Café to stay....
Ich kann mir im Prinzip vieles visualisieren, aber ein Wien ohne Kaffeehaus entzieht sich vollends meiner sonst sehr situationselastischen Vorstellungskraft. So war der Krugerhof in meiner Schulzeit nicht nur das Haupt-Stammcafé für meine Clique, sondern auch sicherer Hafen und Rückzugsgebiet jenseits der elterlichen Wohnung, was natürlich an Schulschwänzertagen immens wichtig war. Wir wurden zwar wie Erwachsene behandelt, aber irgendwie doch noch als Kinder gesehen. Besonders von Ex-Boxer Joe Albert, der in seinem Café ein durchaus herzliches, aber auch sehr strenges Regiment führte. Wer grußlos ins Lokal schlurfte wurde im Extremfall am Kragen vor das Lokal gezogen und dahingehend belehrt, dass ein Wiedereintritt nur mit Verhaltensänderung ins Positive, also einfach freundlich grüßen, möglich wäre. Ich kenne niemanden, der sich seiner Autorität widersetzt hätte. Der starke Mix aus Respekt und Zuneigung machte ihn legendär liebenswert.
Seitdem hat sich vieles verändert aber mein Faible für das Kaffeehaus ist geblieben. Weil es sich dort herrlich entspannen, beobachten, in Zeitungen lesen, schreiben und plaudern lässt. Weil es sich so wienerisch anfühlt und eine Auszeit vom Alltag ist.
Noch bin ich auf der Suche nach einem neuen Stammcafé, wo die Melange auch ohne Bestellung am Tisch landet und ich mich wie im verlängerten Wohnzimmer fühle. Ein Kandidat mit guten Chancen ist das Café Wieden, fast versteckt, in der Neumanngasse 4, ums Eck von der Paulanerkirche. Das Ei im Glas ist immer am kernweichen Punkt und von glücklichen Hühnern. Die Chefin ist herzlich, schaut auf die Qualität und auf ihre Gäste. Mehr kann ich am Beginn meiner Expedition Stammcafé nicht erwarten....
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