Justizirrtum in den 50er Jahren
Familientragödie entpuppte sich als Mord - doch wer war es?

Das war früher die Fochler-Mühle und wurde zuletzt vom Lagerhaus genutzt. Jetzt sollen hier Wohnungen entstehen. | Foto: Alexandra Goll
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Eine lange Vorgeschichte, die Aussicht auf ein Erbe, doch dann änderte sich alles und plötzlich waren drei Menschen tot und ein vermutlich Unschuldiger saß 17 Jahre hinter Gittern.

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GÖLLERSDORF. Zuerst deutete alles auf eine Familientragödie des damals 49-jährigen Mühlenbesitzers Franz Fochler, seiner 30-jährigen Gattin Maria und deren zweieinhalbjähriger Sohn Franzi hin, die am 22. Februar 1948 in der Mühle erschossen aufgefunden wurden. Damals führte Rath, der Leiter der Gendarmerie Göllersdorf die Ermittlungen. Mit ihm untersuchte der Hollabrunner Amtsarzt Dr. Potocnik den Fall. 

Offiziell war es Mord und Selbstmord von Maria Fochler

Damals wurde amtlich erklärt, dass Frau Fochler ihren Mann, ihr Kind und dann sich selbst erschossen hätte. Verstärkt auch aufgrund des vorgefundenen handgeschriebenen Zettels mit den Worten: "Ich kann nicht mehr".
Rath wurde kurz nach dem Mord strafversetzt, seine Frau vergiftet aufgefunden. Welchen Hintergrund dies hatte, wusste man damals noch nicht. Erich Rebitzer, der ebenso in der Mühle seines Onkels wohnte, soll Geld vom verstorbenen Fochler gestohlen und allerhand Wert- und Kunstgegenstände, die in der Mühle gelagert waren, zu Geld gemacht haben.

Leichen exhumiert

Im Ort wurde schon kurz nach der Tragödie gemunkelt, dass es sich um Mord statt erweitertem Selbstmord gehandelt haben könnte. Unstimmigkeiten bei der Rekonstruktion des mutmaßlichen Verlaufes, zwei Schüsse auf Maria und das Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung nach der Exhumierung der Leichen am 11.10.1949 veranlassten die Gendarmerie, neue Nachforschungen anzustellen, die schließlich ergab, dass Maria Fochler nicht geschossen haben kann. Somit fiel der Verdacht auf den 23-jährigen Erich Rebitzers, den Neffen des ermordeten Franz Fochler, der ein Motiv gehabt hätte, um die Mühle zu erben. Bei der Einvernahme des Studenten für Welthandel gestand er, um an das Erbe der Mühle zu gelangen und seine Mutter Theresia zu schützen. Er habe den Brief von Maria gefälscht. Schon bald nach der Inhaftierung widerrief Rebitzer sein Geständnis und versuchte sich mehrmals das Leben zu nehmen.

Indizienprozess ab 16.10.1950 vor dem Schwurgericht Korneuburg

Sechs Tage waren für die Verhandlungen vor dem Schwurgericht Korneuburg im Mordfall Rebitzer anberaumt.

Verblüffende Zeugenaussagen

Zahlreiche Zeugen sagten vor Gericht aus, was alles in diversen Tageszeitungen dokumentiert wurde, wie etwa der Wiener Zeitung.

Zeugin Marie Schmidl - Schwägerin der Toten: Der Gendarmerie-Leiter und leitender Ermittler Inspektor Rath sei täglich zu besuch gewesen, habe Schulden bei den Fochlers gehabt, die in einem Schmierbuch dokumentiert waren. Dieses war nach dem Mord verschwunden. Seine Gattin soll sich umgebracht haben und einen Abschiedsbrief hinterlassen haben, der besage, dass sie nicht Mitwisserin sein wolle.

Zeuge Karl Kroucek - ehemaliger Kriminalbeamter: Fochler erzählte ihm von Koffern, die keiner abgeholt habe und den Goldschatz des Gauleiters Schirach beinhaltet haben soll. Kroucek riet ihm, die bei der Gendarmerie zu deponieren. Er entfernte nach dem Mord unauffällig Waffen in größeren Mengen. Er traut Maria keinen Mord und Selbstmord zu. Er sprach den Verdacht des Mordes durch Rebitzer bei seinem Vorgesetzten an, doch die Akte sei geschlossen.

Zeuge Rath - Gendarmerie-Leite Göllersdorf: Er habe kein Darlehen bei Fochler gehabt zu haben. Er bestritt auch den Abschiedsbrief seiner Frau. Sie habe Selbstmord begangen, weil sie an einem unheilbaren Nervenleiden litt.

Zeuge Sestak - Photograph machte Bilder von den Ermordeten: Eine Aufnahme der Fotografien war nicht von Sestak. Es zeigte die unbekleidete Maria Fochler. Für die Fotografien lieh er sich den Apparat von Erich Rebitzer aus.

Erschütternde Szenen im Prozess Rebitzer

Theresia Rebitzer, die Mutter des Angeklagten wurde bei Gericht wegen Verdachtes der Verleitung zur falschen Zeugenaussage verhaftet.

