Menschen im Gespräch
"Oft fehlt einem einfach die Zeit zum Nachdenken"

Kira Schinko und Wolfgang Ortner nutzen die aktuelle Krise für eigene Projekte und zum Nachdenken über sich und ihr Unternehmen. Das Gleiche raten die beiden auch ihren Kunden. | Foto: Martin Stöbich
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Kira Schinko und Wolfgang Ortner nutzen die aktuelle Situation für eigene Projekte und zum Nachdenken über sich und ihr Unternehmen. Das Gleiche raten die beiden auch ihren Kunden.

LINZ. OrtnerSchinko ist ein Studio für Grafikdesign, spezialisiert in Branding und Corporate Design von Unternehmen und Institutionen im Bereich Kunst und Kultur. Das Büro der beiden Gründer, Kira Schinko und Wolfgang Ortner, befindet sich auf der Landstraße, aktuell arbeiten sie vom Homeoffice aus.

Ihr habt vor fünf Jahren euer Studio in Linz gegründet, aber viele internationale Kunden. Gab es schon mal die Überlegung in eine andere Stadt zu wechseln?
Kira Schinko: Bevor wir 2015 gegründet haben, gab es schon mal die Überlegung nach Wien zu gehen. Aber um ehrlich zu sein war das nie eine Option, wir schöpfen so viel Energie und Potential aus dieser Stadt und ihren Menschen. Der direkte Beitrag ist so oft gleich spürbar, das macht das Leben hier zu schön. Wir sind beruflich jedoch viel unterwegs und das ist essentiell für unsere Inspiration.

Wolfgang Ortner: Im Endeffekt bin ich viel herumgekommen und gereist, aber Linz war immer die Basis. So stark wir oft auch von KollegInnen aus größeren Städten belächelt, kritisiert oder auch motiviert wurden, genieße ich es in der Stadt zu leben in welcher ich mich seit fast zwei Jahrzehnten am wohlsten fühle. Die Arbeit über die Landesgrenzen hinaus, wir arbeiten auch für Kunden in Hongkong und London, ist grundsätzlich in der Abwicklung keine Herausforderung – im Gegenteil –viele davon haben ein ganz anderes Verständnis für Gestaltung und Konzepte als hierzulande, und zudem haben jene Kunden, welche weiter weg sind, oft zum Teil deren Produktion in Österreich oder einen anderen Bezug zum Land.

"Ich rate dazu jetzt die Zeit zu nutzen, welche später vielleicht wieder fehlen wird. Unternehmerisch aber auch persönlich zu hinterfragen, welche Dinge einem wichtig sind", meint Wolfgang Ortner.  | Foto: Martin Stöbich
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Gerade in Krisenzeiten ist gute Kommunikation unverzichtbar - was ratet ihr euren Kunden, worauf kommt es jetzt an?
WO: Ich rate dazu jetzt die Zeit zu nutzen, welche später vielleicht wieder fehlen wird. Unternehmerisch aber auch persönlich, zu hinterfragen, welche Dinge einem wichtig sind.

KS: Für Marketing und Kommunikation im Allgemeinen sind oft wenige Ressourcen eingeplant. Aus unserer Erfahrung heraus laufen diese Agenden im UnternehmerInnen-Alltag oft nebenher. Wir sind aber überzeugt: Wer sich aktuell Gehör verschafft, wird sich mit Sicherheit leichter im Wiedereinstieg tun, sobald die Wirtschaft wieder voll anläuft.

Könnt ihr aus eurer Erfahrung hier verschieden „Krisentypen“ ableiten?

WO: Ich denke, es ist eine schwere Zeit für ganz viele Personengruppen. Vor allem jene welche in Not sind und hadern müssen Lebensmittel und Mieten finanzieren zu können, sowie all jene die in systemrelevanten Branchen arbeiten. Das zeigt auch auf, welche Missstände in Bezug auf Wertschätzung hier weltweit herrschen, hier rede ich aber nicht von Österreich. Im engeren Umfeld merke ich schon, dass manche überproduktiv agieren und andere eher gerade etwas die Fassung verlieren.

