„Ich jodle mich frei“

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Einatmen- und raus mit der Emotion… geht nicht? Dabei wäre der Urschrei ja etwas so tief Menschliches, wie in Jodlerkreisen vertreten wird. Matthias Härtel gehört dazu und schafft es regelmäßig, Kehlen ungeahnte Laute zu entlocken –nicht im Hochgebirge, sondern inmitten von Weinbergen.
„Gejodelt hat jeder schon, nur weiß das kaum jemand“, ist Matthias Härtel überzeugt, „es ist wie der Schrei eines drei Sekunden alten Babys.“ Als Kind einer musikalischen Großfamilie in Citoll im steirischen Übelbachtal gehörten neben Bräuchen wie Neujahrs- oder Lichtmessgeigen, Jodeln und einschlägige Kurse zu seinem Alltag. Mittlerweile hat der 23-Jährige einige Jahre als Kellner in Krems hinter sich und ein Ende dieser Laufbahn ist noch nicht absehbar. Da kommt schon von Zeit zu Zeit Sehnsucht nach diesen alten Bräuchen auf. „Warum eigentlich nicht?“, diese Frage ließ eines Tages die Idee aufkeimen, selbst Jodelkurse anzubieten.
Die drei ersten Kurse bewiesen es: Jodeln ist in
Fernab vom Gebirge, der Heimat dieser Disziplin, in den Weinbergen Dürnsteins, sollte es vergangenen Sommer zum ersten Kurs in kleinem Kreise kommen. Doch es ist anders gekommen als geplant. Zwar durften die Rieden des Dürnsteiner Liebenberges drei Mal unter den Stimmen der ersten Kursteilnehmer erbeben, doch der Andrang hat Härtels Vorstellung eines kleinen Kreises von Anfang an gesprengt. Für ihn ein Zeichen, wie groß der Wunsch auch hierzulande ist, akustisch aus sich herauszugehen.
Mut zu Schreien
„Am Anfang trauen sich manche nicht wirklich“, schmunzelt Härtel, der jenen Menschen dann jedes Mal fernab der Gruppe Mut zu machen versucht, „dann gehen sie immer mehr aus sich heraus.“ Eine davon ist die Kremserin Helga Fordinal, die nach anfänglicher Tonlosigkeit von der Liebe zum Jodeln gepackt wurde. Ihr und den anderen lernwilligen Kehlen seien am Ende eines Kurstages sogar schon zweistimmige Jodler mit komplizierten Tonfolgen entsprungen- und das mit dem Panorama zwischen Dürnstein und Spitz als Kulisse. Bis die Interessierten bis zu siebenstimmige Jodelfiguren schaffen, wie sie Härtel aus seiner steirischen Heimat kennt, muss hierzulande aber noch viel Wasser die Donau hinunterfließen. Denn nach dem nächsten Kurs am 10. Oktober widmet sich der Vollblutmusiker neben dem Kellnern und Weingarten-Arbeiten nämlich seiner Band, den Alpin Ramblaz, die mit ihrem Ethnomusik-Mix schon einige Tourneen hinter sich hat. Doch- es wird ja wohl eine Möglichkeit geben, sich autodidaktisch auf die Kunst des schönen Schreiens vorzubereiten? Matthias Härtels Tipp: „Ein Stamperl Kernöl, ein Stamperl Schnaps und einfach lustig sein. Man braucht keine Vorbereitung, nur Begeisterung.“ Begeisterung für Matthias Härtels Jodelprojekt hegen auch der Salzburger Trachtenmodeproduzent Stefan Lang („Tu felix Austria“) und der Winzer Poidl Böhmer, die nicht nur Stühle und Getränke für die Kurse sponsern, sondern auch den Weingarten zur Verfügung stellen. Auch wenn es sich zwischen Reben gut jodeln lässt, so liegt für den steirischen Wahlkremser das Glück dieser Erde immer noch auf den Rücken der höheren Berge: „Die Last, die ich rauftrage, jodle ich vom Gipfel. Dann bin ich frei.“
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