Bezirksmuseum Josefstadt
Ausstellung "Vor Schand und Noth gerettet" öffnet endlich
Nach dem Ende des harten Lockdowns hat nun auch wieder das Bezirksmuseum in der Josefstadt geöffnet. Heute, 6. Mai, wird ab 18 Uhr zur Online-Eröffnungsveranstaltung eingeladen.
WIEN/JOSEFSTADT. Schwer haben es in diesen Zeiten auch die Bezirksmuseen. Denn durch oftmalige Verschiebungen beziehungsweise Ausweitungen diverser Corona-Maßnahmen, mussten sie ihre geplanten Ausstellungen immer wieder an die Gegebenheiten anpassen. So auch die neue Ausstellung des Bezirksmuseums Josefstadt mit dem Titel "Vor Schand und Noth gerettet – Findelhaus, Gebäranstalt und die Matriken der Alser Vorstadt".
Doch heute, 6. Mai, ab 18 Uhr ist es endlich so weit. Die Ausstellung wird offiziell eröffnet. Die Vernissage hierzu findet zwar noch online auf dem YouTubeKanal der Wiener Bezirksmuseen statt, der weitere Besuch kann aber wieder in Person stattfinden. Das Bezirksmuseum Josefstadt ist mittwochs von 18 bis 20 Uhr und sonntags von 10 bis 12 Uhr geöffnet.
Sonderausstellung "Vor Schand und Noth gerettet"
Diese Sonderausstellung ist in Zusammenarbeit mit der Stabstelle Bezirksmuseen im Wien Museum erarbeitet worden. Gezeigt wird die Geschichte der ehemaligen Institutionen im heutigen 8. und 9. Bezirk aus dem Blickwinkel der Geschlechter-, Sozial- und Medizingeschichte. Ein besonderer Fokus wird auf das Gebärhaus und das Findelhaus gelegt, welche Häuser für die Unterschicht bildeten und damals ein moderner Versuch war, mit einer großen Anzahl an ungewollten Kindern umzugehen. Die im Bezirksmuseum Josefstadt gezeigten Exponate sind aus 20 verschiedenen Institutionen zusammengetragen worden.
Mit dieser Sonderausstellung setzt das Bezirksmuseum Josefstadt auch die Reihe der Ausstellungen über historische und gegenwärtige Institutionen in der Josefstadt fort. "Neu ist die Unterstützung hierbei durch Anna Jungmayr, Curatorial Fellow im Wien Museum", erklärt Museumsleiterin Maria Ettl.
Fokus auf gesellschaftlich schlechter gestellte Frauen
Die Ausstellung "Vor Schand und Noth gerettet" setzt sich mit der Lebenssituation jener Frauen auseinander, die ungewollt Mutter wurden oder keine Möglichkeit hatten ihre Nachkommen selbst aufzuziehen. Hier werden vor allem arme, ledige und oft auch zugewanderte Frauen, die das Gebärhaus, welches 1784 gegründet wurde, nutzten, in den Fokus gestellt. Es wird näher darauf eingegangen wie eng der Handlungsspielraum für werdende Mütter in diesen Zeiten war. Zum Beispiel gab es keine verlässlichen Verhütungsmittel und auf Schwangerschaftsabbrüche stand die Todesstrafe.
Das Gebärhaus als Teil des Allgemeinen Krankenhauses stand in enger Verbindung mit dem Wiener Findelhaus, das ebenfalls 1784 gegründet wurde und sich ab 1788 in der Alserstraße 23 befand. Fast alle Kinder, die im Gebärhaus zur Welt gebracht wurden, wurden daraufhin ins nahe gelegenen Findelhaus gebracht. In der Zeit ihres Bestehens zwischen 1784 und 1910 nahm diese Institution rund 750.000 Kinder auf und vermittelte sie in weiterer Folge meistens innerhalb weniger Tage an Pflegeplätze aufs Land, wo sie häufig ein von Diskriminierung und harter Arbeit geprägtes Leben erwartete.
In der Ausstellung werden einige Biografien solcher „Findelkinder“ exemplarisch für den Werdegang vieler Menschen beleuchtet. Verena Pawlowsky, Historikerin und wissenschaftliche Beraterin der Ausstellung erklärt die gesellschaftlichen Dimensionen: "In manchen Jahren des 19. Jahrhunderts ging ein Drittel der in Wien geborenen Kinder diesen Weg: von einer ledigen Frau zur Welt gebracht, im Wiener Findelhaus abgegeben. Viele Menschen stoßen noch heute oft auf ein solches Kind ,ohne Familie‘ in ihrem Stammbaum."
Familiengeschichte selbst nachforschen
Bevor die im Gebärhaus geborenen Säuglinge im Findelhaus aufgenommen werden konnten, mussten sie getauft werden. Dies fand meist in der Pfarre Alser Vorstadt statt. Die Taufen wurden in sogenannten Taufbüchern festgehalten, die 2015 für die Matriken der Pfarre online zugänglich gemacht wurden. Die Ausstellung im Bezirksmuseum Josefstadt "Vor Schand und Noth gerettet" haben Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit diese einzusehen und ihre Familiengeschichte nachzuforschen, beziehungsweise auch einfach auszuprobieren wie eine solche Ahnenforschung funktioniert.
Zur Sache
Die Sonderausstellung "Vor Schand und Noth gerettet" wird von 6. Mai 2021 bis 30. März 2022 im Bezirksmuseum Josefstadt für Interessierte geöffnet sein. Im Zuge dessen gibt es auch ein vielschichtiges Rahmenprogramm, welches aufgrund der Corona-Pandemie auf der Website des Museums ständig adaptiert wird. Auch sind dort die jeweils gültigen Corona-Maßnahmen für einen sicheren Besuch im Museum nachzulesen.
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