Christian Losert lebt um zu helfen
Engel gehen nicht in Pension
In Rodaun wohnt ein wahrer "Engel" – auch wenn er nicht viel Aufhebens darum macht: Christian Losert.
LIESING. "Jö, mei Weibi", flüstert Christian Losert, während er über das schon leicht vergilbte Foto seiner Frau Margit streicht. "War sie nicht wunderschön?", stellt er die rhetorische Frage.
In Zeiten, in denen der Begriff "Liebe" inflationär gebraucht wird, ist es schön zu sehen, dass es sie noch gibt. Dabei ist die Geschichte dahinter eingentlich eine tragische.
1958 lernten sich die beiden bei einem Heurigen in Wien kennen. "Es war Liebe auf den ersten Blick. Sie war ein so wunderbarer Mensch", erinnert sich Christian Losert. Sie dürfte dasselbe empfunden haben, denn nur sechs Wochen danach läuteten die Hochzeitsglocken.
Acht unbeschwerte Jahre lang konnten sie ihr Glück genießen. Dann die schreckliche Nachricht: Margit Losert erkrankte an Multipler Sklerose. "Die Krankheit war von der Art, die sich nur sehr langsam entwickelt", erzählt der heute 85-Jährige, der damals für den Edelstahl-Hersteller Böhler-Uddeholm in Deutschland arbeitete. "Ich bin jeden Freitag mit dem Auto nach Wien gefahren, um an ihrer Seite zu sein und unter der Woche haben mir meine Schwiegereltern sehr geholfen", erzählt er.
1998 ging Christian Losert in Pension und von diesem Tag an widmete er sich der Pflege seiner Frau. Bis sie vor sieben Jahren starb. "Die letzten 20 Jahre war sie ein Pflegefall. Ich habe sie gefüttert, gewaschen – gegen Ende konnte sie nicht einmal die Arme bewegen. Aber sie wollte bis zum Schluss leben", erinnert er sich mit brüchiger Stimme. "Aber ihr Vermächtnis lebt weiter."
Gemeinnütziger Verein
Vor 30 Jahren wurde in Liesing der Verein Smir (Sozial-medizinische Initiative Rodaun) gegründet. "Die Krankheit meiner Frau war der Grund, dass dieser gemeinnützige Verein ins Leben gerufen wurde", erklärt Christian Losert. Seither kümmert man sich im 23. Bezirk um Menschen, die Hilfe wirklich nötig haben. Allein 2018 betreuten 14 Mitarbeiter 380 "Klienten", wie er sagt und konkretisiert: "24.000 Einsätze mit 27.000 Einsatzstunden wurden von uns geleistet." 2019 dürfte diese Zahl noch um rund 10 Prozent überschritten werden, schätzt er. Da er im Vorstand für die Finanzen zuständig ist, liegt er meist genau richtig.
Neben seiner Tätigkeit im und für den Verein ist er aber auch privat ein sehr hilfsbereiter Mensch. Seit seiner Pensionierung sorgt und kümmert er sich um andere Bedürftige: "Ich gehe für sie einkaufen, begleite sie zum Arzt oder lese ihnen einfach nur vor." In letzter Zeit musste er seine privaten Tätigkeiten aber ein wenig einschränken. "Ich bin halt auch nicht mehr der Jüngste", sagt der Mann, der im März 1935 das Licht der Welt erblickte.
Wenn er etwas bedauert, dann vielleicht, dass er noch nicht genug geholfen hat. "Im Augenblick haben wir 20 Menschen auf der Warteliste, die Betreuung brauchen." Darum bittet er um die Veröffentlichung des Spendenkontos: Bank Austria, AT70 1200 0006 3432 0907. Mehr Infos: www.smir.at
Ans Aufhören denkt Christian Losert nicht: "Ich habe das bestimmte Gefühl, dass ich noch gebraucht werde."
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