Dialoggruppe sucht den Draht zur Stadtregierung
"Wir fühlen uns nicht ernst genommen"

- Initiative für die Aufnahme einiger Geflüchteter aus den Elendslagern in Griechenland und Bosnien. Der Initiativantrag dazu scheiterte im Gemeinderat und führte letztlich zur Gründung einer "Dialoggruppe", die den Kontakt zwischen Zivilgesellschaft und Stadtregierung intensivieren sollte.
- Foto: Archiv
- hochgeladen von Gabriela Stockmann
MÖDLING. Die Babenbergerstadt ist eine Stadt, in der viele Menschen mit Migrationshintergrund leben. Neben Menschen aus Ex-Jugoslawien und der Türkei sind hier auch viele Ukraine-Flüchtlinge, aber auch aus allen anderen Teilen der Welt angekommen. Entsprechend hat sich über Jahre eine sehr engagierte Zivilgesellschaft entwickelt, die in verschiedenen Gruppen schwerpunktmäßig den Geflüchteten mit Rat und Hilfe zur Seite steht, politische Forderungen stellt (z.B. Aufnahme von Geflüchteten aus den Elendslagern in Griechenland, Protest-Camps am Schrannenplatz) und sich auch für die Integration einsetzt (z.B. berufliche Eingliederung der Geflüchteten).
Besserer Dialog mit der Stadt gesucht
Um sich besser untereinander zu vernetzen und vor allem, um einen kontinuierlichen Kontakt zur Stadtregierung (Schwarz-Rot-Koalition) herzustellen, wurde heuer auf Initiative der Menschenrechtsstudentin Hannah Dahl eine Dialoggruppe gegründet. Doch aus Sicht der Dialoggruppe läuft nicht alles so, wie man es sich vorstellt.
"Viele Projekte gehen sehr langsam vor sich und es ist uns nicht gelungen, einen fixen Vertreter der Stadtregierung in unseren Reihen zu haben",
bedauert Jutta Lang.
"Somit gelingt es uns nicht wirklich, bei der Mödlinger Regierung anzudocken."
Als Beispiele nennt sie die schleppende Vergabe von Badkarten an unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, mangelnde Repräsentanz der Stadtpolitiker bei Weihnachtsfeiern etwa im Tralalobehaus, langsame Verwirklichung einer vielsprachigen Willkommens-Homepage der Stadt, oder die (politisch bereits beschlossene) Benennung eines zentralen Platzes als "Platz des Zusammenhalts".
Schimanowa: "Was will die Dialoggruppe?"
Kultur- und Jugendstadtrat Schimanowa (SPÖ), auch Obmann der Volkshilfe Mödling, kann mit der Kritik nichts anfangen.
"Wir leben wie alle seit zweieinhalb Jahren im Corona-Ausnahmezustand mit vielen Krankenständen und sind oft an unseren zeitlichen Kapazitätsgrenzen, deshalb geht manches vielleicht nicht schnell genug. Tatsache ist aber auch, dass die sehr aktive Zivilgesellschaft von uns immer alle nötige Unterstützung bekommt, ."
Schimanowa spielt den Ball auch an die Landes- und Bundesregierung weiter.
"Die Unterstützungsleistungen für Geflüchtete sind so gering angesetzt, dass wir als Stadt oft auch finanziell einspringen müssen, obwohl wir nicht geringe Sozialumlagen zahlen. Unsere Integrationspolitik ist mehr als eine Gutschein-Politik."
Für die häufig angesetzten Zoom-Meetings der Dialoggruppe fehle ihm jedoch die Zeit, zumal er "noch nicht recht erkennen kann, was die Dialoggruppe eigentlich will".
Die mehrsprachige Homepage sei vor Fertigstellung, ebenso werde schon bald der neu geschaffene "Platz des Zusammenhalts" bei der Bachgasse (gegenüber den neuen WET-Wohnbauten) benannt und ein Gestaltungswettbewerb für eine passende Skulptur ausgeschrieben.
Zieger: Keine Zeit für "Parallelorganisation"
Auch Sozialstadträtin Elisabeth Zieger (ÖVP) nimmt nicht an der Dialoggruppe teil.
Sie gratuliert zwar Dialoggruppen-Gründerin Hannah Dahl zu ihrem Engagement, es fehlt ihr allerdings selbst die Zeit, sich einer "Parallelorganisation zu den bereits bestehenden gut funktionierenden Netzwerken" zu widmen. Sie verweist auf zahlreiche eigene Aktivitäten in ihrem Ressort - Sprachkurse im Schöffelhaus, Plattform Mödling, Kleidersammlung St. Gabriel, Sprachkaffee, Spendenaktionen. Dass sich die mehrsprachige Willkommens-Homepage verzögert habe, liege nicht in ihrem Bereich. Abgesehen von allem:
"Die Stadtgemeinde Mödling steht mit allen Hilfsorganisationen in ständiger Verbindung und arbeitet mit allen sehr gut zusammen. Wir brauchen auch immer helfende Hände."
"Nicht nachvollziehbar"
Für Jutta Lang ist die Kritik, die Dialoggruppe sei eine Art "Zeitfresser", nicht nachvollziehbar:
"Um Ideen umzusetzen, brauchen wir den kontinuierlichen Dialog mit der Stadtregierung. Unser wichtigstes Ziel, einen Integrationsbeirat zu verankern, haben wir nicht erreicht und fühlen uns von der Stadtregierung allein gelassen. Unsere Arbeit - und das ist auch nicht wenig - interessiert die nicht."
Gründerin Hannah Dahl spricht von einem "undurchsichtigen Netz in der Lokalpolitik" und von "politischem Lottospiel" in Bezug auf sporadische Hilfsleistungen.
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Das komplette Statement von Roswitha Zieger finden Sie hier.
Das komplette Statement von Hannah Dahl finden Sie hier.





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