Die Rückkehr des Liesinger Biers
Es wird wieder Bier gebraut: Kurt Tojner bringt das "Rodauner Strizzi" auf den Markt.
LIESING. Kurt Tojner ist der Visa-Chef in Österreich. Er ist also respektabel, vertrauenswürdig und sehr korrekt. Genauso sieht er auch aus – mit seinem Hemd und der Brille, die sagt, "ich weiß, wovon ich spreche".
Aber in Kurt Tojner steckt auch noch etwas anderes. Ganz tief drin. Ein Strizzi nämlich. Allerdings – die Damenwelt muss nicht empört nach Luft schnappen – nicht in der wienerischen Zuhälter-Bedeutung, sondern vielmehr die Lausbub-Variante.
Mit einem lausbübischen Grinsen präsentierte Tojner darum vergangene Woche seinen ganzen Stolz: Das selbstgebraute Bier "Rodauner Strizzi". 2015 ist er damit Vizestaatsmeister der Hobbybrauer geworden. Das kommt allerdings nicht von heute auf morgen. Tojner braut schließlich bereits seit 20 Jahren Bier – hobbymäßig in seinem Keller in Rodaun.
Als Ausgleich
"Beruflich habe ich sehr viel mit Zahlen zu tun. Das ist eher trocken", erzählt er. "Mir hat der handwerkliche Ausgleich gefehlt." Jetzt soll das Ganze ein bisschen mehr werden als nur ein Hobby. "Ab sofort darf ich es auch verkaufen." Abgesehen vom persönlichen Erfolg ist es auch für den Bezirk eine große Sache: Schließlich wurde 1973 das letzte Bier – das Liesinger Kaiser – in Liesing gebraut. Bis dahin war der 23. Bezirk eine Größe im Bierbrau-Bereich.
Bis heute denkt man mit Wehmut an den Brauereiturm in Liesing zurück, der vor ziemlich genau zehn Jahren abgerissen wurde. Etwas weniger bekannt: Auch in Siebenhirten wurde bis 1926 Bier erzeugt – in der Brauerei Schellenhof. Nach den Bezirksteilen Liesing und Siebenhirten ist jetzt eben Rodaun dran. Seit 30 Jahren ist dort Tojners Lebensmittelpunkt.
"Meine Verbundenheit mit meinem Grätzel, die Ursprünge meiner Brauaktivität und die Liebe zum lokalen Leben und zu Wien führten unweigerlich zur Marke RODAUNer." Das erste Mal im großen Stil ausgeschenkt soll das Bier – wie könnte es auch anders sein – am Rodauner Kirtag im September werden. Zumindest, wenn sich das mit dem notwendigen Gärungsprozess ausgeht. Wer bis dahin nicht warten will, kann bei den BeerLovers (6., Gumpendorfer Straße 35) vorbeischauen. Dort kann man es verkosten.
Aber was erwartet einen da? Das Rodauner Strizzi hat 11,5° Stammwürze und 4,7% Alkoholgehalt – es ist also eine leichte Interpretation des Bierstils "Wiener Lager". Oder übersetzt: Es ist ein süffiges, leichtes Sommerbier. Bei der Verkostung zeigten sich sowohl überzeugte Biertrinker als auch Bier-Skeptiker begeistert. Toj-ner hat aber auch andere Bierstile im Repertoire. Stout zum Beispiel, also ein schwarzes, obergäriges Bier.
Der Traum vom Brauen
Größere Mengen wird Tojner als Gast in der Brauerei Ried brauen. Aber von einer eigenen, kleinen Brauerei in Rodaun träumt er schon. "Das Geld muss aber erst verdient werden." Bis dahin bleibt es also noch beim Respektabelsein, beim Hemd und der Brille, die sagt, "ich weiß, wovon ich spreche."
Aber am Ende der Verkostung kommt dann trotzdem noch einmal der Strizzi durch. "Darf ich noch einmal nachschenken? Das ist so leicht, da kriegt man nicht einmal ein Damenspitzerl davon", so Tojner. Und das ist eine glatte Lüge.
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