Felipe: "Natura 2000 Nominierung auf Schiene"

Ingrid Felipe, Andreas Köll, Anna-Maria Kerber und Wolfgang Retter nach dem "runden Tisch". | Foto: Brunner Images
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BEZIRK (red). Im EU-Vertragsverletzungsverfahren um die Nachnominierung von Natura 2000-Gebieten hat die Tiroler Landesregierung nun den weiteren Prozessablauf definiert und einen Zeitrahmen vorgegeben. Der erste Runde Tisch mit InteressensvertreterInnen fand gestern in Matrei in Osttirol statt. Ab Herbst sind Sprechtage für die Information der GrundeigentümerInnen und Nutzungsberechtigten vorgesehen. „Wir halten, was wir versprechen: Die Natura 2000–Nominierungen sind auf Schiene. Über die konkreten Abläufe und Abgrenzungen diskutieren wir wie angekündigt vor Ort mit AnrainerInnen, mit Nutzungsberechtigten und mit Interessensvertretungen“, kündigt LHStvin Ingrid Felipe an.

Leichte Annäherungen

Nach dem Runden Tisch an dem neben VertreterInnen des Landes, der BH-Lienz, den betroffenen Bürgermeistern sowie Kammervertreter und auch mehrere Gruppen von Umweltschützern teilnahmen resümierten die Teilnehmer durchwegs unterschiedlich.
Bezirkshauptfrau Olga Reisner sprach von einer "offenen und harten Diskussion". Umweltschützer Wolfgang Retter sah "seit vielen Jahren geschürte Ängste als entkräftet". Seine Mitstreiterin Anna-Maria Kerber fand es "ernüchternd, dass manche Bürgermeister so wenig Chancen in Natura 2000 sehen".

In der Natur der Sache liegt, dass die Umweltschützer den gesamten Verlauf der Isel samt den Zubringern als geschütztes Gebiet sehen wollen. Dem hielt Andreas Köll, als Obmann des zuständigen Planungsverbandes allerdings entgegen: " Ich glaube, dass es gelingen wird einen Kompromiss zwischen Naturschutz und Wirtschaft zu finden. Wir werden es uns aber nicht nehmen lassen, einen Zonierungsplan auszuarbeiten."

Die Abteilung Umweltschutz beim Amt der Tiroler Landesregierung hat in den vergangenen Monaten intensiv an einem „Fahrplan“ zur Nachnominierung von Natura 2000-Gebieten gearbeitet. Bis September soll in einem mehrstufigen Prozess für alle im Mahnschreiben genannten Lebensraumtypen und Arten der Nachnominierungsbedarf festgestellt und gegebenenfalls die Auswahl konkreter Gebiete mit parzellenscharfer Abgrenzung als Grundlage für weitere Gebietsmeldungen an die Europäische Kommission vorgenommen werden. Die endgültige Entscheidung über die Aufnahme gemeldeter Gebiete in das Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 erfolgt dann auf EU-Ebene.

Häufig gestellte Fragen zu Natura 2000

Sind in einem Natura 2000-Gebiet weitere Aktivitäten unzulässig?
Nein. Aktivitäten in Natura 2000-Gebieten müssen für diese nicht zwangsläufig nachteilig sein. So hat etwa die extensiv betriebene Landwirtschaft wesentlich zur Schaffung einer heterogen strukturieren Landschaft und damit zur Schaffung von wertvollem Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten beigetragen und ist die Fortführung der geübten Bewirtschaftungsweise vielfach zum Erhalt der Lebensräume und Habitate notwendig. Beispielsweise können Bergmähwiesen nur dann erhalten werden, wenn sie auch weiterhin einer extensiven Nutzung unterzogen werden.
Die Habitat-Richtlinie sieht deshalb auch vor, dass zum Schutz und erforderlichenfalls zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der für ein Natura 2000-Gebiet maßgeblichen Lebensräumen und Arten sog. Managementpläne erstellt werden, die Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art enthalten können. In Tirol hat sich insbesondere das Instrument der Schutzgebietsbetreuung bewährt.

Müssen rechtmäßig bestehende Anlagen in Natura 2000-Gebieten beseitigt werden?
Nein, solche Anlagen müssen nicht entfernt werden (z.B. Schutzhütten, Wege).

Ist der Bau von Anlagen in Natura 2000 Gebieten möglich?
Ja, wenn die Errichtung und der Betrieb dieser Anlagen mit den Erhaltungszielen für das jeweilige Natura 2000-Gebiet nicht im Widerspruch stehen. Die Erhaltungsziele werden mit Verordnung der Landesregierung festgelegt. Bis zur Erlassung der Verordnungen sind Vorhaben danach zu beurteilen, ob sie sich mit dem Schutz jener Lebensräume und Arten, die Grund für die Unterschutzstellung sind und die sich aus den für jedes Gebiet zu erstellenden Standarddatenblättern ergeben, vereinen lassen.
Für Projekte, an denen ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, kann auch im Falle einer Beeinträchtigung des Natura 2000-Schutzgebietes eine Bewilligung erteilt werden, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt und Ausgleichsmaßnahmen zur Sicherstellung der Kohärenz des Schutzgebietsnetzwerkes Natura 2000 gesetzt werden. Die Interessen müssen natürlich ein entsprechend hohes Gewicht aufweisen, damit ihnen der Vorzug gegenüber dem Interesse an der Vermeidung einer Beeinträchtigung des Natura 2000-Gebietes eingeräumt werden kann. Ausdrücklich genannt werden in der Habitat-Richtlinie etwa die Gesundheit von Menschen oder die öffentliche Sicherheit, also Interessen, die insbesondere bei geplanten Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser oder Lawinen zutreffen.

Gilt der Schutz von EU-Lebensräumen und EU-Arten nur in ausgewiesenen Natura 2000-Gebieten?
Nein. Auch die Tiroler Naturschutzverordnung 2006 sieht für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sowie Pflanzengesellschaften einen Individuen- und vielfach auch Lebensraumschutz vor, so etwa für die Ufer-Tamariske als namengebende Art des Lebensraumtyps 3230, die „Alpinen Pionierformationen des Caricion bicoloris-atrofuscae“ und die Bergmähwiesen.

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