Erika-Weinzierl-Platz
Fläche vor der Mariahilfer Kirche wird benannt
Die Fläche vor der Mariahilfer Kirche war bislang namenlos. Heute, am 6. Juni, hat sie endlich einen neuen Namen bekommen: der Erika-Weinzierl-Platz soll an die Leistungen der Historikerin und Widerstandskämpferin im Nationalsozialismus erinnern.
WIEN/MARIAHILF. Von der Rahlstiege bis zum heutigen Schmalzhoftempelpark: in den vergangenen Monaten wurden immer wieder verschiedene Orte im sechsten Bezirk zur Benennung nach der Historikerin und Kämpferin gegen Antisemitismus Erika Weinzierl vorgeschlagen.
Am 6. Juni, den 99. Geburtstag der leider bereits verstorbenen Weinzierl, ist es soweit. Die bislang namenlose Fläche vor der Mariahilfer Kirche an der Ecke zwischen der Mariahilfer Straße und der Barnabitengasse erhielt offiziell den Namen der Historikerin. Im Rahmen des WIR.SIND.WIEN-Festivals wurden alle Interessierten zur Pressekonferenz mit Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (SPÖ), Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ), Zeithistoriker Oliver Rathkolb und mehr ein.
Ungleiche Verhältnisse
"Erika Weinzierls kritischer Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus war nicht der einer Nachgeborenen, sondern jener einer unbestechlichen und mutigen Zeitzeugin. Die unumstrittene Grande Dame der österreichischen Zeitgeschichte, unermüdliche Mahnerin und Kämpferin gegen Antisemitismus, hatte sich noch als Studentin dem Widerstand angeschlossen", so Kaup-Hasler. "Dass dieser so belebte Ort nun den Namen Erika-Weinzierl-Platz trägt, ist ein kraftvolles Zeichen gegen Xenophobie, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit.“
Gleichzeitig habe die Benennung auch den positiven Effekt die Anzahl der öffentlichen Verkehrsflächen, die die Namen prominenter Frauen tragen, zu erhöhen. Momentan erinnern nämlich nur 11,7 Prozent der Wiener Straßennamen an bedeutende Frauen aus der Geschichte.
Langer Kampf der Grünen
Initiiert wurde die Benennung von den Grünen Mariahilf. Jahrelang brachten sie immer wieder Anträge dazu ein, bis sich 2022 die Fläche vor der Mariahilfer Kirche fand. "Weinzierl war eine frühe und engagierte Kämpferin gegen Antisemitismus. Sie war die erste Ordinaria Österreichs auf einem Geschichtelehrstuhl. Ihre Arbeit hat Generationen von nachfolgenden Historiker:innen ausgebildet und geprägt", freut sich Ursula Berner von den Grünen Wien.
Bezirksvorsteher Rumelhart stimmt hier ein: „Erika Weinzierl setzte sich kritisch mit der jüngsten Geschichte unseres Landes auseinander. Sie trat Zeit ihres Lebens gegen Antisemitismus und Nationalismus auf. An ihren unermüdlichen Einsatz möchten wir an der prominenten Mariahilfer Örtlichkeit erinnern."
Erika Weinzierls Lebensgeschichte ist untrennbar mit dem sechsten Bezirk verwoben. Sie wurde 1925 in Mariahilf geboren, wo sie die Volksschule besuchte und 1943 am Gymnasium Rahlgasse maturierte. Nachdem sie Ihr Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der Universität Wien erfolgreich abschloss und sich im Fach Österreichische Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien habilitierte war sie 1964 bis 1992 Vorständin des Instituts für Kirchliche Zeitgeschichte am Internationalen Forschungszentrum Salzburg.
Widerstand gegen Nationalsozialismus
Zu ihren Leistungen gehören die Mitbegründung des Boltzmann-Instituts für Geschichte der Gesellschaftswissenschaften in Salzburg, zahlreiche zivilgesellschaftliche kritische Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus und die Initiative Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich, deren Ehrenpräsidentin sie zuletzt war.
In der Zeit des Nationalsozialismus in Wien schloss sie sich nicht nur der studentischen Widerstandsgruppe rund um Karl Strobl an, sie war auch maßgeblich daran beteiligt, die österreichische Geschichtswissenschaft für die kritische Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und Antisemitismus zu öffnen.
Das könnte dich auch interessieren:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.