Verschärftes Drogengesetz: Justizanstalt Josefstadt wappnet sich für Straßendealer
Seit Mitternacht des 1. Juni ist die Novelle des Drogengesetzes in Kraft. In der Justizanstalt Josefstadt rechnet man mit einem Anstieg der Häftlinge. Bereits im Vorfeld wurden Maßnahmen gesetzt.
JOSEFSTADT. Ab sofort droht Dealern bereits bei einmaligem Verkauf von Drogen eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Da ab diesem Strafausmaß Untersuchungshaft verhängt werden kann, macht sich die Justizanstalt Josefstadt auf einen Ansturm neuer Insassen gefasst. "Wir sind die erste Adresse für das Gerichtssprengel Wien, also wenn jemand in Untersuchungshaft kommt, dann wird er bei uns untergebracht", erklärt Oberst Peter Hofkirchner, der stellvertretende Leiter der Justizanstalt Josefstadt, den Platzmangel der Haftanstalt im achten Bezirk.
Von einer Angst vor der Gesetzesverschärfung will Hofkirchner jedoch nicht sprechen: "Angst ist fehl am Platz, die Novelle war ja nicht unbekannt und wir sind nicht blauäugig", so Hofkirchner zur bz. "Wir haben uns im Vorfeld Gedanken gemacht und Maßnahmen ergriffen." Konkret wurden zusätzliche Betten in der Haftanstalt aufgestellt und Insassen in umliegende Strafanstalten umgesiedelt.
Nach zwölf Stunden keine Steigerung
Mit wieviel Neuzugängen zu rechnen ist, darüber möchte Hofkirchner nicht spekulieren. "Es wäre nicht seriös, im Vorfeld eine Zahl zu nennen. Wir haben jeden Tag Zugänge. Aber eine gewissen Spannung unter den Mitarbeitern ist schon spürbar, ähnlich dem Jahr 2008, als in Wien die Fußball-Europameisterschaft stattgefunden hat." Zwölf Stunden nach Inkrafttreten der Novelle sei laut dem Oberst in der Josefstadt noch keine Steigerung spürbar.
Ob die Novelle tatsächlich langfristig eine Eindämmung der Suchtgiftkriminalität bringen wird, ist nicht absehbar. Während bei der Wiener Polizei das neue Gesetz begrüßt wird - laut Polizeisprecher Thomas Keiblinger wird sich das Straßenbild definitiv positiv ändern - sind die von der Drogenszene entlang der U6 betroffenen Josefstädter skeptisch. "Eine Verschärfung des Gesetzes halte ich für ein In-die-eigene-Tasche lügen", so der grüne Bezirksvorsteherin-Stellvertreter Alexander Spritzendorfer. "Wir müssen definitiv etwas tun. Es häufen sich die Beschwerden. Bekannte von mir, die auf der Lerchenfelder Straße wohnen, lassen ihre Freundinnen am Abend nicht mehr allein zur U-Bahn gehen. Aber wird die Situation besser, wenn die Dealer aus der Haft kommen? Sie stellen sich dann wieder an ein Straßeneck. Substanziell ändert die Haft nichts."
An einen Dealertourismus möchte Spritzendorfer nicht glauben. "Ich kann die Frage nicht beantworten, warum es sich um eine schwarz-afrikanisch dominierte Szene handelt", so der grüne Politiker. "Aber den Handel mit Marihuana ebenso hart zu bestrafen wie den Verkauf von Heroin, halte ich für den falschen Weg."
Hintergrund
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