprecher des BG 13 Fichtnergasse und als solcher engagiert er sich gemeinsam mit rund 25 Mitschülern für das Projekt "Geschichtsmosaik". "Wir treffen uns mit älteren Menschen im Bezirk und reden mit ihnen über ihren Alltag während des Krieges und in der Nachkriegszeit. Diese Erinnerungen wollen wir bewahren und dokumentieren", erklärt er das Ziel, das er in seiner Freizeit und unentgeltlich verfolgt.
Der eigentliche Initiator des Projektes ist Andreas Schöll, der Bezirksobmann der ÖVP Hietzing. Doch das "Geschichtsmosaik", so betont er, solle nicht politisch verstanden oder instrumentalisiert werden. "Es geht dabei um die Zeitzeugen, um die Menschen. Es war für mich klar, dass dieses Projekt nur überparteilich funktionieren kann. Also habe ich mich an die Bezirksakademie gewandt, unter deren Leitung es nun umgesetzt wird."
Als erster und bisher noch einziger Partner konnte das BG 13 Fichtnergasse gewonnen werden, deren Direktorin Ulrike Reh-Altenaichinger von Anfang an davon begeistert war: "Ich finde die Idee ausgesprochen gelungen. Wir wissen zwar viel über die schreckliche Zeit des Nationalsozialismus, aber meist beschränkt man sich dabei auf den Krieg selbst. Aber auch die Erinnerungen an den Alltag dürfen nicht verloren gehen."
Persönliche Erfahrungen
Für die Schüler selbst ist es mehr als nur ein Projekt: Es sei auch eine Begegnung mit der eigenen Vergangenheit, wie es Phillip Heimer ausdrückt. "Ich habe selbst zwei Großeltern, die den Krieg miterlebt haben. Gesprochen haben sie darüber aber nie. Durch die Gespräche mit anderen Zeitzeugen kann ich das jetzt viel besser nachvollziehen." Sein aufrichtiges Interesse wird ihm von seinen Gesprächspartnern aber auch gedankt. "Am Anfang sind viele der Zeitzeugen etwas zurückhaltend. Wenn sie aber merken, dass junge Menschen sich wirklich für ihr Leben interessieren, tauen sie auf und können die spannendsten Geschichten erzählen", fasst der Schüler seine bisherigen Erfahrungen zusammen.
Das Vertrauen geht sogar so weit, dass die Schüler nicht mehr nur Erinnerungen sammeln, sondern auch materielle Zeugnisse aus dieser Zeit, die ihnen anvertraut werden. So finden sich in einer Vitrine in der Schule bereits diverse Essensmarken und andere Gegenstände des längst vergangenen Alltags.
Die Direktorin ist auf ihre Schüler stolz: "Ich finde, dass ihr Engagement gut zu uns als familienfreundlichen Bezirk passt und die Themen Familie und Zusammenhalt gut dokumentiert." Noch ist das Projekt auf Hietzing beschränkt, aber Andreas Schöll hofft, dass sich bald auch andere Bezirke beteiligen werden.
Die Schüler suchen Zeitzeugen, um deren Erinnerungen zu bewahren. Wer sie unterstützen will, schreibt ein E-Mail an hietzing.red@bezirkszeitung.at
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