KS: In den ersten beiden Wochen führten wir mit Kunden sowie im Freundeskreis zahlreiche Krisen-Gespräche. Unberührt ließ es absolut niemanden, auch uns nicht. Einige setzen die laufenden Projekte aus, andere sammelten unglaubliche Energien. Fasziniert hat mich vor allem die Welle an gelaunchten Online-Shops und die zum Teil großartige Markenkommunikation via Social Media, die von kleinen Betrieben in nur einer Woche auf die Beine gestellt wurde. Vieles geschieht aus Eigeninitiative und durch Experimentieren.

"Ich hoffe, dass wir dieses gestärkte Gemeinschaftsgefühl nicht wieder verlieren, wir brauchen das für eine Veränderung", sagt Kira Schinko. | Foto: Martin Stöbich
  • "Ich hoffe, dass wir dieses gestärkte Gemeinschaftsgefühl nicht wieder verlieren, wir brauchen das für eine Veränderung", sagt Kira Schinko.
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Wie geht OrtnerSchinko mit der aktuellen Situation um?
KS & WO: Wir setzen im Moment eigeninitiierte Projekte um, welche konzeptionell schon vorhanden waren, aber für die immer irgendwie die Zeit gefehlt hat. Wir haben erst letzte Woche ein fortlaufendes Buchprojekt initiiert. Band 1, ein Kochbuch, welches wir innerhalb von nur zehn Tagen gemeinsam mit drei wunderbaren Freunden und Köchen realisiert haben – Lukas Mraz vom Restaurant Mraz und Sohn, Felix Schellhorn vom Seehof Goldegg und Philip Rachinger vom Mühltalhof in Neufelden. Dieses erscheint im Eigenverlag um schneller agieren und produzieren zu können. Zusammen mit der Healthy Boy Band (anm: Die drei genannten Köche) wollen wir zum einen supersimple Gerichte zugänglich machen, zum anderen ist es auch mehr als künstlerisches Projekt zu sehen, welches Grenzen sprengt und hoffentlich so manchen Personen Tränen jeglicher Art aus den Drüsen treibt ;) Außerdem haben wir haben in den ersten drei Monaten dieses Jahres unglaublich viel Energie in Wettbewerbe gesteckt, diese Resultate machen sich bezahlt.

Welche positiven Effekte könnte die Krise auf ein Unternehmen haben?
KS & WO: Diese Zeit kann genützt werden, sich über die Identität seiner Unternehmung Gedanken zu machen, sich ehrlich zu fragen, warum man das macht, was macht, was einem dazu bewegt, was einem gut darin macht. Gerade die Arbeit an der eigenen Marke kommt oft zu kurz, und das „nicht- immer- beschäftigt sein“ regt auch die Fantasie wieder an. Jeder kennt das: oft fehlt einem einfach die Ruhe zum Nachdenken.

Wie könnte die Welt nach Corona aussehen - alles „zurück auf Normalzustand“ oder wird es bleibende Veränderungen geben?
WO: Ich sehe mich weder als Zukunftsforscher noch als Virologe um hier eine Antwort darauf geben zu wollen, das fände ich anmaßend. Gesellschaftlich betrachtet hätte ich natürlich Wünsche welche exakt diese „Normalzustand“ etwas infrage stellen. Ich persönlich fände es eine Errungenschaft, wenn sich gewisse Personen aus der Branche auch selber nicht mehr so wichtig nehmen, ich merk ja selber im Moment, dass Grafik Design und Gestaltung absoluten Nachrang haben in der Krisensituation. Grundsätzlich finde ich so manche Art von Selbstdarstellung und Wichtigtuerei mehr als problematisch.

KS: Ich sehe das vielleicht romantisch: So wie die Natur sich erholt hat, hoffe ich, dass wir das auch tun. Und ich hoffe, dass wir dieses gestärkte Gemeinschaftsgefühl nicht wieder verlieren, wir brauchen das für eine Veränderung – wie unser Lieblingstexter Norbert Tomasi gerne sagt: "Wir alle dürfen die Zukunft neu denken."

OrtnerSchinko ist ein Studio für Grafikdesign, spezialisiert in Branding und Corporate Design von Unternehmen und Institutionen im Bereich Kunst und Kultur. Das Büro der beiden Gründer, Kira Schinko und Wolfgang Ortner, befindet sich auf der Landstraße, aktuell arbeiten sie vom Homeoffice aus.

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