Ausbildungsmankos
Lehrlinge in Corona-Krise unter Druck

- An Klagenfurts Berufsschulen ist fachpraktischer Unterricht, wenn auch eingeschränkt, trotz Lockdown möglich
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Widersprüchlich: Trotz Corona-Krise leichtes Plus bei Lehrlingen. Psychischer Druck bei eingeschränkter Ausbildung jedoch hoch.
KLAGENFURT LAND. Sind Maturanten und Schüler und deren Probleme und Anliegen in den Medien omnipräsent, kommen Kärntens Lehrlinge kaum zu Wort. Dabei verzeichnet der Bezirk Klagenfurt und Klagenfurt-Land 1.988 Lehrlinge, die während ihrer Ausbildung direkt von den Auswirkungen der Coronakrise betroffen sind.
"Ideale Zeit für Ausbildung"
„Wir haben aktuell 926 Schüler, die Zahl der Lehrlinge ist in den letzten Jahren auch nicht eklatant gesunken. Das ist sogar für mich überraschend“, sagt Reinhold Moser, Direktor der Fachberufsschule Klagenfurt 2 (FBS Klagenfurt 2). Denn an diesem Standort werden Berufsschüler in Sparten wie z.B. Frisör und Kosmetik ausgebildet, die gerade stark von Lockdown und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Aber auch die Sparte Handel wird hier ausgebildet, hier waren die Lehrlinge mehr als sonst gefordert. Moser prescht mit einem Vorschlag vor: "Die Lehrlingsausbildung sollte antizyklisch sein, gerade jetzt, wo es in manchen Bereichen weniger Arbeit gibt, wäre es die ideale Zeit, noch mehr Lehrlinge auszubilden, dass man Fachkräfte hat, wenn die Wirtschaft wird anspringt". Schwierig gestaltet sich die fachpraktische Ausbildung an den Berufsschulen. Hier konnte seitens des Bundes erreicht werden, dass nach dem ersten Lockdown 25 Prozent der Schüler zum fachpraktischen Unterricht kommen können. "Zum fachpraktischen Unterricht und zum Laborunterricht können unsere Schüler an zwei von fünf Tagen an die Schule kommen", sagt Paul Korak, Direktor der FSB2. Auch hier gab es keine drastische Abnahme der Lehrlinge, die großteils aus den Bereichen Elektrotechnik oder Tischlerei kommen. Fachpraktischer Unterricht ist an dieser FSB unumgänglich: Das Backen einer Torte für angehende Konditoren oder die Wurstproduktion, wie sie Fleischer beherrschen müssen, kann nur über Praxisunterricht erfolgen.
Druck steigt
Ein sehr viel düstereres Bild der Situation beschreibt die Arbeiterkammer Kärnten (AK). Dort haben sich die Anfragen der jungen Azubis deutlich erhöht. In Summe erfolgten mehr als 5.000 Beratungen per E-Mail, Telefon, sozialen Medien und persönlich. "Aktuell bemerken wir in unseren Beratungen, dass sehr vielen Lehrlingen auf Grund der immer wiederkehrenden Lockdownphasen nicht mehr die volle Ausbildung zuteil wird und die praktische Ausbildung im Betrieb auch nicht durch die Berufsschule aufgeholt werden kann. Aber mittlerweile zeigt sich im Beratungsalltag, dass die Corona-Pandemie auch vielen vor allem psychisch enorm zusetzt", sagt AK-Jugend-und Lehrlings-Leiter Christoph Appé. Die Lehrlinge spüren die prekäre wirtschaftliche Lage. "Natürlich geht diese Situation auch nicht spurlos am Ausbildungsplatz vorbei, viele befinden sich durch den Verlust ihres Lehrplatzes auf Lehrstellensuche, haben vielleicht ihren Lehrplatz durch die Hilfe der Kurzarbeitsregelungen behalten können oder befinden sich glücklicherweise gerade in einem Lehrgang in der Berufsschule und können somit zum Teil ihr Ausbildungsziel weiterverfolgen", führt Appé weiter aus.
"Eine Herausforderung"
Den Veränderungen durch die Coronakrise müssen sich auch die Lehrlinge des internationalen Logistikunternehmens Gebrüder Weiss, das einen Standort in Maria Saal betreibt, stellen. "Eine große Herausforderung ist es, mit den Maßnahmen an verschiedenen Be- und Entladestellen umzugehen, unsere Fahrer müssen mit Maske ausgestattet sein und sich an die Regeln des Lagers halten. Die Kommunikation spielt dabei eine große Rolle, die Absprache mit den Kunden und den Fahrern ist wichtig, um alle Richtlinien einzuhalten", schildert Speditionskaufmann-Lehrling Alexander Koch die Situation, für den sich die Ausbildung nun komplizierter gestaltet. "Es ist aber eine Herausforderung, der ich mich gerne stelle". Die Firma unterstützt ihn beim Distance Learning während der Berufsschule und hilft ihm, wo sie kann. "Durch die Aufsichtspflicht des Arbeitgebers können Lehrlinge nicht ins Home-Office geschickt werden. Unter Einhaltung der COVID-Präventionsmaßnahmen sind die Lehrlinge an ihren gewohnten Ausbildungsplätzen und für uns ein unverzichtbarer Teil des Teams", erklärt Lehrlingsausbilderin Brigitte Milicevic-Merl (Gebrüder Weiss).
Trotz Krise ein Plus
"Die Lehrlingsausbildung wurde von der Corona-Krise österreichweit und auch in Kärnten erfreulicherweise nicht so stark getroffen wie ursprünglich befürchtet. Manche Experten gingen bei den Lehranfängern von Rückgängen bis zu minus 20 Prozent aus. In Kärnten gab es ein Minus von 5,2 Prozent und liegt somit im Spitzenfeld", sagt Benno Tosoni von der Lehrlingsstelle der WKK. Betrachte man nur die rein betriebliche Ausbildung – ohne überbetriebliche Ausbildungsverhältnisse –, zeige sich bei den Gesamtlehrlingszahlen immer noch ein Plus von 2,4 Prozent und bei den Lehreintritten – trotz der Corona-Herausforderungen und Unsicherheiten – ein Plus von einem Prozent, so der Experte. "Die Werte liegen jeweils entschieden besser als der Österreich- und Bundeslandtrend und zeigen, dass die Klagenfurter Lehrgetriebe ungewöhnlich stark an der Ausbildung festhalten und positiv in die Zukunft blicken. Die größten Zuwächse bei den Neuaufnahmen gab es in den Sparten Handel und Information & Consulting, aber auch in den anderen Branchen/Sparten blieb die Aufnahmequote, mit Abstrichen im Tourismus, sehr stabil", so Tosoni. Was die Suche von Betrieben nach Lehrlingen erschwert: Berufspraxistage von Schulen finden zurzeit nicht statt.




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