Der Angeklagte Erich Rebitzer schien zusammenzubrechen, als die Schwester der ermorderten Maria, Josefine Zehetner ihm zurief: "Sag's doch Erich, wenn Du's gewesen bis, dem kleinen Franzi zuliebe, den hast du doch so gern gehabt." Daraufhin flüsterte Rebitzer: "Wenn ich es getan hätte, würde ich es auch sagen." Sie belastete Inspektor Rath und die Mutter Theresia Rebitzer, etwas zu wissen.

Der Kernsatz des psychiatrischen Gutachtens des Sachverstänidgen Professor Berze und Hofrat Dimitz war: "Eine kalte, despotische Natur, absolut gemütlos und abgründig verlogen." Es steht weiters von vorgetäuschter Primitivität und einem scharfen Intellekt geschrieben. Der Angeklagte sei ein Psychopath mit nervösen Störungen.

Im Plädoyer erklärte der Staatsanwalt den Zettel mit den angeblichen Abschiedsworten der Maria Fochler als die Visitenkarte des Täters und für ihn stehe fest, dass Theresia Rebitzer Mitwisserin ist.

Urteilsverkündung

Am 26. Oktober 1950, nach 15-stündiger Beratung verkündete der Richter Lachout das Urteil im Mordprozess. Erich Rebitzer wurde wegen tückischen Meuchelmordes an seinem Onkel, dessen Gattin Maria und deren zweijährigen Sohn zu lebenslänglichem schwerem, verschärftem Kerker mit Dunkelhaft und hartem Lager in jedem Jahrestag der Tat verurteilt. Es sei wahrscheinlich, dass Rebitzer die Tag nicht allein, sondern zumindest mit einer zweiten Person begangen habe. Da am Tatort nur vier Projektile gefunden wurden, jedoch zumindest fünf Schüsse abgegeben worden sind, wäre es denkbar, dass die verschwundene Kugel aus einer anderen Waffe stammt. Der Angeklagte brach schluchzend zusammen, dann schrie er: Ich habe nichts getan, das kann ich beschwören.". Er brach dann in den Armen des Justizwachebeamten ohnmächtig zusammen. Die Urteilsbegründung fasste 50 Seiten.

Zeitzeugen vermuten einen anderen Mörder

Man munkelte und vermutet noch heute, dass dieser Mord in der Mühle auf eine Schatzsuche durch Soldaten zurückzuführen sei. Baldur von Schirach, ehemaliger Führer der Hitlerjugend und Wiener Gauleiter der NSDAP, soll in der Mühle mit seinem Gefolge Station gemacht haben, als die Ostfront im Mai 1945 immer näher kam. Er soll hier die Kriegskassa der zurückflutenden deutschen Armee sowie Juwelenschätze und antike Kunstgegenstände versteckt haben (Quelle: Österreichische Volksstimme, 16.10.1949) . Soldaten, die dies wussten, wollten 1948 vom Müller den Platz dieses Schatzes, der in Koffer gepackt war, erfahren und sollen ihn und seine Familie ermordet haben, weil er nichts verraten konnte oder wollte. Der Öffentlichkeit wurde die ganze Angelegenheit verschwiegen.

Rebitzer kam 1966 frei

Der verurteilte Erich Rebitzer verbrachte 17 Jahre in der Strafanstalt Stein bei Krems, bis der Journalist Gustaf Adolf Neumann nach jahrelangen Bemühungen schließlich 1966 seine Freilassung bewirkte. Rebitzers Antrag auf Entschädigung wegen Verletzung der Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK wurde von offizieller Seite abgewiesen, und zwar mit der Begründung, er hätte den nach wie vor bestehenden Verdacht nicht zu entkräften vermocht. Warum genau er freikam und was danach mit ihm passierte, konnten die Bezirksblätter Hollabrunn auch nach intensiver Recherche unter anderem bei Zeitzeugen und der Justizanstalt Stein nicht herausfinden. Dieser Fall war einer der größten Österreichischen Justizirrtümer.

Chronik der Fochler-Mühle (Quelle: Buch "Mühlen ..." von Otto Schöffl)

Am 9. Jänner 1929 wurde die Mühle an Eduard Fochler verkauf.
1937 erbten Franz und Theresia Fochler.
Nach dem Mord 1948 erbte Franz Fochlers Bruder Eduard die Mühle und führte sie weiter. Seine Tochter Anna und ihr Gatte Helmut Hofmann modernisierten die Mühle, bauten Silos und erweiterten den Betrieb um den Getreidehandel und den Vertrieb von Futtermitteln.
1955 wurde der Göllersbach neu trassiert, das neue Bachbett ausgehoben und das alte Gerinne zugeschüttet. 
1985 mit Erreichung des Pensionsalters wurde der Betrieb stillgelegt und die Maschinen verkauft. Die Räume verpachteten sie an die Lagerhausgenossenschaft.
Künftig sollen sort Wohnungen entstehen

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